Der Vorleser Auszüge Bernhard Schlink Der Prozeß: Hanna als Angeklagte vor Gericht „W 5 10 15 20 25 30 35 40 45 arum haben Sie nicht aufgeschlossen?“ Der Vorsitzende Richter stellte einer Angeklagten nach der anderen dieselbe Frage. Eine Angeklagte nach der anderen gab dieselbe Antwort. Sie habe nicht aufschließen können. Warum? Sie sei beim Einschlag der Bombe ins Pfarrhaus verwundet worden. Oder sie habe unter dem Schock des Einschlags gestanden. Oder sie habe sich nach dem Einschlag der Bombe um die verwundeten Wachmannschaften und anderen Aufseherinnen gekümmert, sie aus den Trümmern geborgen, verbunden, versorgt. Sie habe nicht an die Kirche gedacht, sei nicht in der Nähe der Kirche gewesen, habe den Brand in der Kirche nicht gesehen und die Rufe aus der Kirche nicht gehört. (…) Der Vorsitzende fragte Hanna. (…) „Warum haben Sie nicht aufgeschlossen?“ „Wir waren… wir hatten …“ Hanna suchte nach der Antwort. „Wir wußten uns nicht anders zu helfen.“ „Sie wußten sich nicht anders zu helfen?“ „Einige von uns waren tot, und die anderen haben sich davongemacht. Sie haben gesagt, daß sie die Verwundeten ins Lazarett schaffen und wiederkommen, aber sie wußten, daß sie nicht wiederkommen, und wir haben es auch gewußt. (…)“ „Was haben Sie gemacht?“ „Wir haben nicht gewußt, was wir machen sollen. Es ging alles so schnell, und das Pfarrhaus hat gebrannt und der Kirchturm, und die Männer und Autos waren eben noch da, und dann waren sie weg, und auf einmal waren wir allein mit den Frauen in der Kirche. (…)“ Hanna machte eine Pause. „Dann fing das Schreien an und wurde immer schlimmer. Wenn wir jetzt aufgemacht hätten und alle rausgerannt wären …“ Der Vorsitzende wartete einen Moment. „Hatten Sie Angst? Hatten Sie Angst, daß die Gefangenen Sie überwältigen würden?“ „Daß die Gefangenen uns… nein, aber wie hätten wir da noch mal Ordnung reinbringen sollen? Das hätte ein Durcheinander gegeben, mit dem wir nicht fertiggeworden wären. Und wenn sie zu fliehen versucht hätten …“ Wieder wartete der Vorsitzende, aber Hanna sprach den Satz nicht zu Ende. „Hatten Sie Angst, daß man Sie im Fall der Flucht verhaften, verurteilen, erschießen würde?“ „Wir hätten sie doch nicht einfach fliehen lassen können! Wir waren doch dafür verantwortlich … Ich meine, wir hatten sie doch die ganze Zeit bewacht, im Lager und im Zug, das war doch der Sinn, daß wir sie bewachen und daß sie nicht fliehen. Darum haben wir nicht gewußt, was wir machen sollen. Wir haben auch nicht gewußt, wie viele Frauen die nächsten Tage überleben. Es waren schon so viele gestorben, und die, die noch lebten, waren auch schon so schwach …“ © Loescher Editore Torino – 2012 «P erché non ha aperto la porta?» Il giudice che presiedeva poneva la stessa domanda ad una accusata dopo l’altra. Una dopo l’altra, ogni accusata rispondeva nello stesso modo. Non aveva potuto aprire. Perché? Quando la bomba aveva colpito la casa del parroco lei era stata ferita. O era sotto shock per via dello scoppio. O si era presa cura dopo lo scoppio della bomba della guardie ferite e della altre sorveglianti, le aveva liberate dalle macerie, fasciate e accudite. Non aveva pensato alla chiesa, non si trovava vicino alla chiesa, non aveva visto l’incendio nella chiesa e non aveva sentito le grida provenienti dalla chiesa. (…) Il presidente chiese a Hanna. (…) «Perché non ha aperto la porta?» «Eravamo … avevamo …» Hanna cercava una risposta. «Non sapevamo cosa fare.» «Non sapevate cosa fare?» «Alcune di noi erano morte e le altre se la sono squagliata. Avevano detto che avrebbero portato i feriti all’ospedale militare e sarebbero ritornate, ma sapevano che non sarebbero ritornate e anche noi lo sapevamo. (…)» «Cos’ha fatto?» «Non sapevamo cosa fare. Tutto è successo così velocemente, la casa del parroco bruciava, anche il campanile e gli uomini e le auto erano ancora lì, e poi non c’erano più e improvvisamente ci siamo ritrovate da sole con le donne nella chiesa. (…) Hanna fece una pausa. «Poi iniziarono le grida e diventava sempre peggio. Se ora avessimo aperto e tutte si fossero precipitate fuori …» Il presidente aspettò un attimo. «Aveva paura? Aveva paura che le prigioniere l’avrebbero sopraffatta?» «Che le prigioniere ci … no, ma come avremmo dovuto riportare di nuovo l’ordine? Ci sarebbe stata una gran confusione che non avremmo potuto controllare. E se avessero cercato di fuggire …» Di nuovo il presidente aspettò un attimo, ma Hanna non concluse la frase. «Aveva paura che in caso di fuga sarebbe stata arrestata, condannata e fucilata?» «Non avremmo potuto lasciarle scappare così. Eravamo responsabili … Voglio dire, le avevamo sorvegliate per tutto il tempo, nel campo e durante la marcia, era questo lo scopo, sorvegliarle e far sì che non fuggissero. Per questo non sapevamo cosa fare. Non sapevamo inoltre quante donne sarebbero sopravvissute nei giorni successivi. Molte erano già morte e quelle che erano ancora in vita erano già così deboli …» Bernhard Schlink 1