Wie Gedichte zu lesen sind, ist nie ausgemacht. Jeder Gedichtband verlangt
von seinen Lesern eine andere Justierung der inneren Leseoptik
bearbeitet von
Angelika Tauscher
VON DUNKEL ZU DUNKEL,
GLITZERNDE ZEIT
Se potessi scegliere un gesto, un luogo, un’ora,
l’ora sarebbe una sera d’aria tesa
e il luogo sarebbe un luogo come tanti:
una baracca in curva,
una pausa appena accennata di qualcosa,
calda bassa e fumosa,
dove seduto a un tavolo, toccando
una spalla, una mano o un bicchiere,
prenderei tempo prima di alzarmi
a seguire qualche sconosciuto fuori.
Könnte ich Ort, Zeit und Geste bestimmen,
dann wäre die Zeit ein Abend gläserner Luft,
und der Ort wäre ein Ort wie so viele:
eine Baracke in einer Kurve,
ein kaum angedeutetes Innehalten,
warm, niedrig und verraucht,
wo ich, an einem Tisch sitzend, eine Schulter,
eine Hand oder ein Glas berührend,
mir Zeit liesse bevor ich aufstehe
und einem Unbekannten hinausfolge.
E c’era solo acqua, e riquadri di terra:
acqua piatta, solo a tratti increspata
da lontanissimi miti, avventure,
e terra scura, crosta
profonda, dura,
con sotto qualcosa pulsante,
forse maleodorante, forse no.
Alcuni hanno scelto il mare, il suo rollio.
Altri coltivano segale, radici,
e danzano la notte attorno ai fuochi.
Io scavo, scavo, non so perché.
Und da war nichts als Wasser, und Erdfelder:
flaches Wasser, nur strichweise gekräuselt
von weit entfernten Sagen, Abenteuern;
und nichts als dunkles Land, Erdkruste,
tief, hart,
darunter etwas, das pulsiert,
das vielleicht stank, vielleicht nicht.
Manche haben das Meer gewählt, sein Rollen.
Andere pflanzen Roggen, Rüben,
und tanzen nachts um das Feuer.
Ich grabe und grabe, weiss auch nicht warum.
No che non hai capito,
e il senso non è questo
Dunque dov’è, non certo
nelle parole scritte: forse
in quelle da dire?
O forse sul limitare,
quando si crede possibile un altrove,
nell’ora della boscaglia,
del ritornare
con se stessi, per non morire.
Nein, du hast es nicht verstanden,
das ist nicht der Sinn.
Worin liegt er also, bestimmt nicht
in den geschriebenen Worten: vielleicht
in den noch zu sagenden?
Oder vielleicht dort, am Waldrand,
zur Dämmerstunde, dann
wenn ein Anderswo möglich erscheint,
auf der Heimkehr
zu sich selbst, um nicht zu sterben.
Non è vero
che dove finisce il bianco inizia il nero.
Fra la somma e l’assenza,
il pieno e il vuoto,
era dolcissimo il campo dei colori.
Es stimmt nicht,
dass wo das Weiss aufhört das Schwarz beginnt.
Zwischen dem Ganzen und dem Abwesenden,
der Fülle und der Leere,
öffnet sich weit das Feld der Farben.
Il buio è privazione
di luce, di colore; disperanza
totale, che non fa male, pesa,
e non è indifferenza ma assenza
di rimpianto od attesa; allo scuro
svanisce la nozione di passato e futuro
e resta muto un mutilo presente:
un presente incosciente.
Dunkelheit ist der Entzug
von Licht, von Farbe; sie ist gänzliche
Enthoffnung, sie schmerzt nicht, sie ist schwer,
sie ist nicht gleichgültig, in ihr gibt es
weder Erwartung noch Wehmut; im Dunkeln
verschwimmen Vergangenheit
und Zukunft;
zurück bleibt stumm eine verstümmelte
Gegenwart:
eine unbewusste Gegenwart.
Così si snoda la strada coi suoi spaventi:
perchè il rischio non è nel rischio,
il rischio è rischiare
di perdere il sogno,
il senso del camminare.
So schlängelt sich der Weg mit seinen Schrecken:
weil das Risiko nicht im Risiko liegt, das Risiko ist zu riskieren
den Traum zu verlieren, den Sinn des Gehens.
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