Francesco Cavalli (1602-1676)
La Rosinda (Venedig 1651)
Drama per musica in drei Akten von Giovanni Faustini (1615 –1651)
Libretto
Personen:
Nerea Königin von Corcira, Geliebte von Clitofonte Rosinda Prinzessin von Korinth, Geliebte Thisandros und
nun verliebt in Clitofonte
Clitofonte
Thisandro Prinz von Kreta, für Rosinda entflammt
Prinz von Argos, Rosindas verlassener Geliebter
Rudione Rosindas Knappe
Plutone Gott der Unterwelt
Proserpina
Meandro Aurilla Cillena
Vafrillo Gemahlin des Plutone
Ein Zauberer
Zofe von Nerea
Vertraute von Nerea
Page von Nerea
Eine gemeinsame Produktion der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci und des
Festivals Bayreuther Barock
Aufführungsmaterial: Neue kritische Ausgabe von Thomas Leininger nach dem
Autograph in der Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig
La Rosinda
La Rosinda
PROLOGO
PROLOG
Con la scena della tenda velata
Mit der Szene des durchsichtigen Vorhangs
LE FURIE: Del magico concilio
chi vela gli spettacoli?
Dei tartarei miracoli
chi, chi l’aspetto ottenebra?
Squarcisi questa tenebra,
questa tela si laceri
e la pompa terribile
fra le felci e tra gl’aceri
si faccia homai visibile.
Su, su sorelle Eunemidi,
al sibilar de gl’aspidi
tosto l’opra esequiscasi
ratto il velo rapiscasi.
(portano con loro volando la tenda)
DIE FURIEN: Wer verschleiert das Schauspiel
der magischen Versammlung?
Wer, wer verdunkelt die Erscheinung
der höllischen Wunder?
Die Finsternis soll zerrissen werden
dieser Vorhang zerfetzt,
und die schreckerregende Pracht,
zwischen Farn und Ahorn,
(im Dickicht des Waldes A.d.Ü.)
soll nun in Erscheinung treten.
Los, los Schwestern Eumeniden,
vom Zischen der Nattern begleitet,
soll das Werk durchgeführt werden,
der Schleier entnommen.
ATTO PRIMO
ERSTER AKT
SCENA PRIMA
Selva su’l deserto d’uno scoglio a Corcira vicino
ERSTE SZENE
Wald auf einer unbewohnten Insel in der Nähe von Corcira
Nerea, Choro Primo, Secondo, Terzo di Maghe
Nerea, 1. 2. 3. Chor der Zauberinnen
NEREA:
(wegfliegend nehmen sie den Vorhang mit)
NEREA:
De la magica tromba i fiati o saggie,
su quest’aride spiaggie,
tra i sacri horrori e tra i silentii amici
di questo bosco annoso,
perché noto vi sia del mio penoso
cordoglio repentin l’aspre ferite,
v’invitar risonanti: udite, udite.
Rosinda, ohimè Rosinda,
la guerriera rivale
da Meandro il ribello e lo sleale
protetta, favorita,
m’ha rapito la vita.
D’un incantato brando
con il don che le fece il traditore,
de l’arti mie troncando
la fanciulla virtù, m’ha tolto il core.
L’amato Clitofonte
sovra horribile pin con lei se‘n fugge,
io lagrimosa il vedo e i scherni e l’onte
non posso vendicar Maga impotente,
ahi consigliate voi questa dolente.
2
Das Ertönen der magischen Trompete
lädt Euch ein, Ihr weisen Zauberinnen, auf dieses öde Gestade, inmitten der heiligen Scheu und der vertrauten Stille dieses
altes Waldes, um Euch kundig zu machen über die bitteren Wunden meines
plötzlichen, kummervollen Leidens:
Hört zu, hört zu.
Rosinda, ach weh, Rosinda, die kriegerische Rivalin, von Meandro, dem feindseligen und untreuen, beschützt und unterstützt,
hat mich des Lebens beraubt.
Mit einem Zauberschwert, das der Verräter ihr geschenkt hat, hat sie die Macht meiner
jungen Zauberkünste gebrochen, hat mir
mein Herz weg genommen. Der geliebte Clitofonte fliegt mit ihr auf einem schreckenerregenden Schiff; in Tränen aufgelöst muss ich dem zusehen, ohne den Hohn und die Beleidigung rächen zu können, da ich eine schwache Zauberin bin. Ach Ihr sollt mir in meinem Kummer beistehen.
CHORO 1.:
Quell’anima è insensata
ch’amante e non amata
vuol languir volontaria in mezzo a’lai.
Nerea svegliati homai
da’ tuoi sonni amorosi e sciolti i nodi
fa che fuor del tuo petto Amor se’n voli,
ché de la Gelosia le sferze, i chiodi,
gl’aspidi, i geli, il fier seco portando
ti lascierà d’alto conforto herede,
da servaggio sì reo libera il piede.
1. CHOR: Töricht ist jene Seele,
die liebt ohne geliebt zu sein und so schmach-
ten will inmitten von Leiden.
Nerea, wache endlich aus deinen Liebesträumen auf, löse die Schlingen, die dich fesseln, so dass
der grausame Amor aus deinem Herzen schwin-
det: Mit ihm werden auch die Qualen, die Nägel, die Schlangen, die eisige Kälte der Eifersucht
gehen und so wirst du Trost finden, wirst frei von solch einer schlimmen Sklaverei.
NEREA:
Chi d’Amor non conosce
la fatal forza, il suo valor non crede.
A medicar l’angosce
ch’arreca lo suo strale
ragion punto non vale:
troppo è il suo laccio adamantino e forte,
né sanar può sua piaga altri che morte.
NEREA:
CHORO 2.:
Se non vagliono i carmi
contro magie canute,
a prò di tua salute,
poderosa Reina, adopra l’ armi.
2. CHOR: Wenn die Zauberformeln nichts gegen
die erfahrene Macht von Meandro
bringen,wende zu deiner Rettung, oh
du mächtige Königin, die Waffen an.
NEREA:
Ove pugna l’inferno
cade ogni human vigore.
De l’empio protettore
del vecchio miscredente
troppo l’arte è possente,
le Falangi tarteree egli ha devote,
cedon le nostre verghe a le sue note.
NEREA:
Wo die Hölle im Spiel ist, verliert jede mensch-
liche Kraft. Von diesem bösen Beschützer,
von diesem alten Abschwörer (Meandro A.d.Ü.)
ist die Zauberkraft zu stark,
die höllischen Scharen sind ihm treu,
unsere Zauberstäbe können gegen seine Zauberworte nichts.
CHORO 3.:
Di Persefone amica,
di Hecate a centri horrendi
precipita, descendi,
a lei le tirannie
esponi dal ca dente e i tuoi languori,
implora i suoi furori.
Con il Lirico Trace
la pietade a’ quei stagni un dì discese
e co’l suo foco infin le furie accese.
3. CHOR:
Zu der furchterregenden Gegend der Hecate, zu der freundlichen Persephone, gehe schnell,
steige herab: Erzähle ihr vom tyrannischen Benehmen des Greises (Meandro A.d.Ü.) und von deinem Leiden. Bitte sie um ihre Gunst.
Mit dem Lyriker aus Thrakien (Orpheus A.d.Ü.)
drang einst das Mitleid in die Unterwelt ein. Schließlich steckte er die Furien mit dem Feuer seiner Leidenschaft an.
CHORO 1. Da luminosi superi
e 2.:
sì sì sì piomba a gl’inferi
il tuo tesor s’acquisti e si recuperi.
1. u. 2. CHOR: Ja, ja, ja, vom strahlenden Himmel
steige in die Unterwelt hinab, um deinen Schatz zu holen, ihn wiederzuerlangen.
NEREA:
NERA:
Auf dem beflügelten Rücken eurer Monster
kehrt zu euren heimatlichen Gefilden zurück;
ich nehme euren Rat an und mutig schicke ich mich an, in die Unterwelt zu gehen.
Ite su’l dorso alato
de’ vostri Mostri a le natie contrade,
le sotteranee strade,
approvando il consiglio,
3
Wer Amors verhängnisvolle Kraft nicht erfah-
ren hat, kann nicht seine Macht begreifen.
Um den Kummer, den seine Pfeile verursachen, zu lindern, nutzt die Vernunft gar nichts:
Seine Schlinge ist allzu stark,
hart wie Diamant:
Nur der Tod kann seine Wunden heilen.
m’appresto di calcar con piante ardite.
Apriti o terra, io scender voglio a Dite.
CHORO 1., Da luminosi superi
2. e 3.:
sì sì sì piomba a gl’inferi
il tuo tesor s’acquisti e si recuperi.
Erde (Stadt der Unterwelt A.d.Ü.), öffne dich, ich will zu Dite.
1., 2. u. 3. Ja, ja, ja, vom strahlenden Himmel steige
CHOR:
in die Unterwelt hinab, um deinen Schatz zu holen, ihn wiederzuerlangen.
SCENA SECONDA
La spiagga d’una delle Strofadi
Rosinda, Clitofonte, Rudione
ZWEITE SZENE
Strand auf einer Strofadeninsel
Rosinda, Clitofonte, Rudione
ROS.:
Il serpentino abete
Qui s’arresta mio bene.
Quest’ incognite arene
del nostro navigar sono le mete.
ROS.:
Mein Geliebter, das Schiff, das wie eine Schlange ausieht, hat hier angehalten.
Diese unbekannte Gegend
ist das Ziel unserer Fahrt.
CLIT.:
Ogni terra, ogni lido
la spada n’assicura;
scendiamo pur, scendiam, bella guerriera
bella per mia ventura.
CLIT.:
Unser Schwert macht uns jedes Land,
jede Gegend sicher;
gehen wir ruhig, gehen wir, meine schöne Kriegerin.
Deine Schönheit macht mich glücklich.
RUD.:
Padrona mia, padrona, aita, aita.
Se cado in questo luogo,
vado nel mar, m’affogo.
RUD.:
Meine Herrin, meine Herrin, Hilfe, Hilfe.
Wenn ich hier falle,
falle ins Meer, ertrinke ich.
ROS.:
Sei pur, sei pur dappoco,
per sbarcare a un legno
anco chiedi il sostegno?
ROS.:
Du bist wirklich ein Taugenichts:
Du brauchst auch Hilfe,
um aus dem Schiff zu steigen?
RUD.:
.
Legno chiami quel Drago?
Egl’è un Diavolo vero,
quanto temei che m’inghiottisse intero
RUD.:
Schiff nennst du diesen Drachen?
Wahrhaftig ist es ein Teufel: wie sehr ich gefürchtet habe, dass er mich ganz
verschlingen könnte.
ROS.:
Più che ti osservo e miro,
Clitofonte mia speme,
più dolcemente peno e più sospiro.
Quando l’empia magia
de l’emula Nerea
prigionier ti tenea,
oh Dio, di gelosia
provai tutti tormenti e se son viva,
del tuo nome invocato,
oh mio cor sospirato,
oh mia fiamma infinita,
fu la virtù che mi mantenne in vita.
ROS.:
Je mehr ich dich anschaue und betrachte,
Clitofonte, oh du mein einziger Wunsch,
desto mehr schmachte und seufze ich liebevoll.
Als der böse Zauber
der Nebenbuhlerin Nerea
dich gefangen hielt,
oh Gott, spürte ich jede Qual der Eifersucht.
Und wenn ich noch lebe,
oh du mein ersehntes Herz,
oh du meine unlöschbare Liebesflamme,
war es nur die Kraft deines Namens, den ich stets anrief, die mich am Leben hielt.
CLIT.:
De’ dileguati incanti,
de gl’importuni e disprezzati vezzi
CLIT.:
Die Erinnerung an die entschwundene Zauberei, an die lästigen und missachteten 4
la membranza si spezzi
e fatta in polve la disperda il vento.
Dolce, dolce contento
il mio digiun ricrea, drizza quei sguardi
a sguardi miei, che tardi?
ROS.:
Li vibro, eccoli, oh caro,
ma se di strali armato
Amore in lor s’annida,
guarda ch’ei non t’uccida.
ROS.:
CLIT.:
Oh luminosi, oh belli
volanti Spiritelli
s’uccider mi sapete io vi perdono.
Anco de’miei nel trono
s’asside un faretrato
che le superbie atterra.
CLIT.:
Oh Ihr strahlenden, oh Ihr schönen
fliegenden, kleinen Geister, wenn ihr mich umzubringen wisst, vergebe ich euch. Auch inmitten meiner Blicke
sitzt jemand mit Köcher und Pfeilen ausgerüstet, der den Hochmut nieder
schlagen kann.
ROS.:
A guerra dunque, a guerra.
ROS.:
Zum Krieg, also, zum Krieg.
CLIT.:
A guerra, a guerra sì.
CLIT.:
Ja, zum Krieg, zum Krieg.
ROS.:
Vedrem chi meglio sa
Piagar la sua beltà.
ROS.:
Wir werden sehen, wer am besten den geliebten Gegner verwunden kann.
CLIT.:
Un dardo mi ferì.
CLIT.:
Ein Pfeil hat mich getroffen.
ROS.:
Quest’altro, aspetta.
ROS.:
Da hast du noch einen, warte.
CLIT.:
Arrotata seatta
Ohimè mi passò il petto.
Lasso son quasi estinto,
non più lucidi arcieri, io son già vinto.
CLIT.:
Oh weh! Ein gut angespitzter Pfeil hat mir die Brust durchbohrt. Ich Armer, ich bin fast tot. Bitte nicht, Ihr glänzenden Schützen, ich bin besiegt.
ROS.:
Così, così si doma
il domator de l’alme,
pur ti cedo le palme.
ROS.:
So, so bändigt man
den Bändiger der Seelen, und doch gewähre ich dir die Ehre des Sieges.
RUD.:
Non fan altro costoro
ch’amoreggiarsi e io
per il terror passato anco mi moro.
RUD.:
Die beiden hier tun nichts anderes als liebeln und ich sterbe wegen des vorherigen Schreckens beinahe.
CLIT.:
Rosinda, il piè s’inoltri, alta avventura
serba l’isola a noi, ché non a caso
qui ci drizzò chi de la nave ha cura.
CLIT.:
Rosinda, gehen wir, diese Insel bewahrt uns etwas besonderes auf: sicher hat derjenige, der das Schiff lenkt, uns nicht zufällig hierhergeführt.
ROS.:
Così credo. È sparito il pino alato,
tu qui ci attendi.
ROS.:
Das denke ich auch. Das beflügelte Schiff ist verschwunden; du wartest auf uns hier.
Schmeicheleien der Nerea, soll zerstört, zu Staub gemacht werden und der Wind soll sie zerstreuen.
Oh süßes, süßes Glück, das mich von meinem Verlangen erholt, schau mich an so wie ich dich anschaue. Was zögerst du noch?
5
Da, ich richte zu dir meine Blicke, mein Geliebter.
Aber wenn Amor mit Pfeilen bewaffnet sich in ihnen verbirgt, achte darauf, dass er dich nicht umbringt.
RUD.:
Andate,
non vi vorrei venir, benché chiamato.
RUD.:
Geht Ihr nur, ich würde selbst von Euch
gerufen, nicht kommen wollen.
CLIT.:
Fermati. Qual trofeo
sospende là quel tronco? E chi lo pose?
CLIT.:
Halt an. Was für eine Trophäe hängt auf
diesem Baum? Wer hat sie dort aufgehängt?
ROS.:
Queste l’armi famose
son di Thisandro. Incise a piè del legno
che dicon quelle note?
ROS.:
Diese hier sind die ruhmvollen Waffen von Thisandro. Was sagen die Worte, die in den Baumstamm geritzt sind?
CLIT.:
»Infelice guerriero
navigante qui giace,
non li pregar, ti prego o requie o pace:
Disperato morì,
Rosinda lo tradì,
Amor l’estinse. Fuggi a vele piene
da queste infauste e maledette arene.«
CLIT.:
»Hier ruht ein unglücklicher Krieger, der über das Meer fuhr; bete nicht für ihn nach Ruhe und Frieden.
Voll Verzweiflung starb er,
Rosinda betrug ihn,
Amor brachte ihn um. Flieh unter vollen Segeln von diesen unglückseligen Strände.«
ROS.:
Ossa un tempo dilette,
del generoso pianto
già de le vostre lucide pupille,
ricevete le stille,
pietà vi piange e intenerisce un petto
che vi lasciò per più gradito oggetto.
ROS.:
Einst geliebte Gebeine, empfangt die reichlichen Tränen meines Weinens aus den
glänzenden Augen, die früher euch gehörten.
Mitleid bringt mich zum Weinen und er-
weicht mein Herz, das euch verließ, weil es einen anderen euch vorzog.
CLIT.:
Se qui d’intorno voli
ombra del grand’Heroe,
mira del tuo rival nel volto impresso
del tuo Fato il dolor. Le chiome Eoe
di funebre cipresso
e de gli Scithi i crini
s’incoronino homai. Colossi e marmi
eternino i tuoi gesti honor de l’armi.
CLIT.:
Schatten des großen Helden, wenn du dich in dieser Gegend herumtreibst, wirst du auf dem Gesicht deines Rivalen einge-
prägt sehen den Schmerz wegen deines Schicksals. Mit Zweigen der traurigen Zypressen und skytischen Mähnen sollen Kränze geflochten werden. Denkmäler aus Marmor sollen deine ehrenvollen Taten verewigen.
SCENA TERZA
Rudione
RUD.:
DRITTE SZENE
Rudione
Thisandro è qui sepolto?
Rosinda l’ammazzò.
Piangere anch’io lo vo’.
Ma lagrimar non posso:
Mi disseccò de gl’occhi il mesto humore
de la fame il calore;
roderei, frangerei spolpato un osso
dentro del Basilisco
non vidi una vivanda
e se vi fosse stata
io non l’havrei mangiata.
Tanto terror havei di quella furia.
RUD.:
6
Dies ist das Grab von Thisandro?
Rosinda hat ihn umgebracht.
Ich möchte auch ihn beweinen,
aber keine Tränen fließen aus meinen Augen: Die wehmütige Flüssigkeit der Augen wurde von der Hitze des Hun-
gers ausgetrocknet; ich könnte nagen, zersplittern einen entfleischten Kno-
chen; auf diesem Schiff habe ich keine einzige Speise gesehen und selbst wenn es etwas gegeben hätte, hätte ich es nicht gegessen, so groß war Hora dove è penuria
d’ogni humano alimento
il mio destin m’ha spento.
Se l’Isola è deserta, oh me meschino:
non vi sarà vicino
ch’abbia d’un poveretto
forastier carità.
Al sicuro di fame ei perirà.
Di già vacilla il piede,
l’occhio torbido mira,
il capo mi s’aggira,
mancar, morir mi sento.
Voglio far testamento.
Rudion che mangiò
qual lupo e divorò
affamato morendo
così tosto dicendo
lascio del mar, del lido
a’ corvi, a le balene il corpo mio,
a cibarsi di lui qui, qui gl’invito.
Se ‘l cibo mentre vissi
mi fu giocondo e grato,
vo’ morto esser mangiato.
SCENA QUARTA
Thisandro, Rudione
meine Angst vor jenem Ungeheuer.
Und hierhin nun, wo es nichts essbares gibt, hat mich mein Schicksal gebracht.
Wenn die Insel unbewohnt ist, oh ich Elender: Es wird niemand da sein, der barmherzig mit einem armen Fremden sein wird. Ich werde sicher verhungern.
Schon schwankt der Fuß,
das Auge ist betrübt,
mir wird schwindlig,
ich vergehe, ich sterbe.
Ich will mein Testament machen.
Rudione, der wie ein Wolf
essen und verschlingen konnte,
ist am verhungern
und sagt noch schnell:
Ich übergebe meinen Leib den Wal-
fischen des Meeres und den Krähen der Strände, ich lade sie hierhin ein, um von ihm sich zu nähren. Als ich lebte war mir das Essen eine Freude und stets angenehm, nach meinem Tod will ich gegessen werden.
VIERTE SZENE
Thisandro, Rudione
THIS.:
Armi, quando vi miro
io son dal vostro oggetto
a singhiozzar costretto.
Per gloriose prove
voi note al mondo, sovra scoglio inculto,
nidi d’infausti augelli, hor dimorate,
lasciato il Signor vostro, o Cieli, inulto.
A la crudel troncate
le novelle speranze
esser doveano e poi di sangue asperse
eleggersi i deserti
l’erma spiaggia è conforme a vostri merti.
THIS.:
Oh meine Waffen, wenn ich euch betrachte, wenn ich euch so sehe,
muss ich weinen.
Wegen eurer ruhmvollen Taten
wart ihr der Welt bekannt; nun liegt ihr
auf öden Felsen und dient unglückseligen Vögeln als Nest. Und euer Herr, oh
Himmel, bleibt ungerächt. Man hätte erst
die neue Liebeshoffnung der grausamen Rosinda zerstören, sie mit Blut besprengen
und dann in der Wüste nach der Einsamkeit suchen sollen; dieser einsame Strand ist eurem Verdienst gebührend.
RUD.:
Sento gente che parla?
Egl’è un huomo, allegrezza.
Oh quanto si consola
il voto ventre e l’affamata gola.
RUD.:
Höre ich etwa jemanden sprechen?
es ist ein Mensch, welche Freude.
Oh welcher Trost für den leeren Bauch und die hungrige Kehle.
THIS.:
Oh Thisandro, Thisandro
de la tua donna infida
mira il caro scudiero, il servo infido.
Chi, chi ti vomitò su questo lido?
THIS.:
Oh Thisandro, Thisandro siehe da den lieben Knappen, den untreuen Diener
deiner untreuen Dame.
Wer, wer hat dich auf diesen Strand gespeit?
7
RUD.:
Ohimè. Del guerrier morto
è questa l’ombra, ohimè.
RUD.:
Oje. Das ist der Schatten
des toten Kriegers, oje.
THIS.:
Che fa l’empia? Dov’è?
Non rispondi? Che sì
che ti gettò nel mar.
THIS.:
Was macht die Frevlerin? Wo ist sie?
Anwortest du nicht? Mit Sicherheit
hat sie dich ins Meer geworfen.
RUD.:
Spirto va in pace.
La tua Rosinda e Cli…
RUD.:
Gehe in Frieden, du Geist.
Deine Rosinda und Cli...
THIS.:
Rosinda, oh stelle, e chi?
THIS.:
Rosinda, oh Himmel, und wer?
RUD.:
Rosinda e Clitofonte.
RUD.:
Rosinda und Clitofonte.
THIS.:
Clitofonte?
THIS.:
Clitofonte?
RUD.:
Di là
hor se ne vanno apunto.
RUD.:
In diese Richtung
sind sie gerade gegangen.
THIS.:
Per dove? Per di qua?
THIS.:
In welche Richtung? Da lang?
RUD.:
Sì, sì, sì per di là.
RUD.:
Ja, ja, da lang.
THIS.:
Il vostro nume invoco,
oh furie, oh voi che con le tedi e gl’angui
flagellandomi il sen m’ardete il core.
Disprezzato d’Amore
su gl’occhi a la sleale
vo’ sbranare il rivale
da voi spronato e da lo sdegno invitto:
poscia cader trafitto
da la mia destra a la rivale inante.
Non più, non più percosse
prendo l’armi e li cerco, angui agitanti.
THIS.:
Oh Ihr Furien, ich bitte euch um euren Schutz, ihr, die mit Feuer und Schlangen
mir die Brust geißelt und mir das Herz verbrennt. Von Amor verschmäht, vor den Augen der untreuen Rosinda,
will ich den Rivalen zerstückeln.
Von euch angespornt und von meinem erbitterten Zorn; dann will ich mich vor meiner Feindin selbst umbringen.
Nein, nein, keine Schläge mehr, ihr auf-
wiegelnden Schlangen,
ich hole die Waffen und gehe sie suchen.
SCENA QUINTA
Rudione
RUD.:
FÜNFTE SZENE
Rudione
La fantasma sparì. Son tutto gelo.
Già, già da me prende licenza il pelo.
Se l’havessi lasciato
Almen da buon soldato
in un lascivo agone
non mi lamenterei, mi darei pace,
questo sol mi dispiace
pelarmi da poltrone.
Povero disgratiato,
speravo ristorarmi
creduto un huom quell’ombra
RUD.: 8
Das Gespenst ist verschwunden.
Ich erstarre zu Eis. Schon fallen mir wegen des Schreckens die Haare aus.
Wenn dies wenigstens in einem
wollüstigen Kampf geschehen wäre,
als tapferer Krieger, würde ich mich
nicht beschweren, ich würde mich damit abfinden, aber das gefällt mir nicht:
Dass es mir geschieht ohne etwas zu tun.
Ich Armseliger, ich hoffte auf Labung als
ich dachte, dieser Schatten sei ein Mensch
e son stato vicino a spiritarmi;
con diavoli e con larve
ha d’esser la mia pratica in eterno?
C’ho da far con l’inferno?
Rosinda mia, Rosinda
se mai giungo in sicuro
ti giuro a fe’, ti giuro
con un addio lasciarti
e a la capanna mia di far ritorno.
Non vo’, non vo’ ch’un giorno
vivo presomi in spalla,
il demonio mi porti
a le case de’morti,
vo’star dove si mangia
e scaldarmi col vin sin che potrò,
non dove a l’aria bruna
si languisce di sete e si digiuna.
Quanto è soave, quanto
lagrimar per dolcezza
di dolce Bacco tracanando il pianto.
Gusto maggior non ho
Quando formo bevendo il clò, clò.
Oh mia fortuna avara,
dove m’hai tu condotto
a veder acqua sola e acqua amara.
Quando più sentirò
caro vin mio quel tuo clò, clò, clò, clò?
SCENA SESTA
La Reggia di Dite
Plutone, Proserpina
PLUT.:
Amor ti cedo,
una sol dramma
de la tua fiamma
di quanto foco
chiude il mio loco
ha più virtù.
Sceso quaggiù
l’aureo tuo strale
è più mortale,
fa maggior piaga.
Dolce mia vaga,
Diva mia bella,
per te quel Monarca
ch’impera a Cocito,
che regge la Parca,
avvampa ferito.
und ich war dicht daran verrückt zu werden;
Muss ich es mein Leben lang immer mit
Teufeln und Gespenstern zu tun haben?
Wieso muss es für mich immer wie in der Hölle sein?
Rosinda, oh meine Rosinda, wenn ich hier
überhaupt heil davonkomme, schwöre ich dir wahrhaftig, dass ich dir Lebewohl sage
und zu meiner Hütte zurückkehre.
Nein, nein, ich will es nicht,
dass der Teufel eines Tages
mich auf seine Schulter packt und mich in
die Hölle bringt; ich will da sein wo man isst und, so lang ich kann, mich mit dem Wein aufwärmen, nicht da, wo in der Finsternis man verdurstet und verhungert.
Oh wie süß, wie süß ist es aus Entzücken
zu weinen während man die Tränen des süßen Bacchus trinkt.
Mein größter Spaß ist,
gluck, gluck, gluck zu machen, wenn ich trinke.
Oh, mein geiziges Schicksal, wo hast du mich hingeführt, hier wo weit und breit nur Wasser zu sehen ist und salziges dazu.
Wann werde ich noch mal hören,
oh mein geliebter Wein dein gluck,
gluck, gluck?
SECHSTE SZENE
Der königliche Palast in Dite
Pluto, Proserpina
PLUT:
9
Amor, ich gebe nach:
eine einzige Unze
deines Feuers
wirkt mehr
als das ganze Feuer,
meines Reiches.
Hier, in der Unterwelt,
ist dein goldener Pfeil
tödlicher,
richtet noch mehr Schaden an.
Meine süße Geliebte,
meine schöne Göttin,
für dich entbrennt jener Monarch,
der in der Unterwelt herrscht,
der über den Tod bestimmt,
verletzt aus Liebe.
PROS.:
Se crudele
ti piagò la mia beltà,
cor fedele
il languor ti addolcirà.
Il mio labro
nutre humor ch’il foco ammorza
e rinforza
il piacer col suo cinabro.
Se tu vuoi la sanità
bacia, oh Re,
la mia fe’,
la mia bocca hor te la dà.
PROS.:
PLUT.:
La tua bocca
quando bacia a mille, a mille
le faville
nel mio seno avventa e scocca.
Quando prendo
a baciar quel tuo divino
bel rubino,
più m’infiammo e più m’offendo.
Per accendere,
per offendere
baciar vuoi spietata mia,
non pietà,
ferità
è la tua barbara e ria.
PLUT.:
Wenn dein Mund küsst,
wirft und schießt er
abertausende Funken
in mein Herz ab.
Wenn ich beginne
deine göttlichen rubinroten Lippen
zu küssen, entbrenne ich noch mehr
und werde noch mehr verwundet.
Um zu entflammen,
um zu verletzen, willst du küssen,
oh du meine Unbarmherzige.
Was dich bewegt ist nicht Mitleid,
sondern unmenschliche
und schlimme Grausamkeit.
SIEBTE SZENE
Nerea, Pluto, Proserpina
NEREA:
Weder mit dem Zauberstab noch mit Eskorte
komme ich hierhin, oh du ehrfurchter
regende Majestät: Verzweifelte Liebe führt
mich zu euch, und ich habe nicht vor, euch
jemanden zu rauben. Oh du dreigestal
tige Göttin, für die Schatten der Wälder
und der Quellen dieses Gefildes, für dein
silbriges Reich, für deinen König, den König der Toten, bitte, gib meiner Qual Labung.
SCENA SETTIMA
Nerea, Plutone, Proserpina
Wenn auf grausame Weise
meine Schönheit dich verwundet hat,
wird mein treues Herz
dein Schmachten versüßen.
Meine feuchten Lippen
werden das Feuer stillen
und mit ihrem Zinnoberrot
die Lust stärken.
Wenn du wieder heil sein willst,
küsse, oh mein König
meine Treue:
mein Mund gibt sie dir jetzt.
NEREA:
Non col ramo di Cuma o con la scorta,
tremenda Maestade hor qui discendo,
disperation d’Amore a voi mi porta
e di torvi una preda io non pretendo.
Per l’ombre de le selve e de le fonti,
triforme Dea, per l’orbe tuo d’argento,
per il tuo Re de’ popoli defonti
dà salubre ristoro al mio tormento.
PROS.:
Efficaci scongiuri
l’innamorata Maga
per te Signor mi prega.
Gl’affanni tuoi dispiega,
scoprimi la tua piaga.
PROS.:
Mein Herr,
die verliebte Zauberin bittet dich, um eine wirksame Beschwörung.
Erkläre mir den Grund deines Kummers,
erzähle mir von deinem Leiden.
NEREA:
Amo guerrier gentile,
questi di pari ardore
mantenne acceso il core;
NEREA:
Ich liebe einen hochherzigen Ritter.
Er empfand für mich im seinem Herzen
dieselbe Leidenschaft.
10
poscia l’infido, oh martire,
d’altra beltà seguace,
m’abbandonò fugace.
Io l’arti esercitando
che tua mercé passedo,
tra i singulti e tra ‘l pianto
a l’emula lo toglio
e sovra ameno scoglio
tra delitie l’incanto.
Meandro a me scoperti,
temerario vassal, gl’osceni amori,
sdegnato a’ miei rigori,
a le repulse mie fe’ che Rosinda
con le perdite sue per tormentarmi,
il caro m’involasse e rese imbelle
col la mia verga il mormorar de’ carmi.
Il soccorso che chiedo
è che sordo Cocito
renda del traditor vani gli accenti;
le mie note impotenti
sovrastino a le sue come a gl’incanti,
d’oltraggiarmi il fellon più non si vanti.
PLUT.:
La gratia si conceda.
ratto sgombri costei l’infernal chiostro:
rieda a la luce, rieda.
De’ suoi gelidi affetti
l’Herebo non infetti.
Questa d’Averno, questa
Hecate mia calpesta
la tenebrosa ria,
colma di gelosia.
PLUT.:
Ich gewähre dir die Gnade.
Geschwind soll diese hier die Unterwelt verlassen: schnell soll sie auf die Erde zurückkehren.
Sie soll mit ihren eisigen Gefühlen nicht
mein Reich anstecken.
Diese düstere Gestalt
betritt meine Gefilde
und erfüllt sie mit Eifersucht.
PROS.:
Amante addolorata,
ascendi lieta, ascendi e scaccia i guai,
in tuo favor le mie potenze havrai.
PROS.:
Schmerzerfüllte, liebende Frau,
steige wieder hinauf und verjage deinen Kummer, du wirst meine Unterstützung haben.
PLUT.:
Amorosa
bella mia,
di gelosa
peste Amore il cor mi guardi,
i suoi dardi
di là su scocchi pur, scocchi,
né mi tocchi
la crudel con il suo gelo,
ne l’Inferno io godo il Cielo.
PLUT.:
Meine Geliebte,
meine Schöne,
Amor soll mein Herz
vor der Pest der Eifersucht bewahren,
er soll von da oben seine Pfeile
ruhig weiter schießen,
diese grimmige Frau soll mich nicht
mit ihrer eisigen Kälte berühren,
in der Hölle fühle ich mich wie im Himmel.
Dann, aber, oh welche Qual,
verließ mich der Untreue rasch, um einer anderen Schönen zu folgen.
Ich wand die Zauberkünste an, die ich dank dir besitze. In Schluchzen und Tränen aufgelöst schaffte ich es,
meiner Nebenbuhlerin den Geliebten zu entwenden und ich verzauberte ihn
auf einer schönen Insel, von Freuden und Wonne umgeben. Meandro, der verwegene Untertan, hatte mir seine
unkeusche Liebe erklärt.
Zornig wegen meiner strengen Ablehnung
und um mich zu bestrafen wegen der
erlittenen Schmach, brachte er Rosinda dazu, mir den Geliebten wegzunehmen
und entkräftete meine Zauberkünste.
Hilf mir bitte, damit die Unterwelt die Zauberformeln des Verräters vereitelt,
meine wieder gelingen und seine Zauberei übertreffen. Er soll sich nicht mehr rühmen,
mich zu verschmähen.
11
SCENA OTTAVA
Nerea
NEREA:
ACHTE SZENE
Nerea
Qui, qui dove inonda
il pianto ogni sponda
mi brilla il contento.
Qui dove il lamento
assorda co’l grido
di Stige ogni lido,
d’immenso diletto
fò centro il mio petto.
Speranze fugaci
qui dove non può
sperar chi v’entrò,
tra gli urli e le faci,
in mezzo a le pene
vi trovo ancor vive.
A l’alme e serene
magion de la luce,
a’ chiari soggiorni,
s’ascenda, si torni,
Amor ci conduce.
NEREA:
SCENA NONA
Choro di Spiritelli
CHORO:
Hier unten, wo jedes Ufer von Tränen
überschwemmt wird, strahle ich vor
Vergnügen.
Hier, wo die Klagen
jedes Ufer der Unterwelt erfüllen,
empfinde ich in meinem Herzen
eine unendliche Freude.
Oh meine flüchtigen Hoffnungen,
hier, wo niemand,
der eingetreten ist hoffen kann,
hier, unter Geschrei und Flammen,
inmitten von Kummer und Leid,
finde ich euch wieder.
Zu dem lebenspendenden,
heiteren Licht,
wo alles hell ist,
steige ich hinauf,
kehre ich zurück.
Amor führt mich.
NEUNTE SZENE
Chor der kleinen Geister
Hora che rapido
chi sferza Cerbero
l’atro de l’Erebo
sgombrò con Trivia,
il piè ch’è libero
da’ ligi ossequi
formi con giubilo
danza festevole.
In fieri crucci
gl’altri s’impieghino
e l’ombre esprimino
tra i lor patiboli
accenti queruli.
Noi, noi festevoli,
fendendo l’aria,
carole al giubilo
tessiamo e l’otio,
codardo e misero,
si sbatti e maceri.
(sei Spiritelli formano il Ballo)
CHOR:
FINE DEL PRIMO ATTO
Rasch hat Pluto,
der Cerberus peitscht,
zusammen mit der dreigestaltigen Göttin (2) die Höhle der Unterwelt geräumt.
Nun soll der Fuß, der
nach der ergebenen Huldigung wieder frei ist, sich voll Freude,
in einem fröhlichen Tanz wenden.
Andere sollen sich jetzt
mit ihren Sorgen beschäftigen.
Die Schatten der Toten
werden unter ihren Qualen stönen.
Wir durschneiden die Luft
voll Freude
mir unseren vergnüglichen Tänzen,
schlagen und verjagen
die jämmerliche,
träge Langweile.
(sechs kleine Geister bilden einen Tanz)
ENDE DES ERSTEN AKTES
12
ATTO SECONDO
ZWEITER AKT
SCENA PRIMA
Bosco
Clitofonte, Rosinda
ERSTE SZENE
Im Wald
Clitofonte, Rosinda
CLIT.:
L’isoletta è diserta,
incoltivato il pian, di sterpi ha l’erta.
Sol d’infeconde piante
nutre boschi spinosi il scabro sasso,
né può vagar senza fatica il passo.
CLIT.:
Die kleine Insel ist unbewohnt,
die Ebene ist unbestellt, die Abhänge sind voller Gestrüpp.
Der felsige Boden ist nur mit dornigem,
unfruchtbarem Unterholz bedeckt
und man kommt nur mühselig weiter.
ROS.:
Quivi annidar si deve,
infesta a’ naviganti, o belva o mostro,
l’uccida il valor nostro.
ROS.:
Bestimmt verbirgt sich hier eine schreck- liche Gefahr für die Seefahrer: eine Bestie, oder ein Monster:
Unsere Tapferkeit wird es niederschlagen.
CLIT.:
Mostro a punto volando
ver noi Rosinda viene, a l’armi, al brando.
CLIT.:
Und eben nähert sich uns fliegend
ein Ungeheuer, zu den Waffen, schnell, her das Schwert.
ROS.:
Dov’è, dov’è? Nol miro, ove si pose?
ROS.:
Wo ist es, wo? Ich sehe es nicht, wo ist es?
CLIT.:
Volò nella tua bocca e si nascose.
CLIT.:
Es ist in deinen Mund geflogen und dort hat es sich versteckt.
ROS.:
Così scherzi, o diletto,
anima del mio petto?
ROS.:
Du scherzt doch, mein Geliebter,
du meine Seele, oder?
CLIT.:
Non sono scherzi i miei,
entrar lo vidi e ne l’entrar scoccò
l’arco curvo il feroce e m’impiagò!
CLIT.:
Nein, es ist kein Scherz: Ich habe gesehen,
wie es hineinging und dabei mit dem Bogen einen Pfeil schoß und mich verletzte!
ROS.:
Se timido il volante
tra ‘l mio labbro si chiuse, egli è sicuro.
ROS.:
Wenn der scheue Flieger zwischen meinen Lippen Zuflucht suchte,
fühlt er sich jetzt dort sicher.
CLIT.:
Dunque vuoi dar ricetto
a’ miei nemici, o bella, a’ traditori?
Scaccia, scaccialo fuori.
CLIT.:
Dann, oh meine Schöne, willst du also
meine Feinde beschützen, meine Verräter?
Jage es raus, raus mit ihm.
ROS.:
No, no, l’affida il loco,
né vorrà uscire e a sforzarlo io temo
che sceso nelle viscere e fuggito,
non le squarci adirato e iviperito.
ROS.:
Nein, nein, dort befindet es sich in Sicherheit, es wird nicht rauskommen wollen und ich fürchte, dass es sich noch tiefer
in mich drängen und mich voll Zorn
schlimm zurichten wird, wenn man es dazu zwingen will.
CLIT.:
Di raddorcirlo almeno
procura e fa che sia pace tra noi,
CLIT.:
Versuche wenigstens, es zu besänftigen,
damit unter uns Frieden herrschen wird,
oh du heiterer Himmel meiner Seele.
13
ROS.:
oh de l’anima mia cielo sereno.
Placidetto s’asside
su l’uscio de la bocca, eccolo e ride.
CLIT.:
Ragion comanda e vuole
l’uso che con i baci
s’autentichin le paci.
ROS.:
Ganz ruhig sitzt es auf meiner Lippe und lacht. Da, siehst du es?
CLIT.:
Die Vernunft und der Brauch verlangen,
dass man mit Küssen
den Frieden schließt.
ZWEITE SZENE
Rudione von einem Riesen gefangen gehalten,
Clitofonte, Rosinda
SCENA SECONDA
Rudione prigioniero d’un Gigante,
Clitofonte, Rosinda
RUD.:
RUD.:
Padrona, Clitofonte,
questo diavolo irsuto
a l’inferno mi porta, aiuto, aiuto.
DRITTE SZENE
Clitofonte, Rosinda
SCENA TERZA
Clitofonte, Rosinda
CLIT.:
Non par, non par che voli
quella mole corporea e smisurata?
Ladron, ladron, aspetta.
ROS.:
Ei va sì che sembra una saetta.
CLIT.: Attendimi Rosinda, qui dove imbosca horridamente il scoglio, quel villano assassin punire io voglio.
ROS.:
L’impresa a me si deve, interessata
nella prigion del mio.
De la spada incantata
la virtù vincitrice,
più che la forza e il core,
m’inanima a seguire il predatore.
S’il suo nido nefando
sarà difeso da malvagi incanti,
farà svanire ogni custodia il brando.
Incatenar lo vo’ con suo gran scorno.
Spirto del mio spirto, io vado e torno.
CLIT.:
Scheint es nicht so, als ob
dieser umfängliche Riese fliegen würde?
Warte, du Räuber.
ROS.:
Er ist blitzschnell.
CLIT.:
Warte auf mich, Rosinda.
Hier in diesem verworrenen Wald der Insel will ich diesen Grobian, diesen Verbrecher bestrafen.
ROS.:
Ich muss hier eingreifen, weil es mein Knappe ist,
der gefangengenommen wurde.
Mehr als Mut und Tapferkeit regt mich
die vielversprechende Kraft
des Zauberschwertes an,
dem Räuber zu folgen.
Wenn sein Schlupfwinkel
von schlimmen, ruchlosen Zaubern bewahrt wird, wird mein Schwert jeglichen Schutz brechen. Zu seiner Schande werde ich ihn in Ketten legen. Seele meiner Seele, ich gehe und bin gleich wieder da.
VIERTE SZENE
Clitofonte
SCENA QUARTA
Clitofonte
CLIT.:
Meine Herrin, Clitofonte,
dieser borstige Teufel,
führt mich in die Hölle. Hilfe, Hilfe.
CLIT.:
Se parte il mio respiro,
deh, non mi lasciar solo
Amor che mi consolo,
se bene io non ti miro.
Lascivetto mio Nume,
14
Wenn mein Leben weggeht,
bitte, Amor lass mich nicht allein,
tröste mich,
selbst wenn ich dich nicht sehen kann.
Mein kleiner, lasziver Gott,
uns unsichtbar,
invisibile al lume,
posto da parte il foco,
meco ragiona un poco.
Sento mille querele
di questo e quell’amante
che ti fanno crudele,
bugiardo ed incostante.
Sei tale o pur son queste
calunnie manifeste?
Rispondi, Amor mio caro:
»Io son un dolce amaro«.
lege für einen Moment deine Waffen nieder
und rede ein wenig mit mir.
Ich habe schon tausende von Klagen gehört
von diesem und jenem Liebhaber,
die behaupten, du seist grausam,
trügerisch und unbeständig.
Bist du so, oder sind all dies
offensichtliche Lügen?
Mein lieber Amor, du anwortest:
»Ich bin eine bittere Süßigkeit«.
FÜNFTE SZENE
Thisandro, Clitofonte
SCENA QUINTA
Thisandro, Clitofonte
THIS.:
Thisandro il corso arresta,
s’il piede lo tracciò, la spada tronchi
del nemico rival l’odiata testa.
THIS.:
Thisandro, halte an: auf der Suche nach deinem Feind, hat dich der Fuß bis hierhin geführt. Nun soll das Schwert das ver- hasste Haupt des Rivalen abschlagen.
CLIT.:
Un guerriero?, un guerriero?
Il ferro impugna? Olà chi sei, che chiedi?
CLIT.:
Ein Krieger? Ein Krieger? Mit dem Schwert in der Hand?
He da, wer bist du und was willst du?
THIS.:
Krieg will ich, siehst du das nicht?
THIS.:
Guerra, guerra, non vedi?
CLIT.:
E guerra havrai, ché nato a l’armi ed uso,
battaglie non ricuso.
CLIT.:
Krieg wirst du haben: zum Kämpfen geboren
und gewohnt es tun, bin ich dazu bereit.
THIS.:
De la tua Diva indarno
ti salverà la vita
quella imago che porti in sen scolpita.
Bersaglio de’ miei colpi
sarà quel loco e fragile ritegno
diverrà forte usbergo al mio disegno.
Quell’Arcier scellerato
che ciecamente ti protegge e guida,
a tuo favor pugnando entri in steccato:
Thisandro ambo vi sfida.
THIS.:
Das Bild deiner Göttin,
das du in deinem Herzen trägst,
wird dir nicht das Leben retten.
Deine Brust wird Zielscheibe meiner Schläge sein und deine starke Rüstung wird
meinem Vorhaben kein Hindernis.
Jener frevlerische Schütze,
der dich blind beschützt und führt,
soll auch in das Kampfgehege eintreten:
Thisandro fordert euch beide heraus.
CLIT.:
Il famoso Thisandro è questi? È questi?
Reggi la spada coraggiosa, oh destra,
di ferir l’avversario è gran maestra.
Per tornar ne’ sepolcri
risuscitasti, o pure
uscisti da gl’avelli
per farti de le belve esca e d’augelli?
Per celarti al mio ferro
non ti giovar le fosse di questo lido.
CLIT.:
Du bist der berühmte Thisandro? Du bist es?
Halte mutig das Schwert, oh meine Hand,
großartig bist du beim Zuschlagen auf den
Gegner. Thisandro, bist du etwa wieder
auferstanden, um ins Grab zurückzukehren,
oder kamst du von dort, um Beute von Raubtieren und Vögeln zu werden?
Um meinem Schwert zu entgehen, nützen
dir die Schlupfwinkel dieser Insel nicht.
Von dir herausgefordert fordere ich dich heraus.
15
THIS.:
Anch’io sfidato e solo hor ti disfido.
Del valor di Thisandro
i superati incanti,
gl’atteriti Giganti;
le superbie domate,
son prove note al mondo e celebrate.
De la mia codardia
vo’che ragguaglio quest’acciar ti dia.
THIS.:
Gebrochene Zauber,
in Panik versetzte und verjagte Riesen,
gezähmter Hochmut,
all dies sind bekannte und berühmte Beweise
der Tapferkeit von Thisandro.
Ob ich feige bin,
wird dir dieses Schwert zeigen.
SECHSTE SZENE
Vafrillo, Clitofonte, Thisandro
SCENA SESTA
Vafrillo, Clitofonte, Thisandro
VAF.:
Ritter, legt euren Streit ab,
eilt erbarmungsvoll dorthin, wohin ich euch führen werde: Der grausamste Riese, den die Erde je geboren hat,
führt einen entsetzlichen Kampf,
oh welch ungleicher Kampf mit einem mutigen Mädchen. Die Waffen der Kriegerin
sind schon gebrochen und voll Blut
und sie hat kaum noch Kraft zu stehen.
Ohimè, quest’è Rosinda.
la tenzon differita,
non si neghi il soccorso a la ferita.
Obligo, cortesia
di Cavalier ci chiama a l’opra pia.
CLIT.:
Ach weh! Sie ist bestimmt Rosinda.
Verschieben wir unseren Streit,
wir können der Verletzten nicht unsere Hilfe verweigern.
Es ist die Pflicht, die Sittlichkeit eines Ritters,
die uns zu dieser mitleidvollen Tat ruft.
THIS.:
Non più ragion, comprendo
la stimolo ch’a nove
contese hora ti move.
La pugnante piagata
è quella dispietata
che tradì la mia fede. Io vo’ritorla
di quel mostro al furore
e poi che veda lei passarti il core.
Io vi volea congiunti,
il Ciel v’unisce: andiam.
THIS.:
Keine Rede mehr: Ich begreife die Beweg-
gründe, die dich jetzt zu einer anderen Unternehmung führen.
Die verletzte Kriegerin
ist jene grausame,
die meine Treue betrogen hat. Ich will sie
der Wut dieses Monsters entwenden,
damit sie dann sehen kann, wie ich dich umbringe.
Ich wollte euch beide treffen: Nun ermöglicht
der Himmel dies. Gehen wir.
CLIT.:
Beeilen wir uns.
CLIT.:
S’affretti il passo.
VAF.:
Indebolito e lasso
esser ciascun di voi
deve per la contesa.
Prendete pur vigore,
lenti ci incamminiamo. Il traditore
troppo è possente e forte.
VAF.:
Der Kampf hat
euch beide bestimmt
geschwächt und ermattet.
Gehen wir nicht so schnell, damit ihr wieder
Kräfte sammeln könnt. Der Verräter
ist zu mächtig und zu stark.
VAF.:
Sospendete quell’ire, o Cavalieri,
accorrete pietosi ov’io vi guido,
Gigante il più feroce
di quanti mai ne parturì la terra,
sproportionata guerra,
con ardita fanciulla è in pugna atroce.
Tutte lacere l’armi e insanguinate
ha la guerriera e lena
di reggersi sul piè conserva a pena.
CLIT.:
16
CLIT.:
Sarà condotta a morte
se tardiam la guerriera.
VAF.:
Ei non uccide:
vive brama le prede ed ha diletto
tormentarle in prigion. L’infame tetto,
se la lite è decisa,
vi scorgerò dell’empio, ove i lor fieri
casi piangon Donzelle e Cavalieri.
THIS.:
E quando giunse, e quando
su questo scoglio habitator sì crudo?
Che vi fosse mai seppi. Egli si trovi
e col suo fine al pellegrin si giovi.
Su queste solituduni sassose
raggiunsi i fuggitivi
hora indifesi e privi
de la verga impotente
del lestrigon tiranno,
del lor Meandro in mia balia verranno.
L’incantato Palagio
ch’eressero a miei cenni, in un baleno,
spirti architetti, aperto sempre il varco,
la coppia infida ricettando in seno,
li negherà l’imbarco.
Le Gigantee Fantasme
seguendo la rivale, hor hor qui arriva.
Vafrillo semiviva
finta Rosinda e tolto al ferro irato
di Thisandro il feroce
il mio core, il mio fiato
per cui vivo e respiro, a me s’invia
con l’incauto prigion che m’imprigiona,
ch’al rigor del martir mi lascia e dona.
Per levarmi il tormento
ogni rimedio io tento.
Che credi tu Cillena
svanirà la mia pena?
CILL.:
Spero, Reina, spero
vederti consolata,
Wenn wir noch zögern,
wird er die Kriegerin umbringen.
VAF.:
Er tötet seine Gegner nicht:
Er möchte sie am Leben halten, weil es sein Vergnügen ist, sie im Gefängnis zu quälen.
Wenn ihr jetzt nicht mehr streitet, werde
ich euch zur Behausung dieses Schandkerls führen. Dorthin, wo Damen und Ritter ihr grausames Geschick beweinen.
THIS.:
Wann überhaupt, wann ist der Grausame
auf diese Insel gekommen? Ich habe bis jetzt nie etwas von ihm erfahren. Finden
wir ihn, und mit seinem Ende werden wir allen hier Umherziehenden helfen.
SIEBTE SZENE
Verzauberter Palast
Nerea, Cillena
SCENA SETTIMA
Palagio incantato
Nerea, Cillena
NEREA:
CLIT.:
17
NEREA:
Auf diese öde, steinige Insel
bin ich den Flüchtlingen gefolgt;
nun schutzlos und ohne
den hier machtlosen Zauberstab
des tyrannischen Zauberers Meandro
befinden sich die beiden in meiner Gewalt.
Der verzauberte Palast, blitzschnell von
schöpferischen Geistern erbaut, wird das
untreue Paar durch das stets offene Tor
empfangen und ihnen wiederum
den Ausweg versperren.
Meine Rivalin folgt dem riesigen Gespenst
und wird bald hier ankommen.
Vafrillo hat erzählt, Rosinda sei fast tot:
so konnte er das zornige Schwert des grausamen Thisandro von meinem Herzblatt, das mein lebenspendender Hauch ist, ablenken. Jetzt kommt Vafrillo mit dem
leichtsinnigen Gefangenen, der mich gefangen hält, mich der strengen Qual überlässt. Ich versuche mit jedem Mittel,
dieses Leid zu überwinden.
Was meinst du Cillena, wird meine Pein eines Tages ein Ende finden?
CILL.:
Meine Königin, ich hoffe sehr, dich getrö-
stet zu sehen, und dass du von deinem grausamen Liebling geküsst und aber
dal tuo crudel baciata e ribaciata.
Lusinga che prega
distempra il rigor.
Placabile è Amor
bambino si piega.
Lusinga che prega
distempra il rigor.
NEREA:
Lusingare una tigra è vanità,
sempre amare
le bavande Amor ti dà.
CILL.:
Amando si speri
d’haver a gioir.
Tra dolci pensieri
svanisca il martir.
NEREA:
Sperar voglio
d’assaggiar di novo il mel,
ché di scoglio
non ha il petto il mio crudel.
De l’incantato suolo
forza, virtù possente
disanima la gente.
NEREA:
Cadesti, empia, cadesti
ne’ laberinti miei, perfida entrasti.
Tu che mi divoresti
le delitie, i contenti, alfin giungesti
a vomitarli a la vendetta in grembo:
ti minaccia naufragio horrido nembo.
Da le cadute sue
facci il Ciel, facci Amore
de le delitie mie che sorga il fiore.
A quei tuoi svenimenti
svanisca il mio martoro
e provi l’alma amante il secol d’oro
CILL.:
De l’essangue meschina
pietà, pietà, Reina.
mals geküsst wirst.
Eine schmeichelnde Bitte
kann die Strenge erweichen.
Amor lässt sich besänftigen, er ist ein Kind,
das nachgeben kann.
Eine schmeichelnde Bitte
kann die Strenge erweichen.
NEREA:
Vergebens versucht man einem Tiger zu schmeicheln.
Amor bietet immer bittere Getränke an.
CILL.:
Wenn man liebt, muss man immer
auf Freude hoffen.
Süße Gedanken sollen
den Kummer verfliegen lassen.
NEREA:
Ich hoffe, dass ich bald wieder
den Honig kosten werde:
Das Herz meines Lieblings
ist doch nicht hart wie ein Fels.
ACHTE SZENE
Rosinda folgt dem Riesen, der Rudione
gefangen-genommen hat;
sobald sie in den Palast eintritt, fällt sie in Ohnmacht.
Cillena, Nerea, Rosinda
SCENA OTTAVA
Rosinda, seguendo il Gigante che le conduceva
prigione il suo Rudione, appena tocca il limitare
dell’incantato Palagio che tramortita se’n cade
Cillena, Nerea, Rosinda
CILL.:
18
CILL.:
Die Kraft und die starke Macht
dieses verzauberten Ortes
lässt die Menschen in Ohnmacht fallen.
NEREA:
Endlich bist du gefallen, du Frevlerin.
Nun, du Schurkin, bist du in mein Labyrinth eingetreten.
Du hattest verschlungen meine Wonne, meine Freude: Endlich speist du sie wieder heraus in den Schoß der Rache.
Ein schrecklicher Sturm kündigt dein Scheitern an. Möge der Himmel, möge Amor veranlassen, dass nach ihrem Untergang meine Wonne wiederersteht.
Bei deinem Vergehen, soll mein Leiden auch entschwinden und die liebende Seele soll eine goldene Zeit erleben.
CILL.:
Oh Königin, habe Erbarmen
mit der Armen, die leblos daliegt.
NEREA:
Von Königen und in einem königlichen Palast
NEREA:
Tra le Reggie e da Regi
nacque Nerea, non tra Bistonie selve
da immansuete belve:
inferocir non vo’ contro la rea.
la beltà del mio bello
scusa il suo fallo e gl’amorosi errori
scemano i miei rigori.
Vo’ che pena le sia
per gl’atrii e per le sale
infaticabilmente andar vagante
in traccia del Gigante.
Le notitie perdute,
il Colosso cercato
le sembrerà l’amato
e Thisandro il fuggito
per Clitofonte abbraccierà delusa
l’anima ch’è racchiusa
ne’ stupidi soggiorni,
a gl’essercizj suoi la verga torni.
CILL.:
Comincia a respirare,
apre gli occhi e risorge.
ROS.:
Chi m’ha levato il ferro?
Dov’è quel predon, quel villano?
con disarmata mano
l’affogherò. Si cela?
Chi di voi me’l rivela?
Tacete? Se no’l trovo
con il nascoso il loco
farò ch’ardente incenerisca il foco.
wurde Nerea geboren, nicht in den Wäldern,
unter wilden Tieren:
Ich werde nicht gegen die Schuldige wüten.
Die Schönheit meines Geliebten entschuldigt
ihr Vergehen, und Fehler aus Liebe
mildern meine Strenge.
Als Strafe wird sie
rastlos durch die Säle und Flure
des Palastes umherirren,
dem Riesen auf der Spur.
Vollkommen desorientiert,
eingeschlossen in der verzauberten Herberge
wird sie denken, der Riese,
den sie verfolgt, sei ihr Geliebter.
In der Verwirrung wird sie dann den von ihr verlassenen Thisandro umarmen, in der Überzeugung, er sei Clitofonte.
Los, der Zauberstab soll wieder tätig werden.
CILL.:
Sie atmet wieder,
sie öffnet die Augen und steht auf.
ROS.:
Wer hat mir das Schwert genommen?
Wo ist der Räuber, jener Grobian?
Selbst ohne Waffen, mit bloßen Händen
werde ich ihn niederschlagen.
Verbirgt er sich? Wer von euch verrät mir, wo er steckt? Schweigt ihr?
Wenn ich ihn nicht finde, werde ich dafür sorgen, dass das Feuer zusammen mit ihm auch diesen Ort zerstört.
NEUNTE SZENE
Cillena, Nerea
SCENA NONA
Cillena, Nerea
CILL.:
Come rapida corre!
NEREA:
Non può tardar l’arrivo
del mio bel fuggitivo;
avvicinar si deve.
Palpita il cor, l’anima trema e’l sangue
ne le fibre natie fatto è di neve.
Nerea misera langue,
tra la tema e’l desio gela avvampando:
le rigide bellezze e troppo avare
cominciano i sospiri a salutare.
CILL.:
Wie sie rennt!
NEREA:
Bald wird mein Geliebter, der mich verlassen hat, da sein. Er muss schon in der Nähe sein. Mein Herz pocht, die Seele zittert und
das Blut gefriert in den Adern. Die arme Nerea schmachtet: Hin- und hergerissen zwischen Angst und Verlangen erfriert und
entbrennt sie. Die streng und karg gewor-
dene Schönheit wird sich bald von ihrem Kummer verabschieden.
19
ZEHNTE SZENE
Vafrillo, Cillena, Nerea, Thisandro, Clitofonte
SCENA DECIMA
Vafrillo, Cillena, Nerea, Thisandro, Clitofonte
VAF.:
Ecco li prigionieri
a l’immobile passo,
a la ferma attitudine, oh stupore,
non sembrano di sasso?
NEREA:
na.
Che mi vuoi morta? Ohimè rallenta Amore,
non più, rallenta l’arco,
ho di strali novelli il petto carco.
Oh mio dolce spietato, oh mio fugace,
non so come raccorti,
o nemico od amante. A la mia pace
ogn’hor tu guerra apporti,
incessante flagello
sempre, sempre ti provo, oh caro, oh bello.
Per baciar la sua pena
l’alma da’ suoi recessi al labro è giunta,
ma importuna honestà le sgrida e affre-
CILL.:
Animate si sono
queste statue guerriere.
THIS.:
Dov’è, dov’è la spada? Ove mi trovo?
In regie costrutture
non habitan ladroni.
CLIT.:
Ahi che di novo
De la carcere antica,
sfortunato amator calco le porte.
Quest’è Nerea l’abbandonata. Oh forte.
NEREA:
Anco mi negi ingrato
de gl’occhi sprezzatori i rai scortesi?
O pur del tuo peccato,
de la tua fellonia complici resi,
non ardiscon fissarsi
ne la loro tradita?
Luce bella e gradita
ch’in due stelle divisa abbagli i cori,
volgimi i tuoi splendori.
Ti perdono l’offese. Un guardo pio
Il semimorto senso
del magico letargo
da le catene homai si sciolga e sferri.
Raccogliete quei ferri.
VAF.:
Da sind die Gefangenen,
sie stehen da, sie bewegen sich nicht.
Erstaunlich, sehen sie nicht
wie aus Stein aus?
NEREA:
Willst du, dass ich sterbe? Ach, hör auf
mit deinem Bogen zu schießen: Meine Brust
ist mit Pfeilen vollkommen durchbohrt.
Oh mein süßer, erbarmungsloser Verräter,
soll ich dich als Feind, oder als Geliebten empfangen? Du führst immer Krieg
gegen meinen Frieden.
Ständig plagst du mich,
oh Liebster, oh du Schöner.
Um den Grund ihres Kummers zu küssen, ist die Seele aus ihrem Schlupfwinkel zu den Lippen gestiegen, aber der Anstand schimpft eindringlich mit ihr und hält sie zurück. Die durch den magischen Schlaf
betäubten Sinne sollen endlich
von den Ketten befreit werden.
Sammelt die Schlingen ein.
CILL.:
Die steinernen Statuen der Ritter
beleben sich wieder.
THIS.:
Wo, wo ist das Schwert? Wo befinde ich mich?
In königlichen Palästen
wohnen keine Räuber.
CLIT.:
Ach, nochmals betrete ich unglücklicher Liebhaber die Schwelle dieses Gefäng-
nisses. Dies ist Nerea, die ich verlassen habe. Beherrschung!
NEREA:
Oh du Undankabarer! Du verweigerst mir sogar einen Blick deiner unfreundlichen, verschmähenden Augen? Oder wagen sie, Komplizen deines Vergehens und deines Verrats, es nicht, sich zur Betrogenen zu wenden? Schönes Licht, mir so lieb,
das in zwei Sterne geteilt, die Herzen blendet!
Wende mir deine Strahlen zu. Ich vergebe dir deine Fehler. Weiterhin verweigerst du
mir einen wohlwollenden Blick, du Un-
dankbarer? Welch Pein, oh Gott!
20
sconoscente mi neghi? Oh crucio, oh Dio.
CLIT.:
Obligate le luci ad altro oggetto
non voglion, ribellanti,
altro viso mirar ch’il lor diletto.
Contro di me la verga adopra e l’arti,
te l’affermo Nerea,
non posso amarti.
CLIT.:
Meine Augen sind auf jemand anderen gerichtet und sie wollen nicht rebellieren und sich wieder deinem Antlitz zuwenden. Du kannst gegen mich deinen Zauberstab und all deine Zauberkünste anwenden: Ich bestätige es dir, Nerea: Ich kann dich nicht lieben.
ELFTE SZENE
Thisandro, Nerea, Cillena
SCENA UNDECIMA
Thisandro, Nerea, Cillena
THIS.:
Colei che di Corcira
sostien lo scettro è questa
che tra fiamma funesta
per chi mi tolse l’alma arde e sospira?
NEREA:
Così barbaro parti
ti seguiti il mio duolo e non mai stanco,
sempre ti sia con le sue spine a canto.
Prencipe, i nostri pianti
han la vena comune.
Amorose fortune
con egual tirannia
ci avvelenò l’ambrosia, onde, costretti,
toschi in vece di nettare beviamo.
A raddolcir soletti,
queruli i nostri amori, andiamo, andiamo.
THIS.:
Unisoni sospiri,
accordati singulti
fieno i nostri, oh Reina. Amor superbo
con fierezze ridenti
unirà l’armonie de’ cor dolenti.
SCENA DUODECIMA
Cillena
CILL.:
Povero Amor, ciascuno
ti lacera e ti chiama
con barbari epiteti ingiusto Dio,
ti seguo pur anch’io,
né tal ti provo, anzi di te mi lodo.
Lascio chi non mi vuole e così godo.
Mi spiace sol, mi spiace
d’essermi qui ridotta
tra gl’eremi e tra i sassi a viver casta.
Mi tormenta e contrasta
THIS.:
Ist dies etwa die Königin von Corcira?
Die in unheilbringenden Liebesflammen entbrennt und für denjenigen schmachtet, der mir meine Seele gestohlen hat?
NEREA:
(zu Clitofonte) So verlässt du mich, du Grausamer! Dich soll mein Schmerz ver-
folgen, stets soll er dich begleiten und sticheln. (zu Thisandro) Prinz, unsere Tränen fließen gemeinsam. Das Liebesglück anderer hat grausam unsere Ambrosia (Götterspeise: Liebeswonne A.d.Ü.)
vergiftet: so sind wir gezwungen, Gift statt Nektar zu trinken. Gehen wir, einsam und
allein beweinen wir unseren Liebeskummer und versuchen, ihn zu versüßen. Gehen wir.
THIS.:
Königin: unser gemeinsames Schluchzen und unsere Seufzer werden uns vereinen.
Der hochmütige Amor wird mit einem grausamen Lächeln, zwei schmerzerfüllte Herzen in Einklang bringen.
ZWÖLFTE SZENE
Cillena
CILL.:
21
Armer Amor, jeder schimpft mit dir und nennt dich mit beleidigenden Worten einen ungerechten Gott. Ich unterliege dir auch, aber ich empfinde es anders, ich lobe dich sogar. Ich kümmere mich nicht darum, wer mich nicht will, und so genieße ich. Mir tut
nur meine jetzige Lage hier wirklich Leid:
Keusch auf einer öden, steinigen Insel leben zu müssen. Das lüsterne Verlangen
in meiner Brust quält mich und verwirrt mich. Ich finde hier niemanden mit dem
il lascivo desio ch’in petto io covo.
Con chi sfogare il pizzicor non trovo.
De le soglie incantate
più d’un spirto ministro
con mentite vaghezze alletta i sguardi.
Affè getto i riguardi
se tardo su’l deserto e col periglio
de la sua lunga coda ad un m’appiglio.
ich meine Lust befriedigen kann. In diesem verzauberten Palast lockt mehr als einer der hier dienenden Geister meine Blicke mit verführerischem Reiz an. Wenn ich hier länger bleibe, werde ich wahrhafig jeden Anstand vergessen und mich unter Gefährdung seines langes Schwanzes an einen dieser Geister klammern.
DREIZEHNTE SZENE
Aurilla
SCENA DECIMATERZA
Aurilla
AURIL.:
Castigar lo voglio affè.
Più leggiero
del pensiero
sempre sta,
sempre va lungi da me.
Castigar lo voglio affè.
So ben io come si fa
ne l’amare
a domare
crudo cor,
schernitor de la beltà.
So ben io come si fa.
Qui con Vafrillo il bello
mi condusse di Corte
dentro nube volante
la maga mia, la mia Reina amante.
Ei si smarrì, né sorte
ho di trovarlo e pure
tutta ripiena d’amorose cure
il passo affaticando,
lo vò, lo vò cercando.
Se crede il ribaldello
con maniere ritrose
spezzarmi il core a colpi di martello,
in vece di schernir sarà schernito.
Egli è bene scaltrito,
m’anch’io, se non m’inganno,
semplicetta non sono,
s’alcun me la sa fare, io gli perdono.
Fanciulla anco mi vanto
ne l’arti astute addottorar scolari
e giocondo in Amor vincer dal pari.
Sen viene il vagabondo
e discorre tra sé.
Per udir ciò che dice
vo’ qui in disparte ritirar il piè.
AURIL.:
22
Ich möchte ihn ganz und gar bestrafen.
Leichter als die Gadanken ist er und er geht immer von mir fort.
Ich möchte ihn ganz und gar bestrafen.
Ich weiß ganz genau
wie in der Liebe
ein grausames Herz,
das seine Schöne missachtet,
zu bezwingen ist.
Ich weiß es ganz genau.
Mit dem schönen Vafrillo
hat mich meine Königin, meine Zauberin
vom Königshaus in einer fliegenden Wolke
hierhin gebracht.
Ich habe ihn verloren
und finde ihn nicht,
obwohl ich mich,
verliebt und in Sorge,
bemühe, ihn überall zu suchen.
Wenn der Widerspenstige denkt, mich zu
verschmähen und mir mit seiner
schlimmen Art wie mit Hammerschlägen
das Herz zu brechen, dann wird er, andersherum von mir verschmäht werden.
Er ist ein schlauer Bursche, aber wenn ich mich nicht irre, bin ich auch nicht dumm.
Wenn einer mich zu übertrumpfen weiß, kann ich passen.
Obwohl ich noch ein Mädchen bin,
kann ich mit Stolz sagen,
dass ich, was Schlauheit betrifft, manche unterrichten kann und in dem Liebesspiel gewinnne. Da kommt gerade der Vaga-
bund und spricht mit sich.
Um zu hören, was er sagt,
werde ich mich hier verstecken.
VIERZEHNTE SZENE
Vafrillo, Aurilla beiseite
SCENA DECIMAQUARTA
Vafrillo, Aurilla in disparte
VAF.:
Povere donne mie,
Amor quante pazzie vi sforza a far.
Di rado v’accendete,
ma quando poscia ardete,
siete troppo tenaci in adorar.
Povere donne mie,
Amor quante pazzie vi sforza a far.
Mille leggiadri amanti
non saranno bastanti a farvi amar.
Al fine un solo è buono,
postevi in abbandono,
i disprezzi di tanti a vendicar.
Povere donne mie,
Amor quante pazzie vi sforza a far.
Abhorrendo la Reggia,
senza decoro, a guisa di Baccante,
le bella delirante
i rimedi che sa
prova per ritenere il fuggitivo
che posto d’altra amante in libertà
è dell’amor primiero e sano e privo.
Per farci correr dietro
vi vuol la rigidezza, oh donne care,
e bisogna con voi l’asprezza usare.
È spedito chi prega;
la vostra ostination vie più s’indura:
Per renderla matura
non vi vogliono impiastri e lenitivi,
l’ammollisce il rigore
e spesso in legno in voi ritrova Amore.
Come il focil trahe da la pietra il foco,
così da voi, più de le pietre dure,
pon le fiamme destar le battiture.
Vo’con Aurilla anch’io
fingermi rigidetto, acciò maggiore
in lei cresca il desio, sorga l’ardore;
vo’scolorir le sue sembianze belle.
AURIL.:
Sì, sì, t’accorgerai s’io son di quelle.
VAF.:
Eccola apunto. Voglio
finger di non vederla e per mio gioco
far che giaccio geloso
cada sopra il suo foco.
VAF.:
Meine armen Frauen,
wie viele Dummheiten begeht ihr aus Liebe!
Selten entbrennt ihr, aber dann,
wenn ihr voll Liebesfeuer seid,
seid ihr in der Anbetung zu hartnäckig.
Meine armen Frauen, wie viele Dumm-
heiten begeht ihr aus Liebe!
Tausende von schönen Liebhabern wer-
den nicht genügen, euch zum Lieben zu bringen. Dann aber ist ein einziger in der Lage, nachdem er euch bezwungen hat, eure ganze Verachtung den Männern gegenüber zu rächen. Meine armen Frauen, wie viele Dummheiten begeht
ihr aus Liebe! Die schöne Nerea, ganz verwirrt, verlässt den königlichen Palast ohne ihr Gewand, eher wie eine Bacchan-
tin, und wendet alle Zauberkünste an, die sie kennt, um den geflohenen Liebhaber wiederzugewinnen, der sich wegen einer anderen Frau frei fühlt, von der ersten Liebe gelöst und geheilt. Damit wir hinter euch her sind, sollt ihr, meine lieben
Frauen, mit uns streng sein, und wir dagegen sollten mit euch hart umgehen. Wer bittet ist verloren: Eure Hartnäckigkeit
wird dadurch noch schlimmer. Um sie zu
erweichen, braucht man nicht spezifische Heilmittel: Man braucht nur Strenge und oft findet ihr erst mit einer Tracht Prügel wieder zur Liebe. So wie der Feuerstahl aus
Stein Feuer entstehen lässt, so können ordentliche Schläge aus euch, die ihr härter als Steine seid, Liebesfeuer entstehen lassen.
Ich will mich auch mit Aurilla streng zeigen,
damit ihr Verlangen nach mir, ihre Leiden-
schaft noch größer werden. Ihr schönes Antlitz wird erblassen.
AURIL.:
Ja, ja, das wirst du schon sehen.
VAF.:
Da kommt sie gerade. Ich will so tun,
als ob ich sie nicht gesehen habe und aus Spaß ihr Liebesfeuer mit dem Eis der
Eifersucht abkühlen.
AURIL.:
Sehen wir mal, was er sagt.
23
AURIL.:
VAF.:
Udrem ciò che sa dir questo ritroso.
È ben più che stolto
chi adora un sol volto,
io dieci ne vo’.
Per una sola mai non arderò.
Certo, certo, m’ha inteso.
AURIL.:
Ei m’ha veduto
e canta in questa guisa,
voglio in sagacità vincer l’astuto.
VAF.:
Non vo’ ch’il mio bene
sia posto in catene
d’alcuna beltà.
Voglio amare e godere in libertà.
Tormentoso sospetto
le dee gelare il petto.
AURIL.:
Aurilla a te. Sen cada
morto a tuoi piè costui da la sua spada.
Se crede alcun ch’amore
alberghi nel mio seno, egl’è in errore.
Son falsi martiri,
son finti sospiri,
è voce mentita,
mio spirto, mia vita.
Se crede alcun ch’Amore
alberghi nel mio seno, egl’è in errore.
VAF.:
Wer nur eine Frau liebt,
ist wirklich dumm:
Zehn will ich haben.
Nie werde ich nur für eine Frau entflammen.
(Sie hat mich sicher gehört).
AURIL.:
Er hat gemerkt, dass ich da bin und
deswegen singt er so.
Ich will schlauer sein als dieser Schlaumeier.
VAF.:
Ich will nicht, dass mein Glück
von einer Schönen
eingekettet wird.
Frei möchte ich lieben und genießen.
(Ein quälender Verdacht
lässt sicher ihr Herz erfrieren.)
AURIL.:
(Aurilla, du bist dran. Geschlagen durch seine eigenen Waffen, wird er tot zu deinen Füßen liegen.) Wenn jemand denkt, dass in meinem Herzen Platz für die Liebe sei, täuscht er sich. Die Liebesqual ist vorgetäuscht, vorgetäuscht sind die Seufzer, wenn ich sage »Oh du meine Seele, oh du mein Leben« ist es eine Lüge. Wenn jemand denkt, dass in meinem Herzen Platz für die Liebe sei, täuscht er sich.
VAF.:
Oh weh! Was sagt sie?
AURIL.:
(Der Arme fällt schon verletzt zu Boden.)
Wenn jemand denkt, dass ich in meinem
Herzen Liebesfeuer verberge, täuscht er sich. Aus Spaß liebe ich, wenn ich dem Liebhaber von meiner Hoffnung, von meiner Liebesflamme, meinem Glück erzähle, mache ich mich über ihn lustig.
Wenn jemand denkt, dass ich in meinem Herzen Liebesfeuer verberge, täuscht er sich.
VAF.:
Aurilla, guten Tag.
VAF.:
Ohimè costei che dice?
AURIL.:
Cade trafitto homai questo infelice.
Se pensa alcun ch’in core
nutri incendio amoroso, egl’è in errore.
Per scherzo amoreggio,
l’amante beffeggio,
con dirli mia spene,
mia fiamma, mio bene.
Se pensa alcun ch’in core
nutri incendio amoroso, egl’è in errore.
VAF.:
Aurilla addio.
AURIL.:
Vafrillo, du hier!
AURIL.:
Vafrillo!
VAF.:
Così, così ti vanti
di schernire gl’amanti?
VAF.:
Auf diese Art und Weise rühmst du dich,
die Liebhaber zu verspotten?
AURIL.:
Ich wäre wirklich dumm,
wenn ich wahrhaftig lieben würde:
24
AURIL.:
Sarei ben senza senno
ch’amassi da dovero:
non ho così leggiero,
pargoletto mio bello,
il core ed il cervello.
VAF.:
E pur con queste voci amorosette
beffeggiando mi vai.
AURIL.:
Son tanto avvezza
a mentir parolette ed adulare,
che senza lusingar non so parlare.
VAF.:
Oh falsa speme mia, misero me.
Derelitto da te,
Vafrillo che farà?
AURIL.:
Altra ritroverà
che più sinceramente
li sanerà cortese il cor languente.
Feci patto con Cupido
di piagar senz’ardor mai
sempre vezzi falseggiar
de gl’amanti io me ne rido.
Se non è morto more
il finto rigidetto,
il vantatore.
A domar questi tiranni
de la nostra libertà,
belle mie così si fa.
VAF.:
Udì certo costei
i miei proponimenti
ch’erano d’ingelosirla e questi accenti
forma, imitando i miei
per vincermi in rigore e in gelosie;
d’accortezze natie
forz’è che io lo confessi,
donne ci superate e il vostro ingegno
sol di far star gl’amanti aspira al segno.
Ma placherò ben io
l’alterato cor mio.
Queste comuni e simulate asprezze
ci condiranno i baci e le dolcezze.
Mein süßer Kleiner,
mein Herz und mein Verstand
sind nicht so unvernünftig.
VAF.:
Und doch verhöhnst du mich
mit süßen Liebesworten.
AURIL.:
Ich bin es so gewohnt,
zu lügen und zu schmeicheln,
dass ich ohne dies nicht reden kann.
VAF.:
Oh verlorene Hoffnung, oh ich Armer.
Von dir verlassen,
was wird Vafrillo tun?
AURIL.:
Er wird eine andere finden, die freund-
licher und ehrlicher ist und ihm das gebrochene Herz wieder heilen wird.
Ich habe mit Cupido eine Abmachung: Er kann mich mit seinen Liebespfeilen verwunden, aber ohne dass ich aus Liebe entbrenne. Ich täusche Liebe vor,
ich lache die Liebhaber aus.
(Wenn der Strenge, der Prahler, noch nicht tot ist, wird er es bald sein.
So macht man es, meine schöne Frauen, wenn man diese Tyrannen unserer Frei-
heit zähmen will.)
VAF.:
(Sie hat bestimmt mein Vorhaben,
sie eifersuchtig zu machen, gehört
und sie macht mir jetzt nach, wenn sie
so etwas sagt. So will sie mich über-
trumpfen was Strenge und Eifersucht angeht. Ich muss gestehen:
Was angeborene Schlauheit betrifft
seid ihr Frauen besser als wir Männer und euer Wesen hat nur als Ziel, die Liebhaber zu bezwingen.
Aber ich weiß schon wie ich mein aufgebrachtes Herz beruhigen kann. Die von
uns beiden vorgetäuschte Strenge wird
uns zu Küssen und zu Zärtlickeit führen.)
FÜNFZEHNTE SZENE
Rudione, Vafrillo
SCENA DECIMAQUINTA
Rudione, Vafrillo
RUD.:
25
Ach weh, ich bin verloren.
Das Unglück verfolgt mich von Neuem.
RUD.:
VAF.:
Ohimè non ho più scampo,
Ne la disgratia mia di nuovo inciampo.
C’hai tu? Di che paventi?
RUD.:
Io credea che tu fossi
quell’horrendo Gigante e maledetto.
Mi torna il cor nel petto.
VAF.:
Di poco al meno errasti,
t’ingannò la statura.
Ma dentro quelle mura
che fai, chi sei,
che cerchi e come entrasti?
RUD.:
Son scudier di Rosinda,
qui da la spiaggia, qui
mi condusse un Gigante e cerco alcuno
che ristori e che cibi il mio digiuno.
Cado, non ho più lena,
la fame ohimè m’uccide,
s’a mangiar son sfidato,
io vinco Alcide.
VAF.:
Non temer, vo’ satiarti;
olà, quivi arrecate
vivande a l’affamato,
condite, numerose e delicate.
RUD.:
Ich dachte, du seist dieser schreckliche Riese, verflixt nochmal!
Ich kann wieder atmen.
VAF.:
Du hast dich nur geringfügig getäuscht:
Die Größe hat dich irregeführt.
Aber was machst du hier in dem Palast, wer bist du, was suchst du und wie bist du hereingekommen?
RUD.:
Ich bin Rosindas Knappe, hierhin, hat mich der Riese geschleppt und ich suche jemanden, der mir Labung und Nahrung gegen meinen Hunger geben kann.
Ich falle um, ich habe keine Kräfte mehr,
der Hunger bringt mich um, wenn ich am Esstisch heraugefordert werde, bin ich einem Herkules überlegen.
VAF.:
Keine Angst, ich werde dich satt machen.
He da, bringt reichliche Speisen für den Verhungerten, sie sollen gut zubereitet und delikat sein.
RUD.:
Rallegrati mia gola,
ventre mio ti consola,
per letitia gridate
semivive budelle.
Oh vivande mie belle
tanto desiderate,
voi siete il mio ristoro,
vi prendo e vi divoro.
Erfreue dich, mein Schlund,
tröste dich, mein Bauch,
schreit aus lauter Freude,
oh meine schon fast toten Gedärme.
Oh mein schönes Essen,
so sehr ersehnt,
du bist meine Labung,
ich greife zu und verschlinge es.
Aus den Schalen der Zwerge kommen feuerspeiende,
schreckliche Schlangen, die den armen Verhungerten zur
Flucht zwingen.
In questo escono dalle coppe de’ Nani
spaventevoli serpi, quali vomitando fuoco,
necessitano alla fuga il povero affamato.
VAF.:
Was hast du? Wovor hast du Angst?
SECHZEHNTE SZENE
Es erscheinen sechs Zwerge, die sich mit mit Speisen
gefüllten Schalen dem Rudione nähern
Rudione, Vafrillo, Chor der Zwerge
SCENA DECIMASESTA
Appariscono sei Nani e s’accostano con
sei coppe ripiene di varie vivande a Rudione
Rudione, Vafrillo, Choro di Nani
RUD.:
VAF.:
VAF.:
Ah, ah. Vo’ seguitare
il deriso meschino e da dovero
farlo, farlo cibare.
Ah, ah. Ich werde dem armen
Verspotteten folgen und ihm dann wirklich etwas zu Essen geben.
Wenn Vafrillo abgegangen ist, beginnen die Zwerge zu tanzen.
Partito Vafrillo, i Nani intrecciano un ballo
ENDE DES ZWEITEN AKTES
26
FINE DEL SECONDO ATTO
DRITTER AKT
ATTO TERZO
ERSTE SZENE
Rosinda
SCENA PRIMA
Rosinda
ROS.:
Onde partij ritorno.
Qual di questo soggiorno
latebra a me ti cela,
O codardo ladrone?
Timido, la tenzone
con disarmata vergine paventi?
Senti il mio grido, senti.
Mi caverò l’usbergo,
mi trarrò l’elmo, getterò lo scudo
e con il corpo ignudo,
coperto solo quanto honestà richiede,
in singolar steccato
entrerò teco, esci pur, esci armato.
Anco non vieni e temi
vilissimo assassino? O che morrrai
ne le tane profonde
ove viltà ti asconde,
o ch’io ti sbranerò. Si vasta mole
piena di codardia tolgasi al sole.
SCENA SECONDA
Thisandro, Rosinda
THIS.:
Rosinda l’incostante, ohimè Rosinda.
ROS.:
Oh de la vita mia vita immortale.
Ti fé la mia tardanza
temer d’infausto evento,
onde, dolce tormento,
seguisti addolorato
l’orme del piede amato.
THIS.:
Clitofonte mi crede,
l’incanto la delude.
Oh bellezze mie crude,
dov’è l’antica fede?
ROS.:
Non può chi si nasconde
inciampar nella morte,
si trionfa del forte.
Fugace e sbigottita
sempre da me seguita
fu quella belva humana,
ROS.:
Ich kehre an dieselbe Stelle zurück,
an der ich losgegangen bin.
Welches Versteck dieser Herberge
verbirgt dich, oh du feiger Räuber?
Ängstlich fürchtest du den Kampf
mit einem entwaffneten Mädchen?
Höre meinen Schlachtruf, höre ihn.
Ich werde meine Rüstung und meinen Helm
ablegen, meinen Schild werde ich abwerfen
und mit dem entblößten Körper,
bedeckt nur wie es Anstand verlangt,
trete ich ins Kampfgehege mit dir.
Komme nur, komme heraus mit deinen Waffen. Zeigst du dich nicht, du furcht-
samer, feiger Verbrecher? Entweder wirst du sterben in deinem tiefen Versteck,
da wo deine Feigheit dich verbirgt, oder ich werde dich zerstückeln. Man soll diese riesige, nur durch Feigheit gefüllte Masse aus der Welt schaffen.
ZWEITE SZENE
Thisandro, Rosinda
THIS.:
Rosinda, die Untreue, ach Rosinda.
ROS.:
Oh du unsterbliches Leben meines Lebens.
Meine Verspätung
ließ dich Schlimmes befürchten
und deswegen, oh du meine süße Qual,
bist du kummervoll
den Spuren deiner Geliebten gefolgt.
THIS.:
Sie glaubt, ich sei Clitofonte,
die Zauberei täuscht sie.
Oh meine grausame Schöne,
wo ist die alte Treue geblieben?
ROS.:
Wer sich versteckt, kann nicht
dem Tod begegnen
und triumphiert über den Stärkeren.
Dieses Biest, auf der Flucht, voll Angst
und von mir stets verfolgt, ist hier eingetreten, aber ich weiß nicht, wo es sich versteckt. Aber jetzt kommst du, meine schöne Seele, um mir mit deinen
27
entrò qui, né so dove ella s’intana.
Ma tu lo spirto lasso
con la gemina stella,
a ristorar ne vieni, anima bella.
THIS.:
Già ch’a Thisandro Amore,
con barbaro rigore,
fuggitivo li rende il suo piacere,
vuol come Clitofonte almen godere.
Non potea,
vaga Dea,
il mio core
star disgiunto
dal suo centro e dal suo punto.
Disse Amore
che là solo,
pien di duolo
mi scorgé:
»Che fai qui? Segui il mio piè.«
Così scorto io vengo a te.
ROS::
Mio bel fato,
sospirato
caro arrivi.
Co’ tuoi soli
mi rallegri e mi consoli,
sempre vivi
scintillanti
e brillanti
sien per me quei splendori e di mia fe’
le delitie e la mercé.
SCENA TERZA
Clitofonte, Rosinda, Thisandro
CLIT.:
ROS.:
schönen Augen in meiner Ermattung
Labung zu geben.
THIS.:
Thisandro will sich, da Amor ihm
mit barbarischer Strenge
seine Freude entwendet,
wenigstens als Clitofonte erfreuen.
Schöne Göttin,
mein Herz
konnte nicht
weiter von seinem Mittelpunkt
getrennt bleiben.
Amor, der mich
dort allein
und voll Kummer sah,
sagte zu mir:
»Was machst du hier? Folge mir.«
So komme ich, von ihm geführt, zu dir.
ROS.:
Mein Glück,
so sehr ersehnt,
Liebling, da bist du.
Allein mit deinen Augen,
bist du für mich Freude und Trost.
Deine glänzenden Augen
sollen für mich
stets lebhaft
und strahlend sein,
Wonne und Belohnung
für meine Treue.
DRITTE SZENE
Clitofonte, Rosinda, Thisandro
CLIT.:
Und du, Clitofonte, fällst nicht auf der Stelle um?
Der Kummer tötet dich nicht?
Deine untreue Schöne
umarmt schmeichelnd und geschmeichelt
deinen Rivalen? Oh welch undankbarer Betrug!
ROS.:
Ecco il Gigante indegno, ecco il rapace.
Ladron sì tardi, audace?
Così di pigro ardire
armi quel petto infame?
Preparati a la pugna ed al morire
Dov’è la tua rapina?
Ov’è lo mio scudiero,
Da ist der schändliche Riese, der Räuber.
Du frecher Schurke, so lange hast du gezögert?
So lahm ist in deiner infamen
Brust dein Mut?
Bereite dich zum Kampf und zum Tod,
Wo ist deine Beute? Sag, du unwürdiger Mann,
eher einem verbrecherischen Weib ähnlich:
Wo ist mein Knappe?
Non cadi Clitofonte?
L’angoscia non t’uccide?
Le tue bellezze infide
abbraccian lusinghiere e lusingate
il tuo rivale? Ah traditrici ingrate.
28
huomo non già, ma femina assassina?
THIS.:
Di nuovo delirante,
le sembra Clitofonte
il cercato Gigante.
CLIT.:
Ah Rosinda, Rosinda,
qual, qual tartareo oblio
la conoscenza mia ti sommergé?
La memoria dov’è
de’ nostri dolci amori, idolo mio?
ROS.:
Da lo sdegno costui mi tragge il riso
Chi sei tu?
CLIT.:
Clitofonte.
Colui che mai da te parte indiviso.
ROS.:
Ah, ah, ah, eh, si finge
te, mio foco, il fellone.
Conoscer non ti dee,
perché la pena
non mandi il ferro a far grondar la vena.
THIS.:
Lasciam questo codardo:
non si lordi la mano
di sangue sì villano.
ROS.:
No, no, non fuggirai
per mentir personaggio estremi i guai.
CLIT.:
Eccomi genuflesso,
tua crudeltate appaga.
THIS.:
Il vuoi più vile? Andiamo.
Libero colà parmi
Rudione veder.
ROS.:
Sì, sì partiamo.
Ah, ah, la codardia
tiene in quel seno il trono
e spiega le sue insegne. A lei lo dono.
Wieder in ihrem Delirium,
sieht sie in Clitofonte
den gesuchten Riesen.
CLIT.:
Ach Rosinda, Rosinda,
welch teuflische Vergesslichkeit
lässt dich mich nicht wiedererkennen?
Mein Liebling, wo ist die Erinnerung unserer süßen Liebe?
ROS.:
Vor lauter Empörung bringt mich dieser Kerl hier zum Lachen. Wer bist du?
CLIT.:
Clitofonte,
Derjenige, der dich immer begleitet.
ROS.:
Ah, ah, ah, mein Geliebter, dieser Verräter hier behauptet, du zu sein. Be
stimmt kennt er dich nicht, sonst würde
er fürchten, dass dein Schwert als Strafe für seine Frechheit das Blut aus seinen Adern fließen lässt.
THIS.:
Lassen wir diesen Feigling:
besudeln wir nicht unsere Hände
mit so widerwärtigem Blut.
ROS.:
Nein, nein, du wirst dich nicht den bitteren Folgen deines Betruges entziehen.
CLIT.:
Ich knie vor dir nieder:
befriedige deine Grausamkeit.
THIS.:
Noch niederträchtiger willst du ihn sehen? Gehen wir. Dort glaube ich, Rudione zu sehen: Er ist wieder frei.
ROS.:
Ja, ja, gehen wir.
Die Feigheit herrscht ganz und gar in dieser Seele und dieser Feigheit übergebe ich ihn.
VIERTE SZENE
Clitofonte
SCENA QUARTA
Clitofonte
CLIT.:
THIS.:
CLIT.:
Ove vai? Torna, senti,
magica verga, bella mia, t’accieca.
Fantasmi fraudolenti
29
Wo gehest du hin? Kehre zurück, höre,
oh meine Schöne, der Zauberstab hat dich blind gemacht.
Trügerische Erscheinungen
verändern die Realität.
ti mutano li oggetti.
I sviscerati affetti
ch’amano Clitofonte
son da larve ingannati.
Voi, voi Cieli, voi Fati
queste de gl’empij abissi
sceleragini emormi acconsentite?
Fiera Nerea ti eclissi,
astro vendicativo, ogni contento
e come martirizzi il mio diletto,
con le ceraste sue ti sferzi Aletto.
Die leidenschaftlichen Gefühle,
die du für Clitofonte empfindest,
sind von Gespenstern getäuscht.
Oh Himmel, oh Schicksal,
ihr lasst diese ungeheuerliche Ruchlosigkeit der boshaften Hölle zu?
Grausame Nerea, wie ein rachsüchtiger Stern bist du: Jede Freude soll dir vorenthalten bleiben. So wie du meine Freude quälst, soll dich Alekto (eine der
Furien A.d.Ü.) mit Schlangen peinigen.
FÜNFTE SZENE
Nerea, Clitofonte, Cillena
SCENA QUINTA
Nerea, Clitofonte, Cillena
NEREA:
Dettami parole,
amorosa facondia, onde poss’io
del ribellante mio
stemprar nel cor ferino,
con la lingua di foco, il ghiaccio alpino.
CLIT.:
Vedila Clitofonte.
Fuggi le sue lusinghe ed i suoi vezzi
dispera con i sprezzi.
NEREA:
Ferma, arresta quel piede
oh nobile macigno,
volubile tu l’hai come la fede.
Non partirai crudele
pria che di mie querele
non odi il suon dolente e che non senti
l’aspra tua ferità ne’ miei lamenti.
CILL.:
Disdegnoso la mira.
CLIT.:
Che dirai, sempre infesta a la mia pace?
Arsi un tempo per te, smorzai la face,
l’accesi ad altro foco e te lasciai.
Questi sono i tuoi lai.
Odimi: quel tuo pianto
non può risuscitar fiamma ch’è spenta,
né il mormorato incanto
può dar la vita ad un estinto ardore,
saggia chiudi la piaga e sana il core.
NEREA:
Liebevolle Beredsamkeit soll mir
die richtigen Worte einflüstern,
damit ich das Eis im grausamen Herzen meines Rebellen mit feuriger Zunge
zum Schmelzen bringen kann.
CLIT.:
Da ist sie, Clitofonte.
Fliehe vor ihrer Schmeichelei! Durch deine Verachtung soll ihr Reiz jede Hoffnung verlieren.
NEREA:
Halt an, bleib stehen, hart wie Stein bist du
und dein Fuß ist beweglich und schnell,
so wie deine Treue wankelmütig ist.
Oh du Herzloser, du wirst nicht fortgehen ehe du meine schmerzvollen Klagen erhörst hast und durch sie
deine Grausamkeit begreifst.
CILL.:
Er schaut sie verächtlich an.
CLIT.:
Lass mich endlich in Ruhe, was wirst du schon sagen? Einst habe ich dich geliebt, doch die Liebesfackel ist erloschen, ich habe sie an einem anderen Feuer angezündet und dich habe ich verlassen.
Dies ist dein Wehklagen. Hör zu: Deine Tränen können nicht die alte Liebe wiederbeleben und deine Zauberformeln kön-
nen nicht erloschene Leidenschaft wieder-
erwecken. Sei vernünftig: Heile deine Wunde und dein Herz.
CILL.:
Die Arme vergießt noch mehr
warme Tränen.
30
CILL.:
NEREA:
Raddoppia la meschina
le calde lagrimette.
Ch’io non t’ami, spietato?
La ragion non ha fiato
per smorzar quell’incendio aspro e vorace
che nel mio petto infuso
per le vene mi serpe. Egra ricuso
la sanità. Più tosto
che abbandonarti, oh disperata spene,
voglio amarti ne l’odio e ne le pene.
Vieni, vieni in questo seno
che sereno
già t’accolse entro il suo latte.
Le sue, caro, mamme intatte
se già manna a te stillaro
da quei fini
lor rubini,
vo’ che ambrosia hor ti zampillino.
Sii tranquillino
mio placato e bel Polluce,
le mie sorti a la tua luce.
CLIT.:
Lusinghevol Sirena,
credi indarno allettarmi;
molli verran pria che mi adeschi i marmi.
SCENA SESTA
Cillena, Nerea
NEREA:
CILL.:
Così parti sprezzante?
Il fulmine ti segua,
scaglialo dal tuo soglio, oh gran Tonante.
Lassa, lassa chi nuoco?
Il castigo di foco
trattien, trattien Signore.
L’amato traditore
m’offenda pure ardito,
inoffeso sen vada ed impunito.
Amor fulmina, Amor del suo misfatto
e consiliero e sprone:
sia l’iniquo Garzone
confinato a girarsi eternamente
su l’orbe d’Ision tristo e dolente.
Non ti smarrir, Reina,
tra le repulse, ho speme
di vederti a gioir l’alma che geme.
NEREA:
Mitleidloser, du verlangst, dass ich dich nicht mehr liebe?
Die Vernunft schafft es nicht,
dieses wütige, sehnsüchtige Feuer,
das in meine Brust eindrang und
durch alle Adern strömt, zu löschen.
Ich will nicht von meiner Krankheit geheilt werden.
Oh meine hoffnunglose Hoffnung, ehe
ich dich aufgebe, will ich dich trotz Hass und Kummer lieben.
Komm, komm an meinen Busen,
der dich schon friedlich
in seiner schneeweißen Reinheit empfing.
Liebling, ich möchte, dass jene Brüste,
die dir schon Labung waren, aus ihren feinen Rubinen dir nun Ambrosia schenken.
Beruhe dich, entspanne dich,
mein schöner Pollux: Du bist mein Glück.
CLIT.:
Schmeichelhafte Sirene, vergebens glaubst du, mich zu verlocken: ehe wird der Marmor weich, als dass ich mich einfangen lasse.
SECHSTE SZENE
Cillena, Nerea
NEREA:
So verachtest du mich?
Der Blitz soll dich treffen!
Jupiter, wirf ihn von deinem Thron.
Ach ich Elende, wem will ich Schlimmes zufügen?
Herr, halt an, halte die feurige Strafe an.
Der dreiste, geliebte Verräter,
der mich beleidigt,
soll heil und unbestraft gehen.
Amor sollst du mit deinem Blitz bestrafen,
Amor, den Ratgeber und Ansporn zu Clitofontes Missetat.
Der ungerechte Jüngling soll verbannt
und verurteilt werden, sich ewig herumzutreiben auf dem traurigen und
kummervollen Ision.
CILL.:
Meine Königin, verirre dich nicht wegen seiner Zurückweisung. Ich hoffe, dass deine leidende Seele sich bald erfreuen wird.
31
SIEBTE SZENE
Meandro, Nerea, Cillena
SCENA SETTIMA
Meandro, Nerea, Cillena
MEAN.:
Penitente offensore,
rubello supplicante
vedi al tuo piè prostrato, alta Regnante.
CILL.:
Quest’è Meandro il saggio.
MEAN.:
A medicar l’oltraggio
con salubre licore a te ne vegno;
da l’amoroso regno
fuggito e de la fiamma
che tra le brine de l’etade il seno
m’ardea per te, libero e sano a pieno.
NEREA:
La reale indulgenza
ti cancella l’offese,
si dimentica i torti.
Ma qual rimedio al mio languire apporti?
MEAN.:
Rosinda e Clitofonte
de la schitica fonte
smorzar, libate l’acque, il foco antico
e suscitaro in loro altro desio.
Tra i Garamanti è un rio
che con contrarij effetti
raviva i spenti affetti.
L’onda ch’è qui racchiusa
là per giovarti io colsi e a te la porto,
vedrai sorgente il tuo piacer ch’è morto.
Torna a Rosinda il senno,
riverita mia figlia,
e vedrai meraviglia.
NEREA
Letitia e giubilo
cessate gl’impeti,
non uccidetemi,
il cor che debile
non può resistere.
Lagrime torbide,
sospiri languidi,
io vi licentio:
non più di assentio
beverò i calici,
ché del mio stratio
MEAN.:
Erhabene Königin, ein Beleidiger,
der bereut, ein Rebell, der dich anfleht, kniet vor deinen Füßen nieder.
CILL.:
Es ist der weise Meandro.
MEAN.:
Ich komme zu dir, um mit einem Mittel
die Schmähung, die du erlitten hast, wiedergutzumachen.
Ich bin aus dem Reich der Liebe geflohen
und bin ganz und gar befreit von jener Liebesflamme, die in meinem eisigen Alter für dich entbrannte.
NEREA:
Die königliche Gnade
vergibt die Verletzungen,
vergisst die Kränkungen.
Aber welch Heilmittel gegen mein Leiden bringst du mir?
MEAN.:
Rosinda und Clitofonte
tranken das Wasser der schitischen Quelle:
Danach war die alte Liebe ausgelöscht
und sie empfanden ein neues Verlangen.
Bei den Garamanten gibt es einen Bach
mit einem Gegenmittel, das die alten Gefühle wieder entstehen lässt.
Um dir zu helfen, habe ich von dort dieses
Wasser hier genommen und gebe es dir.
Deine ausgelöschte Freude wird
zurückkehren. Rosinda wird sich wie-
der besinnen und du, meine verehrte Tochter, wirst Wunder erleben.
NEREA:
Freude, Frohlocken,
seid nicht so heftig,
bringt mich nicht um.
Das schwache Herz
hat kaum Kraft.
Trübe Tränen,
schmachtende Seufzer,
ich verabschiede euch:
Ich werde nicht mehr
aus mit Gift gefüllten Kelchen trinken:
Amor hat von meiner Qual
endlich genug.
32
SCENA OTTAVA
Cillena
CILL.:
Gioirà la Reina,
io penerò,
mi saranno amarezze
le sue care dolcezze,
oggetti tormentosi ogn’hor vedrò.
Ma no, di che m’affanno?
Clitofonte e Nerea pacificati
i scogli lascieranno.
Io rivedrò la Reggia,
antico nido
de’ miei dolci piaceri,
ove passo le notti e i giorni interi
con più di un mio Cupido
in lascive assemblee.
Non più timore:
ritorneremo a’ nostri lussi, oh core.
Bellezze incoltivate
il vostro fasto ornate,
accrescete con l’arte i vostri lampi,
chi vi rimira avvampi.
Giunte ne la città
incatenate, ardete,
la mia necessità voi, voi sapete.
Affamata digiuno
il sole è per me bruno,
Amor di gelo e l’huomo sparito e morto.
Rendetemi il conforto.
Giunte ne la città
incatenate, ardete,
la mia necessità voi,
voi sapete.
SCENA NONA
Cortile del sopradetto Palagio
Rudione
RUD.:
ACHTE SZENE
Cillena
Amore è satio.
Lodato il mio Vafrillo: ho empito il ventre.
Felici queste bande,
che vino, che vivande.
Mai più di qua mi parto. Addio Rosinda.
Non voglio più seguirti
fatto gioco de’ Spirti
al sole ed a la neve:
qui si mangia e si beve
in otio a la reale.
CILL.:
Die Königin wird sich freuen, ich werde weiter leiden,
sie wird süße Wonne empfinden,
ich weiterhin Bitterkeit,
stets von Qual begleitet.
Doch nein, wieso mache ich mir Sorgen?
Clitofonte und Nerea werden wieder Frieden schließen
und diese Insel verlassen.
Ich werde den königlichen Palast wiedersehen, das Nest meiner süßen Vergnügen, wo ich die Nächte und die Tage in lasziven Begegnungen mit mehr als nur einer Amorette verbringe.
Mein Herz, hab keine Angst mehr:
Wir kehren zu unserer Üppigkeit zurück.
Vernachlässigte Schönheit,
schmücke dich wieder, mit Geschick-
lichkeit vermehre deinen Glanz.
Derjenige, der dich betrachtet,
soll entbrennen. Sobald du wieder in der
Stadt bist, sollst du Männer bezaubern und in Ketten legen: Du kennst wohl meine Bedürfnisse. Ich muss fasten, obwohl ich verhungere, keine Sonne strahlt für mich, Amor ist eiskalt zu mir, kein Mann in Sicht. Oh du meine Schön-
heit, du sollst mir Trost schenken.
Sobald du wieder in der Stadt bist,
sollst du Männer bezaubern, in Ketten legen: Du kennst wohl meine Bedürfnisse.
NEUNTE SZENE
In dem genannten Palast
Rudione
RUD.:
33
Gelobt sei mein Vafrillo: Ich habe mei-
nen Bauch gefüllt.
Glücklich ist diese Gegend hier:
Was für Weine, was für Speisen!
Ich werde diesen Ort nicht verlassen. Adieu Rosinda.
Ich will dir nicht mehr folgen,
der Laune von Gespenstern ausgesetzt,
bei Sonne oder Schnee: Hier kann man essen und trinken ohne etwas für die Königin tun zu müssen.Aber Liebeslust Ma Venere m’assale,
Bacco col suo calore
m’accende il pizzicore.
Ques’è un altro appetito
che sopragiunto m’ha
e non trovar pavento
chi a questo incitamento
facci la carità.
ZEHNTE SZENE
Aurilla, Rudione
SCENA DECIMA
Aurilla, Rudione
AUR.:
Del mio petto
con le nevi accendo i cori,
del diletto
dispensiera e degli amori,
fò beato
tra le braccia il vago amato.
RUD.:
Oh che bella fanciulla
piena di leggiadria.
Amor sa’l mio bisogno e qui l’invia.
AUR.:
Il mio bello ritroso
impetrò la mercé de’ vanti arditi
e confessòtra dolci abbracciamenti
che gl’huomini di noi
sono schiavi impotenti.
RUD.:
Ohimè l’ho perso, ohimè
nel petto egli non v’è.
AUR.:
E c’hai perduto?
RUD.:
Il core.
Tu, tu me l’hai rubato,
qui venni in mia mal’hora
per restar sviscerato.
AUR.:
Povero sventurato.
A dirtela il tuo core
non lo rubai,
nel petto mi saltò!
È vero sì,
sì l’ho.
Ma pietosa al tuo caso atroce e rio,
farò un cambio, se vuoi,
ti darò il mio.
RUD.:
Volentier lo torrò.
übermannt mich. Bacchus erweckt mit seiner Hitze in mir diese Lust.
Das, was ich empfinde, ist eine andere Art von Appetit, aber ich befürchte, niemanden zu finden,
der diese Begierde befriedigen kann.
34
AUR.:
Mein schneeweißer Busen
zündet die Herzen an,
ich verstreue
Vergnügen und Liebe,
der schöne Geliebte
wird in meinen Armen selig.
RUD.:
Oh welch hübsches Mädchen
voll Reiz: Amor kennt meine Not und schickt sie zu mir.
AUR.:
Mein schöner Rebell bat mich wegen seiner gewagten Prahlerei um Vergebung.
In meinen Armen hat er zugestanden,
dass die Männer machtlose Sklaven der Frauen sind.
RUD.:
Oh weh, oh weh, ich habe es verloren!
Es ist nicht mehr in meiner Brust.
AUR.:
Was hast du verloren?
RUD.:
Das Herz.
Du, du hast es mir geraubt.
Zu meinem Verderben, um ausgewei-
det zu werden, bin ich hierhergekommen.
AUR.:
Oh du Armseliger, du Unglücklicher!
Um die Wahrheit zu sagen,
habe ich dein Herz nicht geraubt,
sondern es ist in meine Brust gesprungen!
Es ist wahr, ich habe es. Ich empfinde aber Mitleid für deine schlimme, grau-
same Lage und ich schlage einen Tausch vor: Wenn du willst,
gebe ich dir mein Herz.
RUD.:
Gern nehme ich es an.
So, meine Süße, mit einem Herzen in der Brust werde ich weiter leben können.
VAF.:
Così, così mio ben
con un core nel sen viver potrò.
SCENA UNDECIMA
Vafrillo, Aurilla, Rudione
Aurilla, Aurilla mia
da tue bellezze rare
lontan star non poss’io.
Convien che come il rio ritorni al mare.
AUR.:
Di te, di te più bello
ritrovato ho un amante,
vedilo, quest’è quello.
(Vafrillo, si dileggi
l’innamorato mostro e si beffeggi).
VAF.:
(Sì, sì). Se tu mi lasci,
pretioso tesoro,
perdo l’anima e moro.
RUD.:
Hospite mio gentile,
se la tua cortesia già m’obligò
e se risuscitò
Rudione per te morto di fame,
a le mie nuove brame
concedi l’esca e in fin c’habito qua
rinuntiami, ti prego,
questa, questa beltà.
Sana il mal che mi festi:
col tuo lauto convito
fosti, fosti cagion del mio prorito.
AUR.:
Che licenza ti prendi?
Non ha, non ha ragione
alcun sopra di me, libera io sono,
di novo mo ti dono.
VAF.:
Già, già che così vuole il mio destino,
al mio male acconsento.
Ti concedo il favore
e voglio per tu amore
soggettrmi al tormento.
Ma pregasi Cupido
ch’assista a’ tuoi diletti amico e fido.
AUR.:
Cantiam, cantiam a tre
»Amor, di nostra fe’«
La sai?
ELFTE SZENE
Vafrillo, Aurilla, Rudione
VAF.:
Aurilla, meine Aurilla,
ich kann nicht fern von deiner
einzigartigen Schönheit bleiben.
Wie der Fluss zum Meer, muss ich zu dir kommen.
AUR.:
Ich habe einen viel schöneren Liebhaber
gefunden als dich:
Hier ist er, schau ihn an.
(Vafrillo, verspotten wir dieses verliebte Monster, lachen wir es aus).
VAF.:
(Ja, ja) Wenn du mich verlässt,
mein kostbarer Schatz,
verliere ich meine Seele und sterbe.
RUD.:
Mein freundlicher Gastgeber,
wenn deine Höflichkeit, die mich schon verpflichtet, den verhungerten Rudione
wieder ins Leben geholt hat,
bitte, erfülle meine neue Begierde:
Solange ich noch hier bin
überlasse mir diese Schöne.
Heile die Malaise,
die du selbst verursacht hast:
Dein prächtiges Gastmahl
ist der Grund meiner neuen Lust.
AUR.:
Was erlaubst du dir?
Niemand kann über mich bestimmen:
Ich bin frei
und freiwillig gebe ich mich dir hin.
VAF.:
Da mein Schicksal es so will,
nehme ich dieses Übel an.
Ich tue dir diesen Gefallen
und dir zu Liebe
werde ich diese Qual über mich ergehen lassen.
Wir sollten aber Amor bitten, deiner Freude wohlgeneigt und treu beizustehen.
AUR.:
Singen wir zu dritt
»Amor, von unserer Treue«,
kennst du dieses Lied?
VAF.:
Ja, ja, ich kenne es.
35
VAF.:
La so, la so.
RUD.:
Ich werde mitsingen.
RUD.:
Anch’io vi seguirò.
AUR., VAF.,
RUD. a tre:
Amor, di nostra fe’
stringi, deh stringi i nodi
e faccia tua mercé
che il cor le tue dolcezze e gusti e godi:
proteggi i nostri ardori, spargi,
spargi il tuo mel sui nostri amori.
AUR.,
VAF., RUD. à tre:
Amor, schnüre bitte die Bänder
unserer Treue fest,
und Dank dir soll das Herz
die Wonne der Liebe kosten und genießen.
Beschütze unsere Leidenschaft,
begieße unsere Liebe mit Honig.
RUD.:
Così, cosÌ partite?
Così voi mi schernite?
So verlasst ihr mich?
So verhöhnt ihr mich?
Wo bleibt
ihr hübschen Mädchen:
ein schönes Antlitz, einen schönen Liebha-
AUR.:
Bel sembiante,
bell’amante
da baciar le verginelle,
dove siete?
Qui correte
per baciarlo, oh donne belle.
Vago labro
di cinabro
da dar baci in dolci amplessi.
S’io’l toccassi, se’l baciassi
sputerei fin che vivessi.
RUD.:
AUR.:
ber
RUD.:
Meine Sinne, kehrt lieber zum Schlaf hin und wacht nicht mehr auf
dieser Insel auf. Ich will nicht von euch mit Anregungen und Gedanken gequält sein.
Dieses ungezogene Mädchen will mich nicht
in ihren Armen haben.
Schlaft lieber, ihr meine Sinne.
RUD.:
Senso mio torna, torna
a tuoi sonni primieri,
né mai più ti destar su questo scoglio.
Esser da te non voglio
tormentato co’ stimoli e pensieri.
Non vuol questa villana in sen raccormi.
Senso mio dormi, dormi.
ZWÖLFTE SZENE
Rosinda, Clitofonte
SCENA DUODECIMA
Rosinda, Clirofonte
ROS.:
Strane cose mi narri.
Maledetti deliri,
voi m’arrecaste in sen l’odiato pondo;
seno impuro ed immondo,
contaminato e infetto
da gl’abborriti amplessi,
de la tua viva fiamma unito al petto
purga le sordidezze.
Perdonate a l’offese, oh mie bellezze.
CLIT.:
Ohimè di gioia moro.
Congiunto a questo seno,
dolce e grato veleno
gibt es hier zum Küssen.
Oh ihr schönen Frauen,
eilt herbei, um es zu tun.
Zinnoberrote
Lippen,
zum Küssen in süßen Umarmungen.
Wenn ich ihn anfassen würde,
wenn ich ihn küssen würde,
würde ich nachher mein Leben lang spucken.
36
ROS.:
Seltsame Sachen erzählst du mir.
Verdammtes Delirium: mit verhasster Last beschwerst du mein Herz.
Unrein, dreckig, verdorben und verseucht
durch die schrecklichen Umarmungen,
läutere dich, mein Herz mit der
feurigen Leidenschaft deines Geliebten. Vergib mir die Kränkungen, oh mein Schöner.
CLIT.:
Vor lauter Freude vergehe ich.
Dieses süße, angenehme Gift,
das ich wie Feuer brennend,
in meiner Brust verspüre,
bringt mich langsam um.
ROS.:
con qualità di foco
m’uccide a poco a poco.
Quai svenimenti, oh fido
mi ti rendono esangue e semivivo?
Vipera non son’io,
Apri gli occhi, ben mio.
CLIT.:
Abbandonati i sensi,
vicina a la tua bocca, uscir voleva
l’anima da la mia per cangiar nido;
s’interpose Cupido
e ritornar la fece a’ primi offici.
Negli Elisi felici
del tuo petto bramava
passar beata l’hore
de la carcere sua, caro il mio core.
SCENA DECIMATERZA
Meandro, Rosinda, Clitofonte
MEAN.:
Amanti, intempestivi
son gli scherzi e gl’amori.
Uscir da questi errori
tosto convien a voi. Nerea sdegnosa
vi prepara prigion tetra e penosa.
ROS.:
Wieso vergehst du, mein Lieber,
wieso wirst du so blass und kraftlos?
Ich bin keine Natter,
schau mich an, mein Schatz.
CLIT.:
In der Nähe deiner Lippen wollte meine Seele den Körper verlassen,
um sich woanders einzunisten.
Amor kam dazwischen und brachte sie an ihren ursprünglichen Platz zurück.
Im glücklichen Paradies deines Busens
sehnte sich meine Seele
voller Wonne, gefangen zu bleiben,
oh du mein Herz.
DREIZEHNTE SZENE
Meandro, Rosinda, Clitofonte
MEAN.:
Ihr Verliebten, ungelegen sind jetzt
eure Scherze und Liebeleien.
Es wäre für euch doch besser, diesen irreführenden Ort sofort zu verlassen. Die erzürnte Nerea bereitet euch düstere, leidvolle Gefangenschaft vor.
ROS.:
Meandro, Meandro.
ROS.:
Oh Meandro, Meandro.
CLIT.:
Oh du weiser Freund.
CLIT.:
Oh saggio amico.
MEAN.:
Turbe di Flegedonte in mille forme
custodiscon l’uscita.
Onda v’arreco
che beuta da voi farà che cieco
divenga ogni custode e ne’lor sibili
deluse l’empie guardie,
verrete a gl’invisibili invisibili.
Ma per fuggir finché la fuga ha il varco,
da l’incantata rete,
ecco, l’acqua bevete.
MEAN.:
Höllische Scharen verschiedener Gestalt, bewachen den Ausgang. Ich habe euch dieses Wasser gebracht.
Wenn ihr es trinkt, wird jeder
dieser boshaften Wächter blind:
Ihre Bedrohung wird so vereitelt sein
und ihr für die auflauernden Wächter unsichtbar. Aber um aus dieser verzau-
berten Falle, fliehen zu können, so lange es möglich ist, trinkt das Wasser schnell.
ROS.:
Ich nehme das Mittel.
ROS.:
Il rimedio ricevo.
CLIT.:
Schnell nehme ich es auch und trinke.
CLIT.:
Pronto la prendo e bevo.
MEAN.:
Beuta la salute
con l’onde havete e risanati cori
da le piaghe malnate.
Homai vi ravivate
MEAN.:
Mit diesem Wasser habt ihr eure
Rettung getrunken und eure Herzen
von den schlimmen Wunden geheilt.
Nun zünden euch die Funken der alten Liebesflamme wieder an. Ich merke
schon, wie ihr die alten Gefühle wieder 37
de l’antiche faville a spenti ardori.
Già, già scopro animarvi estinti affetti,
onde prendo congedo
e de’ miei studi a’ tetti
lieto a le vostre vite io me ne riedo.
SCENA DECIMAQUARTA
Rosinda, Clitofonte
ROS.:
Thisandro il core invoca
e l’anima le dice
ch’è morto l’infelice.
CLIT.:
Nerea, questo sospiro
per messaggier ti manda
de le sue conversioni il convertito.
Ei se ne viene ardito
a te sua dolce e riaccesa face,
sperando d’ottener perdono e pace.
ROS.:
Tu, tu morte li desti,
crudel, cangiando ardore.
Ne la tua colpa infida
per vendetta t’uccida
l’affanno, oh traditore.
CLIT.:
Dove sei? Vieni, vieni
mio ravivato ardore
a rallegrarmi il core
de le bellezze tue con i baleni,
dove sei? Vieni, vieni.
SCENA DECIMAQUINTA
Nerea, Clitofonte, Cillena, Rosinda
NEREA:
Ancor sei tu satollo
di flagellarmi, oh bello
mio tiranno, mio rubello?
CLIT.:
Testimoni veraci
del mio cangiato intento
questi humori ti sian del pentimento
che parti rugiadosi
il lume figlia e stilla,
meta de’ miei riposi,
calma del mio penar vaga e tranquilla.
NEREA:
Oh pentito adorato,
s’il bene era insperato,
morta mi havrebbe il repentino piacere.
empfindet. Ich kann mich verabschieden:
Froh über euer Glück
kehre ich zu meinen Studien zurück.
VIERZEHNTE SZENE
Rosinda, Clitofonte
ROS.: Mein Herz sehnt sich nach Thisandro
und meine Seele sagt,
dass der Armselige gestorben ist.
CLIT.:
Nerea, der Bekehrte schickt dir diesen Seufzer als Boten seiner Bekehrung.
Er wagt es, zu dir, seiner süßen, wieder
erweckten Leidenschaft zurückzukom-
men, in der Hoffnung, Vergebung und Frieden zu finden.
ROS.:
Du, du hast ihn umgebracht, du grau-
sames Herz, indem du dich einer ande-
ren Liebe zugewandt hast. Wegen deiner schlimmen Schuld, du Verräter,
soll dich aus Rache der Kummer umbringen.
CLIT.:
Wo bist du? Komm, komm,
oh du meine erneute Liebe,
erfreue mein Herz
mit dem Glanz deiner Schönheit.
Wo bist du? Komm, komm.
FÜNFZEHNTE SZENE
Nerea, Clitofonte, Cillena, Rosinda
NEREA:
Hast du mich noch nicht genug gequält,
mein Schöner,
mein Tyrann, mein Rebell?
CLIT.:
Zuverlässige Zeugen
meiner geänderten Gefühle, meiner Reue
sollen diese Tränen sein.
Sie kommen aus meinen Augen,
sie fließen, sie träufeln.
Du bist das schöne und ruhige Ziel,
an dem mein Leiden ein Ende finden wird.
NEREA:
Du bereust alles, oh mein Geliebter:
Wenn ich jede Hoffnung auf Glück aufgegeben hätte, hätte mich die plötzliche Freude umgebracht. Dank des blinden Schützen, kehrst du doch
38
Gratie al bendato Arciere
ritorni pur, ritorni
ricuperata spene
di queste braccia mie tra le catene.
CILL.:
De le tue gioie nove
rinovata Reina,
son stata indovina.
ROS.:
Mi son gl’altrui contenti
spine acute e pungenti.
CLIT.:
Non vo’, non vo’ perdono,
punisci il delinquente,
ribellante nocente
volontario mi rendo e m’imprigiono.
Non vo’, non vo’ perdono,
punisci il delinquente.
NEREA:
Punir ti vo’ ben sì,
ma sieno i tuoi castighi
mirati da la notte e non dal dì.
Punir ti vo’ ben sì.
ROS.:
Io merto ogni tormento,
ch’il mio guerriero ho spento.
Sveni la vostra fede un’incostante,
esempio ad ogni amante
volubile, leggiera.
Pera la rea d’infedeltade, pera,
sveni la vostra fede un’incostante.
De la mia vaneggiante
traccio l’orme smarrite,
da quei vezzi ingannato
vago d’haver ferite.
NEREA: La tua fama, oh guerriero, homai ritorni
a’ tralasciati voli
con le penne d’Amore;
prove del tuo valore
porti di novo a l’occidente, a l’orto,
valorosa Rosinda, ecco il tuo morto.
ROS.:
Vive Thisandro, vive? Ed io non spiro
zu den Ketten meiner Arme zurück,
oh du meine wiedergewonnene Hoffnung.
CILL.:
Meine wieder erquickte Königin,
ich hatte dein neues Glück
vorrausgesehen.
ROS.:
Die Freuden Anderer wirken auf mich wie spitze, stechende Dornen.
CLIT.:
Nein, ich will keine Vergebung,
bestrafe den Verbrecher, der untreu war und Leiden verursacht hat.
Freiwillg stelle ich mich und will in die Gefangenschft. Nein, ich will keine Vergebung, bestrafe den Verbrecher.
NEREA:
Wohl will ich dich bestrafen,
aber deine Strafe wird in der Nacht,
nicht am Tag vollzogen werden.
Wohl will ich dich bestrafen.
ROS.:
Ich verdiene jede Qual: Meinetwegen ist mein geliebter Krieger gestorben.
Eure Treue soll eine Unbeständige niederschlagen, als Beispiel für jede
wankelmütige, leichtsinnige Frau.
Die der Untreue Schuldige soll sterben,
eure Treue soll eine Unbeständige niederschlagen.
LETZTE SZENE
Thisandro, Nerea, Rosinda, Clitofonte, Cillena,
Rudione
SCENA ULTIMA
Thisandro, Nerea, Rosinda, Clitofonte, Cillena,
Rudione
THIS.:
39
THIS.:
Auf der Suche nach verlorenen Spuren
der verwirrten Rosinda, sehne ich mich, von ihrem Reiz verzaubert,
nach Liebeswunden.
NEREA:
Auf Amors Flügeln sollst du,
ruhmreicher Krieger,
nun zu den vernachlässigten Taten zurückkehren. Beweise der ganzen Welt erneut deine Tapferkeit. Rosinda, sieh da, deinen totgeglaubten Thisandro.
ROS.:
Lebt Thisandro, lebt er? Und wenn ich das sehe falle ich nicht tot um, ich, die Betrügerin, die Eidbrüchige,
nel vederti spirante
traditrice, spergiura, infida amante?
Non so come abbracciarti:
ne la colpa avvilito,
non osa rimirarti,
conscio de’suoi misfatti,
l’occhio ch’ad altro oggetto
sovvertí il core a consacrar l’affetto.
THIS.:
Ti rimetto il delitto,
bella mia lagrimosa.
In questo petto afflitto
riedi, corri, riposa.
Oh Dio, son tutto giaccio
e pur stringo la fiamma e’l sole abbraccio.
CLIT.:
Resti il nostro furore
da quei nodi sì stretti incatenato
e l’odio esanimato
cada tra quelle paci.
Al suon de’nostri baci
fugga la gelosia,
raddoppiamo gli amplessi, anima mia.
die treulose Geliebte?
Ich weiß nicht, ob ich dich umarmen kann: Die wegen der Schuld niederge-
schlagenen Augen wagen es, wohl bewusst ihrer Missetaten, nicht, dich anzuschauen, die Augen, die das Herz verleiteten, einem Anderen Liebe zu schenken.
THIS.:
Ich vergebe deine Schuld,
meine in Tränen aufgelöste Schöne.
An diese gepeinigte Brust kehre zurück, eile herbei, finde Ruhe. Oh Gott, ich erfriere und doch drücke ich fest an mich
meine Flamme, umarme ich meine Sonne.
CLIT.:
Unsere Verrückheit soll durch
feste Liebesbande eingekettet werden,
der erloschene Hass soll durch den
Frieden aufhören.
Unsere innigen Küsse werden die
Eifersucht verjagen, verdoppeln wir unsere Umarmungen, oh du meine Seele.
ENDE DER OPER
IL FINE
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Redaktion
Micaela v. Marcard
Geschäftsführerin und Künstlerische Leiterin
Dr. Andrea Palent
Gestaltung
Tim Hagedorn
Produktionsleitung Oper
Anke Derfert
Umsetzung
Maria Pfeiffer
Übersetzung Libretto
Serena Malcangi
40
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