Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555 Aus dem Frühneuhochdeutschen übertragen von Ralph Glücksmann [§§ 1 bis 30 des Augsburger Reichsabschiedes vom 25. September 1555] Wir Ferdinand von Gottes Gnaden Römischer König, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, in Germanien, von Ungarn, Böhmen, Dalmatien, Kroatien und Slawonien etc. König, Infant in Spanien, Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, von Braband [im heutigen Belgien], von Steyr, von Kärnten, von Krain, von Luxemburg und von Württemberg, Ober- und Niederschlesien, Fürst von Schwaben, Markgraf des Heiligen Römischen Reichs von Burgau [im heutigen bayrischen Schwaben], von Mähren, Ober- und Niederlaußnitz, Gefürsteter Graf von Habsburg, von Tirol, von Pfirt [Oberelsass], von Kiburg [Schweiz] und von Görz [in der heutigen italienischen Provinz Gorizia] etc., Landgraf im Elsass, Herr auf der Windischen Mark [Slowenische Mark, Unterkrain], von Portenau [in der heutigen italienischen Provinz Udine] und von Salins [Freigrafschaft Burgund], etc. bekennen öffentlich und verkünden jedermann: Nachdem die Römische Kaiserliche Majestät [Karl V.], Unser lieber Bruder und Herr, aus hochdringenden Gründen, vornehmlich aber darum, weil Ihre Majestät befunden hat, daß die Satzungen, Ordnungen und Abschiede des Heiligen Reiches trotz des aufgewendeten Fleisses, der Mühe und Arbeit durch Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät, Unsere und des Heiligen Reiches Stände und ihre Gliederungen bisher die gewünschte Wirkung, wie es wohl erforderlich gewesen wäre, nicht erreicht haben, sich auch viele Widerwärtigkeiten und Unruhen im Heiligen Reich zugetragen haben, zudem im Justizwesen allerhand Unrichtigkeiten, Beschwerden und Mängel vorgefallen und aufgetreten sind, einen allgemeinen Reichstag in der Folge des Passauer Vertrages [1552] auf den 16. Tag des Monats August im M. D. LIII. Jahr in Ihrer Liebenden und Kaiserlichen Majestät, Unserer und des Heiligen Reiches Stadt Ulm ausgeschrieben und angesetzt hat, ist es Ziel des Vorhabens gewesen, diesen angesetzten Reichstag mittels Göttlicher Hilfe selbst in eigener Person zu besuchen und durchzuführen. [Einberufung des Reichstages] § 1. Aber das Vorhaben, die angesetzte Zeit zu halten und den ausgeschriebenen Reichstag zu besuchen, wäre wegen verschiedener Vorfälle und kriegerischer Auseinandersetzungen, die sich damals im Heiligen Reich Deutscher Nation ereignet haben, in Anbetracht aller Umstände nicht nur beschwerlich, sondern auch unmöglich gewesen. Doch Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät hat es für notwendig erachtet, diesen angesetzten Reichstag nicht einfach ausfallen zu lassen, sondern hat befunden und erkannt, daß ohne eine solche allgemeine Versammlung die vorliegenden Beschwerden nicht behoben und der allgemeine Frieden, die Ruhe und die Wohlfahrt im Heiligen Reich nicht gefördert und erhalten werden können. § 2. Deshalb hat Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät aus den hier mitgeteilten Gründen und mit ihrem allergnädigsten Willen und Väterlichem Gemüt, welches sie dem Reich Deutscher Nation gegenüber empfindet, den betreffenden Reichstag bis zum ersten Tag des folgenden Monats Oktober verlängert, und zwar zum wiederholten Male, weil die entstandenen kriegerischen Auseinandersetzungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht überall beendet sind, die vorigen Verhinderungen nun einmal im Wege gestanden haben und Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät wegen der Nieder-Erblande [Niederlande] mit großen und schweren Kriegsvorbereitungen vorrangig beschäftigt gewesen ist; außerdem hat Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät eine Vertagung vorgenommen und diesen Reichstag in Ihrer Liebenden und Kaiserlichen Majestät, auch Unserer und des Heiligen Reichs Stadt Augsburg als einen geeigneteren Versammlungsort verlegt. [Unmöglichkeit persönlichen Erscheinens des Kaisers] § 3. Und obwohl Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät die feste Absicht hatte, an diesem Reichstag, wie eigentlich versprochen, mit Hilfe und Unterstützung des Allmächtigen persönlich teilzunehmen und in allen dringenden Anliegen des Heiligen Reichs Deutscher Nation väterlichen und höchsten Fleiß mit ungesparter Mühe und Arbeit ihrem Kaiserlichen Amt und höchstem Vermögen nach aufzuwenden, auf daß alle Sachen zu einem guten Abschluß gebracht werden und dieser Reichstag ein erfolgreiches und gutes Ende erlangen möchte: So sind Ihrer Liebenden und Kaiserlichen Majestät einige Umstände doch dermaßen ungelegen, daß sie sich auf solche weite, schwere Reise über Land zur Zeit nicht begeben kann, sodaß sie dadurch entgegen ihrem Willen verhindert ist, auf diesem Reichstag zu erscheinen. [Vertretung des Kaisers durch den König] § 4. Damit aber dieser Reichstag nichtsdestoweniger endlich seinen Fortgang nimmt und die Anliegen des Reichstag zum Nachteil des Heiligen Reichs nicht zurückgestellt oder weiter aufgeschoben werden, möchte Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät - einem dringenden Bedürfnis entsprechend, den wachsenden Gefahren rechtzeitig mit Ernst entgegen zu treten – dem mit Göttlicher Hilfe und Gnade begegnen und dem Heiligen Reich, insbesondere dem geliebten Vaterland Deutscher Nation, zum Nutzen und zu Diensten sein, dem Heiligen Reich auch Frieden, Ruhe und Einigkeit erschließen, auf daß dieser Reichstag endlich seinen Fortgang nehme: So hat Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät Uns als Römischen König freundlich und brüderlich ersucht, daß Wir in Ihrer Majestät Abwesenheit Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät vertreten und an diesem Reichstag teilnehmen, Uns auch bevollmächtigt und ohne Überredung die unbeschränkte Befugnis erteilt, mit den Kurfürsten, Fürsten und gemeinen Ständen, auch mit den Räten, Botschaftern und Gesandten der Abwesenden alles das auszuhandeln und zu beschließen, was dem Heiligen Reich zu Ehren, Nutzen und Gutem und zur Abstellung und Verhütung aller verdächtlichen Unruhen, Widerwärtigkeiten und Bedrohungen, auch zur Förderung und Erhaltung eines beständigen Friedens und gemeiner Wohlfahrt gereichen möchte. Zudem hat Uns Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät auch ihre Kaiserlichen Kommissarien zugeordnet, damit sie Uns in allen anfallenden Handlungen guten Beistand leisten. § 5. Darauf haben Wir Uns Gott dem Allmächtigen zu Lob und zu Ehren und Ihrer Liebenden und Kaiserlichen Majestät zu freundlichem und brüderlichem Gefallen, auch des gnädigen, milden Willens und Vorhabens des Heiligen Reichs Deutscher Nation, Unseres geliebten Vaterlandes, und um Nutzen, Wohlfahrt und Gedeien Unserer und der gemeinen Stände und Untertanen des heiligen Reichs zu fördern und die vorstehenden bedenklichen Zerrüttungen nach Möglichkeit abzuwenden, willfährig gezeigt, die Sachen aus gnädigem, getreuen, väterlichem, wohlmeinendem Gemüt auf Uns zu nehmen. [Termin des Reichstages] § 6. Obwohl es nun aufgrund der Vertagung durch Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät auf Martini [11. November] zunächst Unser Vorhaben gewesen ist, zu diesem Zeitpunkt persönlich zu erscheinen und im Namen Ihrer Liebenden und Kaiserlichen Majestät diesem Reichstag einen glücklichen Beginn zu geben, so sind Wir jedoch wegen etlicher dringender Anliegen und Erfordernisse unseres Königreiches und Landes daran gehindert und gezwungen worden, bevor Wir Uns von Unseren Königreichen und Landen auf einen so fernen und weiten Weg begeben haben, allerhand Geschäfte und Sachen zu verrichten und notwendige Anordnungen zu erledigen, damit Unser Königreich und Land um so besser auf einen Einund Überfall der benachbarten gewaltigen Feinde vorbereitet ist und ein solcher nach Möglichkeit verhindert werden kann. Trotz dieser Ungelegenheiten haben Wir Uns bemüht, mittels Göttlicher Gnaden am neunundzwanzigsten Dezember glücklich anzukommen, mit dem festen Willen, die dringenden Anliegen des Heiligen Reichs, die auf diesem Reichstag behandelt werden müssen, mit den Kurfürsten, Fürsten und Ständen des Heiligen Reichs und den Räten und Botschaftern der Abwesenden zu behandeln und so ins Werk zu setzen, wie es nach den Vorgaben der Kaiserlichen Ausschreibung und Vertagung zu erfolgen hat. [Bekenntnisfrage] § 7. Und als die kurfürstlichen Räte, etliche Fürsten und Stände des Heiligen Reichs in eigener Person und etliche durch ihre mit umfassender Vollmacht ausgestatteten Botschafter bei Uns erschienen sind, und Wir Uns mit ihnen darüber abgesprochen haben, an welchen Punkten ihnen am meisten gelegen sei und welche Gestalt die Beratungen in erster Linie haben sollten, hat sich sogleich herausgestellt, wie auch auf etlichen früheren Reichstagen, daß die Frage der Religionsspaltung, aus der nunmehr seit geraumer Zeit allerhand Schwierigkeiten im Heiligen Reich Deutscher Nation hervorgegangen sind, als vordringlich und höchstwichtig für alle Stände und Untertanen unerledigt anstände. § 8. Aus diesem Grunde haben es die kurfürstlichen Räte, die erschienenen Fürsten, Stände, Botschafter und Gesandten auf Unseren Vorschlag hin für richtig gehalten, in erster Linie diese höchstwichtige Frage zu behandeln. [Errichtung eines dauerhaften Friedens] § 9. Nachdem sich aber sogleich in der Beratung herausgestellt hat, daß nach dem Umfang und der Weitläufigkeit der Behandlung dieser Frage über Unseren Heiligen Christlichen Glauben, Zeremonien und Kirchengebräuche ein abschließender Vergleich in so kurzer Zeit wohl nicht zu finden sein würde, und dann zu befürchten wäre, daß noch allerhand Unruhen und kriegerische Auseinandersetzungen, durch die die allgemeine Sicherheit gestört würde, im Heiligen Reich Deutscher Nation entständen, ist Einvernehmen darüber getroffen worden, daß die Stände und Botschafter von einer erfolgversprechenden Behandlung und Beratung dieser Frage wohl abgehalten würden, wenn nicht zuvor ein beständiger Friede mit Regelungen über die Ausführung und Handhabung desselben im Heiligen Reich erreicht werden würde. [Aufschub der Beschlußfassung über die Bekenntnisfrage] § 10. So haben es die Stände, Botschafter und Gesandten wegen der erwähnten Bedenken und Erfordernisse für ratsam und notwendig angesehen, und Uns auch untertänigst mitgeteilt, die Behandlung der Religionsfrage auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. [Beschränkung auf die Errichtung des Friedens] § 11. Und deshalb ist die Friedensfrage, wie eine allgemeine Ruhe und Sicherheit in der Deutschen Nation zu erlangen und zu erhalten ist, und die Kurfürsten, Fürsten und Stände ein wechselseitiges Vertrauen zueinander aufbauen können, um hierdurch Nachteile und andere negative Folgen abzuwenden, in die Beratung aufgenommen worden, auch wenn die Kaiserliche Majestät, Unser lieber Bruder und Herr, Wir und sie, die Stände des Reichs, andere vielfältige Anliegen noch während des laufenden Reichstags oder zu einem anderen Zeitpunkt behandelt wissen möchten. [Einhaltung des Landfriedens] § 12. Obwohl nun auf früheren Reichstagen der Landfriede beschlossen, verbessert und gemeinsam errichtet worden ist, in der Hoffnung, im Heiligen Reich den Frieden zu erhalten, so hat doch die Erfahrung danach gezeigt, daß dieser errichtete Landfriede und die darin verordnete Handhabung zur Vermeidung von Unruhen und Auseinandersetzungen nicht ausreichend gewesen sind und sich besondere Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Frage ergeben haben, wie die Nachbarn den Geschädigten Hilfe und Beistand leisten sollen; deswegen haben Wir sie, die Stände und Botschafter, darum ersucht und ermahnt, einigen offensichtlichen Mängeln des Landfriedens nachzugehen und an Möglichkeiten der Abhilfe zu denken, um dadurch zu einer beständigen Handhabung und Erhaltung des gemeinen Friedens und einer Verbesserung des Rechtszustandes zu gelangen, die Unruhestifter von einer Störung des gemeinen Friedens abzuhalten und den Gehorsamen Trost zu spenden und ihnen eine sichere Hilfe und Rettung im Falle einer Bedrohung oder Nötigung zukommen zu lassen. [Ausdehnung des Landfriedens auf Religionsstreitigkeiten] § 13. An diese Vorschläge haben sich die Räte der Kurfürsten, erschienenen Fürsten, Stände, Botschafter und Gesandten aufgrund der Erfahrungen und Folgen sogleich erinnert: Dieweil auf allen in dreißig oder mehr Jahren abgehaltenen Reichstagen und auf vielen Partikularversammlungen vielfältig gehandelt und beraten worden ist und diverse Friedensregelungen geschaffen worden sind, um einen allgemeinen, beständigen Frieden zwischen den Ständen des Heiligen Reichs wegen der streitigen Religionsfrage zu errichten, welche aber zur Erhaltung des Friedens niemals ausreichend gewesen sind, sondern die Stände des Reichs in gegenseitigem Mißtrauen gelassen haben, woraus wiederum ein nicht geringer Unmut entstanden ist. Wenn nun bei der währenden Spaltung der Religion eine ergänzende Beratung und Behandlung des Friedens sowohl in religiöser als auch weltlicher Hinsicht nicht vorgenommen und dieser Teil nicht dahingehend ausgearbeitet und verglichen wird, daß die beiden Religionen künftig wissen, was die eine von der anderen zu erwarten hat, könnten die Stände und Untertanen sich nicht in beständiger, gewisser Sicherheit befinden, sondern wären einer ständigen, unerträglichen Gefahr ausgesetzt. Um diese bedenkliche Unsicherheit zu beseitigen und die Gemüter der Stände und Untertanen wieder in Ruhe und gegenseitiges Vertrauen zu versetzen und die Deutsche Nation, Unser geliebtes Vaterland, vor einer endgültigen Trennung und dem Untergang zu bewahren, haben Wir Uns mit den Räten und Abgeordneten der Kurfürsten, den erschienenen Fürsten und Ständen, den Botschaftern und Gesandten der Abwesenden und sie sich wiederum mit Uns geeinigt und verglichen. [Allgemeines Friedensgebot] § 14. Wir verordnen und gebieten hiermit, daß fortan niemand, von welchen Würden, welchem Stand oder Wesen er auch sei, aus irgendeinem Grund oder unter irgendeinem Vorwand, selbst oder durch jemand anderes in seinem Auftrag, einen anderen befehden, bekriegen, berauben, belagern, noch Schlösser, Städte, Märkte, Befestigungen, Dörfer, Höfe oder Weiler erobern oder ohne des anderen Willen mit Gewalt einnehmen oder in böser Absicht durch Feuer oder in anderer Weise beschädigen darf; es soll auch niemand solchen Tätern Rat, Hilfe oder in einer anderen Weise Beistand oder Vorschub leisten, sie auch nicht wissentlich beherbergen oder beköstigen, sondern ein jeder soll dem anderen mit rechter Freundschaft und christlicher Liebe entgegentreten; kein Stand oder Glied des Heiligen Reichs soll dem anderen den freien Zugang zu Proviant, Nahrung, Gewerbe, Renten, Gülten [Steuern] und Einkommen verweigern, sondern die Kaiserliche Majestät und Wir sollen alle Stände, und die Stände wiederum die Kaiserliche Majestät und Uns, auch ein Stand den anderen, bei der nachfolgenden Religions- und allgemeinen Festlegung des errichteten Landfriedens gewähren lassen. [Einbeziehung der Angehörigen des Augsburger Bekenntnisses] § 15. Und damit dieser Friede auch trotz der Religionsspaltung eingehalten und erhalten wird, wie es im Heiligen Reich Deutscher Nation und zwischen der Römischen Kaiserlichen Majestät, Uns, sowie den Kurfürsten, Fürsten und Ständen des Heiligen Reichs Deutscher Nation erforderlich ist, sollen die Kaiserliche Majestät, Wir, sowie die Kurfürsten, Fürsten und Stände keinen anderen Stand des Reiches wegen der Augsburgischen Konfession und deren Lehre, Religion und Glauben in gewaltsamer Weise überziehen, schädigen, nötigen oder auf anderem Wege gegen seine Überzeugung, sein Gewissen und seinen Willen wegen dieser Augsburgischen Konfession, ihrem Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Zeremonien, die sie eingerichtet haben oder noch einrichten werden, in ihren Fürstentümern, Ländern und Herrschaftsbereichen bedrängen oder durch Mandat oder auf andere Weise belasten oder verachten, sondern diese Religion, ihren Glauben, ihre Kirchengebräuche, Ordnungen und Zeremonien, auch ihr bewegliches und unbewegliches Hab und Gut, Land, ihre Leute, Herrschaften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten in Ruhe und Frieden lassen; und die umstrittene Religion soll nur durch christliche, freundliche und friedliche Mittel und Wege zu einem einvernehmlichem, christlichem Verständnis und Vergleich geführt werden, alles unter Kaiserlichen und Königlichen Würden, Fürstlichen Ehren, wahren Worten und unter der Strafandrohung des Landfriedens. [Schutz der Angehörigen des katholischen Glaubens] § 16. Auf der anderen Seite sollen die Stände, die der Augsburgischen Konfession anhängen, die Römische Kaiserliche Majestät, Uns und die Kurfürsten, Fürsten und die anderen Stände des Heiligen Reichs, die der alten Religion anhängen, geistlich und weltlich, mitsamt ihren Kapiteln und anderen geistlichen Ständen, auch unbeachtlich einer Verlegung ihrer Residenzen (doch mit der Bestellung der Dienste soll es so gehalten werden, wie hier unten in einem besonderen Artikel [§ 21] festgelegt), in gleicher Weise in ihrer Religion, ihrem Glauben, ihren Kirchengebräuchen, Ordnungen und Zeremonien, auch in ihrem beweglichen und unbeweglichen Hab und Gut, Land, ihren Leute, Herrschaften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten, Renten, Zinsen und Zehnten unbeschwert bleiben und sie in Ruhe und Frieden gewähren lassen; auch mit Taten oder sonst in böser Absicht sollen sie nichts gegen dieselben unternehmen, sondern sich wechselseitig mit den Rechten, Ordnungen, Abschieden und errichteten Landfrieden des Heiligen Reiches begnügen, alles unter Fürstlichen Ehren, wahren Worten und unter Vermeidung der Strafen aus dem geschlossenen Landfrieden. [Ausschluß anderer Bekenntnisse] § 17. Jedoch sollen alle anderen außer den oben erwähnten beiden Religionen nicht von diesem Frieden erfaßt, sondern gänzlich ausgeschlossen sein. [Geistlicher Vorbehalt] § 18. Nachdem bei den Verhandlungen über diesen Frieden Streit darüber aufgetreten ist, was mit den Erzbistümern, Bistümern, Prälaturen [Sprengeln] und Benefizien der Geistlichen geschehen soll, die von der alten Religion abgefallen sind, und sich die beiden Religionsstände darüber nicht haben einigen können, haben Wir auf Grund der Uns von der Römischen Kaiserlichen Majestät erteilten Vollmacht folgendes erklärt und verkündet: Wo ein Erzbischof, Bischof, Prälat oder ein anderer Fürst geistlichen Standes von Unser alten Religion abfällt, verliert er mit sofortiger Wirkung sein Erzbistum, Bistum, Prälatur und andere Benefizien, und damit auch alle eventuellen Erträge und Einkünfte, jedoch ohne Nachteil für seine Ehre und sein Ansehen; die [geistlichen] Kapitel und diejenigen, denen das Erzbistum, Bistum etc. nach allgemeinem Recht oder dem Gewohnheitsrecht der Kirche oder des Stifts gehört, wählen eine Person, die der alten Religion angehört, als Nachfolger in das Amt, alles jedoch vorbehaltlich einer künftigen Christlichen, freundlichen und endgültigen Regelung der Religionen. [Aufgehobene geistliche Einrichtungen] § 19. Dieweil aber etliche Stände und deren Vorfahren etliche Stifte, Klöster und andere geistliche Güter eingezogen und dieselben als Kirchen, Schulen und andere gemeinnützige Einrichtungen genutzt haben, sollen auch diese eingezogenen Güter, welche denjenigen, die dem Reich ohne Mittel unterworfen und die Reichsstände sind, nicht gehören und in deren Besitz die Geistlichen zur Zeit des Passauer Vertrages [1552] oder danach nicht gewesen sind, von diesem Frieden mit umfaßt und einbezogen sein; im Hinblick auf die eingezogenen und verwendeten Güter soll es bei dem gegenwärtigen Zustand bleiben, und zur Erhaltung eines beständigen, ewigen Friedens sollen die betroffenen Stände nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb befehlen und gebieten Wir hiermit auf Grund dieses Abschieds dem Kaiserlich Majestätischen Kammerrichter und den Beisitzern, daß sie wegen dieser eingezogenen und verwendeten Güter keine Ladung und kein gerichtliches Verfahren anordnen sollen. [Suspendierung der bisherigen geistlichen Gerichtsbarkeit] § 20. Damit die Angehörigen der oben erwähnten beiden Religionen auch miteinander in beständigem Frieden und guter Sicherheit leben können, soll die geistliche Gerichtsbarkeit (jedoch unbeschadet der Gerichtsbarkeit der geistlichen Kurfürsten, Fürsten und Stände, Kollegien, Klöster und Ordensleute wegen ihrer Renten, Gülten [Steuern], Zinsen und Zehnten, weltlichen Lehenschaften und sonstigen Rechte) über die Angehörigen der Augsburgischen Konfession wegen ihrer Religion, ihres Glaubens, der Bestellung der Dienste, ihrer Kirchengebräuche, Ordnungen und Zeremonien, die sie eingerichtet haben oder noch einrichten werden, bis zu einem endgültigen Religionsausgleich nicht ausgeübt werden, sondern die Gerichtsbarkeit soll den Angehörigen der Augsburgischen Konfession wegen ihrer Religion, ihres Glaubens, ihrer Kirchengebräuche, Ordnungen, Zeremonien und der Bestellung der Dienste, nach Maßgabe des nachfolgenden besonderen Artikels, selbst überlassen bleiben, kein Hindernis soll dem entgegenstehen und bis zu einem endgültigen Christlichen Ausgleich der Religionen soll die geistliche Gerichtsbarkeit also ruhen, eingestellt und suspendiert sein und bleiben; aber in anderen Sachen und Fällen der Augsburgischen Konfession als der Religion, dem Glauben, den Kirchengebräuchen, Ordnungen, Zeremonien und der Bestellung der Dienste soll und mag die geistliche Gerichtsbarkeit durch die Erzbischöfe, Bischöfe und andere Prälaten, wie sie an einem jeden Ort überliefert und ausgeübt worden ist, weiterhin wie bisher ungehindert ausgeübt und angewendet werden. [Bisherige kirchliche Abgaben] § 21. Wenn auch den Ständen, die der alten Religion angehören, alle ihre Renten, Zinsen, Gülten [Steuern] und Zehnten weiterhin zustehen sollen, so soll doch einem jeden Stand, dem eigene Renten, Zinsen, Gülten, Zehnten oder Güter zustehen, seine weltliche Obrigkeit und Rechtshoheit in Bezug auf diese Güter uneingeschränkt erhalten bleiben, sofern er auch vor Beginn des Religionsstreits eine solche ausgeübt hat; ungeachtet der Religion sollen von diesen Gütern die erforderlichen Dienste der Kirchen, Pfarren und Schulen, auch die Allmosen und Hospitäler, bestehende und künftige, bestellt und versehen werden. [Streitigkeiten über die bisherigen kirchlichen Abgaben] § 22. Sofern wegen einer solchen Bestellung Streitigkeiten entstehen, sollen sich die Parteien mit Hilfe von Schiedspersonen vergleichen, die nach summarischer Anhörung beider Teile innerhalb von sechs Monaten entscheiden sollen, was und wieviel zur Unterhaltung oben erwähnter Dienste gegeben werden soll (jede Partei soll ein oder zwei Personen benennen und, falls die Schiedspersonen sich nicht einigen können, sollen die Parteien einen unparteiischen Obmann wählen, der die Angelegenheit mit den Schiedspersonen als Beisitzern nochmals entscheiden soll); jedoch sollen diejenigen, die wegen der Unterhaltung der Dienste angefochten werden, vor einer gütlichen Einigung oder einer Entscheidung der Schiedspersonen oder gegebenenfalls des Obmanns nicht ihres Besitzes enthoben, arrestiert oder sonstwie behindert werden. Nichtsdestoweniger sollen die vorerwähnten Personen, denen die Renten, Gülten [Steuern], Zinsen, Zehnten und Güter zustehen, mit denen von Alters her die Dienste der Kirchen versehen worden sind, und denen eine solche Verpflichtung auferlegt worden ist, bis zu einer gütlichen Einigung oder Entscheidung in der Sache weiterhin das entrichten, was sie von Alters her für diese Dienste gegeben haben. [Verbot der Zwangsbekehrung] § 23. Es soll auch kein Stand den anderen oder dessen Untertanen zu seiner Religion drängen, abwerben oder gegen seine Obrigkeit in Schutz nehmen oder in irgendeiner Weise verteidigen. Und es soll hiermit denjenigen, die von Alters her Schutz- und Schirmherrn unterstanden haben, hierdurch nichts genommen und dieselben nicht gemeint sein. [Abzugsrecht bei Bekenntniswechsel] § 24. Wo aber Unsere Untertanen oder die der Kurfürsten, Fürsten und Stände der alten Religion oder der Augsburgischen Konfession anhängen und wegen dieser ihrer Religion aus Unseren Landen, Fürstentümern, Städten oder Flecken oder aus denen der Kurfürsten, Fürsten und Stände des Heiligen Reichs mit ihren Weibern und Kindern an andere Orte ziehen und sich dort niederlassen wollen, soll ihnen ein solcher Ab- und Zuzug und auch der Verkauf ihres Hab und Gut gegen einen angemessenen Abtrag ihrer Leibeigenschaft und Nachsteuer, wie es an jedem Ort von Alters her üblich, überliefert und gehalten worden ist, ungehindert möglich und gestattet sein, allerdings ohne Entschädigung für ihre Ehren und Pflichten. Jedoch soll das Recht der Obrigkeit, sich von ihren Leibeigenen zu lösen, hierdurch unberührt bleiben. [Religionsausgleich] § 25. Nachdem ein Religionsausgleich auf angemessene Weise gesucht werden soll, dieser aber ohne einen beständigen Frieden wohl nicht zustande kommen kann, haben Wir, auch die Räte der Kurfürsten an deren Stelle, die erschienenen Fürsten, Stände und die Botschafter und Gesandten der Abwesenden, geistliche und weltliche, um das hochschädliche Mißtrauen im Reich zu beseitigen, diesen Frieden und diese löbliche Nation vor dem endgültigen, bevorhenden Untergang zu bewahren und um eher zu einem Christlichen, freundlichen und endgültigem Ausgleich der Religionsspaltung zu kommen, darin eingewilligt, einen solchen Frieden mit allen oben beschriebenen Artikeln bis zu einem Christlichen, freundlichen und endgültigem Ausgleich der Religionen und Glaubenssachen stetig, fest und unverbrüchlich zu halten und demselben ehrlich nachzukommen. Sollte ein solcher Religionsausgleich durch eine General- oder Nationalversammlung, Colloquien oder andere Reichshandlungen nicht erfolgen, so soll dieser Frieden dann nichtsdestoweniger in allen oben erwähnten Punkten und Artikeln bis zu einem endgültigen Ausgleich der Religionen und Glaubenssachen in Kraft und bestehen bleiben, und es soll hiermit in der oben erwähnten Form ein beständiger, unbedingter, ewig währender Friede errichtet und beschlossen sein. [Einbeziehung der Reichsritterschaft] § 26. Und von diesem Frieden soll die freie Ritterschaft, welche ohne Mittel der Kaiserlichen Majestät und Uns unterworfen ist, auch erfaßt sein, und zwar dergestalt, daß sie wegen der beiden oben erwähnten Religionen von niemandem genötigt, bedrängt oder belastet werden soll. [Regelung für die Reichsstädte] § 27. Nachdem aber in vielen Frei- und Reichsstädten beide Religionen, nämlich unsere alte Religion und die der Augsburgischen Konfession verwandte Religion, vertreten sind, soll es weiterhin dabei bleiben und in diesen Städten so gehalten werden; die Bürger der Frei- und Reichsstädte und andere Einwohner, geistlichen und weltlichen Standes, sollen friedlich und ruhig bei- und nebeneinander wohnen, und keine Seite soll die Religion der anderen, ihre Kirchengebräuche oder Zeremonien abschaffen oder die andere Seite davon abbringen, sondern jede Seite soll die Religion der anderen, ihren Glauben, ihre Kirchengebräuche, Ordnungen und Zeremonien, auch ihr Hab und Gut und alles andere, wie es hier oben von den Reichsständen beider Religionen niedergelegt worden ist, in Ruhe und Frieden lassen. [Bestätigung der bisherigen Friedensregelungen] § 28. Alle Regelungen in früheren Reichsabschieden oder sonstigen Ordnungen, die diesem Frieden mit allen seinen Begriffen, Artikeln und Punkten entgegenstehen oder so verstanden werden können, sollen außer Kraft gesetzt werden, und es soll dagegen auch keine Deklaration oder etwas anderes erlassen oder angenommen werden können, was diese Friedensregelungen verhindern oder verändern könnte, oder falls solche Erklärungen schon erlassen oder angenommen worden sein sollten, sollen diese dennoch unwürdig und unwirksam und eine Berufung darauf nicht rechtens sein. [Kaiserliches und königliches Versprechen] § 29. Die Vereinbarungen wie oben beschrieben und in den Artikeln festgehalten wollen Ihre Liebende und Kaiserliche Majestät und Wir bei Ihren Kaiserlichen und Unsern Königlichen Würden und Worten für Uns und Unsere Nachkommen stets unverbrüchlich und aufrichtig einhalten und vollziehen, und geloben, weder jetzt noch künftig aus eigener Machtvollkommenheit oder unter einem anderen Vorwand dagegen zu verstoßen, oder dieses jemand anderem in Ihrer Liebenden und Kaiserlichen Majestät und Unserem Namen zu gestatten. [Versprechen der Reichsstände] § 30. Und Wir, die abgeordneten Räte der Kurfürsten für Ihre Kurfürstlichen Gnaden, auch für ihre Nachkommen und Erben, Wir, die erschienenen Fürsten, Prälaten, Grafen, Herren und die Gesandten, Botschafter und Gewalthaber der abwesenden Fürsten, Prälaten, Grafen, Herren und Frei- und Reichsstädte des Heiligen Reiches für Unsere Herrschaften und Oberen, auch für ihre Nachkommen und Erben, versprechen bei fürstlichen Ehren und Würden und im Wort der Wahrheit, auch bei Treu und Glauben, soweit es einen jeden betrifft oder betreffen mag, die obenstehenden Vereinbarungen fest, aufrichtig und unverbrüchlich zu halten und ihnen getreulich und unweigerlich nachzukommen. [Datum] Gegeben in Unser König Ferdinands und des Heiligen Reiches Stadt Augsburg am XXV. Tag des Monats September im M. D. LV. Jahr nach Christi Unseres lieben Herrn Geburt, im XXV. Jahr Unseres Römischen Reiches und im XXIX. Jahr der anderen. Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555 Frühneuhochdeutscher Originaltext [§§ 1 bis 30 des Augsburger Reichsabschiedes vom 25. September 1555] Wir Ferdinand von Gottes Gnaden Römischer König zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, in Germanien, zu Hungarn, Böheim, Dalmatien, Croatien und Sclavonien etc. König, Infant in Hispanien, Ertz-Hertzog zu Oesterreich, Hertzog zu Burgund, zu Braband, zu Steyer, zu Kärndten, zu Krayn, zu Lützemburg und zu Würtenberg, Ober- und Nieder-Schlesien, Fürst zu Schwaben, Marggraf des Heil. Röm. Reichs zu Burgau, zu Mähren, Ober- und NiederLaußnitz, Gefürsteter Graf zu Habspurg, zu Tyrol, zu Pfirt, zu Kyburg und zu Görtz etc., Landgraf im Elsaß, Herr auf der Windischen Marck, zu Portenau und zu Salins, etc. Bekennen öffentlich und thun kund allermänniglich: Nachdem die Römische Kayserl. Majestät, Unser lieber Bruder und Herr, aus hochdringenden, bewegenden Ursachen, fürnemlich aber darum, dieweil Ihro Majestät befunden, daß des Heil. Reichs Satzungen, Ordnungen und Abschiede mit gesamtem gnädigen, getreuen und ernstlichen durch Ihr Liebd. und Kayserl. Majest., Unsern und des Heil. Reichs Stände und Glieder fürgewendtem Fleiß, Mühe und Arbeit bisher die begehrte und gewünschte Frucht und Würckung, wie es die hohe Nothdurfft wol erfordert, nicht erlangt, auch sich viel Widerwärtigkeit und Unruhe im Heil. Reich zugetragen, zudem der Justitien halben, auch in andern ihrer Liebd. und Kayserl. Majestät, Unser und des Reichs Rechten, Gerechtigkeiten, Ordnungen, Satzungen, alten Gewohnheiten, Herkommen Verhinderung und allerhand Unrichtigkeiten, Beschwerden, Mängel und Gebrechen fürgefallen und eingerissen, einen gemeinen Reichs-Tag auf die hievor zu Passau gepflogene Handlung und Vertrag durch Ihr. Liebd. und Kayserl. Majestät und Unsere gnädige Beförderung, auch in Betrachtung und Erinnerung Ihrer Liebd. und Kayserlichen Majestät obliegenden und tragenden Amts auf den 16. Tag des Monats Augusti verschienenes drey und funffzigsten Jahrs der weniger Zahl in Ihrer Liebd. und Kayserl. Majestät, Unser und des Heiligen Reichs Stadt Ulm ausgeschrieben, angesetzt und fürgenommen, auch des endlichen Vorhabens gewesen, solchen angesetzten Reichs-Tag vermittelst Göttlicher Hülff selbst eigner Person gewißlich zu besuchen und fürgehen zu lassen. [Einberufung des Reichstages] § 1. Und aber aus fürfallenden Verhinderungen und entstandenen Kriegs-Ubungen, die sich damals gantz gefährlich im Heiligen Reich Teutscher Nation ereugt, die obernannt Ihrer Liebd. und Kayserlichen Majest. angesetzte Zeit zu halten und den ausgeschriebenen ReichsTag derselben gemäß zu besuchen in Betrachtung aller Umstände und Gelegenheit derselben Zeit nicht allein beschwerlich, sondern auch unmöglich gewesen. Und doch Ihr Liebd. und Kayserl. Majestät nicht allein für ein hoch unvermeidentliche Nothdurfft erachtet, solchen angesetzten Reichs-Tag in allweg Fürgehen zu lassen, sondern auch im Grund befunden und erkennt, auch endlich dafür gehalten, daß ohn ein solche gemeine Versammlung die gemeinen obliegenden Beschwehrden nicht abgewendet oder der gemein Fried, Ruhe und Wolfahrt im H. Reich gefürdert und erhalten werden könnt. § 2. Demnach haben Ihr Liebd. und Kays. Majest. aus jetztgemeldten Ursachen und ihrem allergnädigsten Willen und Vätterlichem Gemüth, so sie zu dem Reich Teutscher Nation tragen, anzuhangen, den berührten Reichs-Tag in ferrer Zeit, und biß auf den ersten Tag folgends Monats Octobris verlängert und erstreckt, auch nochmals, als die entstandenen Kriegs-Empörungen zu jetzt bemeldter Zeit nicht allerding gestillt und eben die vorigen Verhinderungen im Wege gelegen und Ihr Liebd. und Kayserliche Majestät deren NiederErblanden halben mit grossen und schweren Kriegs-Rüstungen tringenlich verhafft gewesen, ferrer Prorogation fürgenommen, auch solchen Reichs-Tag in Ihrer Liebd. und Kayserlichen Majestät, auch Unser und des H. Reichs-Stadt Augspurg, als ein gelegenere Mahlstatt transferirt, verruckt und verlegt. [Unmöglichkeit persönlichen Erscheinens des Kaisers] § 3. Und wiewol Ihr Liebd[en] und Kayserl. Majestät der endlichen und schließlichen Meynung und Vorhabens gewesen, solchen Reichs-Tag, in Massen sie das gnädiglich versprochen, mit Hülff und Verleyhung des Allmächtigen selbs eigener Person zu besuchen, demselbigen beyzuwohnen, auszuwarten, in allen Obliegen und Beschwerungen des H. Reichs Teutscher Nation, vätterlichen und höchsten Fleiß mit ungespahrter Mühe und Arbeit ihrem Kayserlichen Amt und höchstem Vermögen nach fürzuwenden, auf daß alle Sachen förderlich zu einem guten Beschluß gebracht, und dieser Reichs-Tag ein fruchtbarlichs, gutes Ende erlangen möcht: So seynd doch Ihrer Liebd. und Kayserlichen Majestät Ihre Leibs Unvermöglichkeit und andere offenbahre Ungelegenheit dermassen obgelegen, daß sie sich auff solche weite, schwere Reiß über Land der Zeit nicht begeben dörffen, also daß sie dardurch wider ihren Willen verhindert, auff diesem Reichs-Tag zu erscheinen. [Vertretung des Kaisers durch den König] § 4. Damit aber derselbig nicht destoweniger sein würcklichen Fürgang endlich erlangte, und ferner mit mercklicher Beschwerung, Gefahr und Nachtheil des H. Reichs, und desselben Obliegen keines Wegs eingestellt oder weiter auffgeschoben und erstreckt würde, wie dann Ihr Liebd. und Kayserl. Majest. für eine hohe, unvermeidliche Nothdurfft geacht, dem wachsenden Unrath und allen vorstehenden Gefährlichkeiten und Sorgfältigkeiten desto zeitlicher mit Ernst, vermittelst Göttlicher Hülff und Gnaden, zu begegnen und an Ihrer Liebd. und Kayserl. Majest. in allem dem, so dem Heiligen Reich, sonderlich dem geliebten Vatterland Teutscher Nation zu Ehren, Nutz, Wolfahrt, und Gutem, auch Fried, Ruhe und Einigkeit erschießlich und dienstlich seyn möcht, kein Verzug, Mangel oder Verhinderung erscheinen zu lassen, daß dieser Reichs-Tag seinen endlichen Fürgang erreichte: so haben Ihr Liebd. und Kayserliche Maj. Uns als Römischen König freundlich und brüderlich ersucht, daß Wir in Ihrer Maj. Abseyn Ihr Liebd. und Kays. Maj. verwesen und diesem Reichs-Tag beywohnen wolten, Uns auch vollmächtigen, absolute und ohn Hinter-sich-bringen Gewalt gegeben, mit Churfürsten, Fürsten und gemeinen Ständen, auch der Abwesenden Räthen, Bottschafften und Gesandten alles das fürzunehmen, zu handeln und zu schliessen, das dem H. Reich zu Ehren, Auffnehmen, Nutz und Gutem und zu Abstellung und Verhütung aller verdächtlichen Unruhen, Widerwärtigkeiten und Gefährlichkeiten, auch Beförderung, Pflantzung und Erhaltung beständigs Friedens und gemeiner Wolfahrt immer gereichen möcht. Zudem Uns auch ihre Kayserliche Commissarien zugeordnet, Uns in allen fürfallenden Handlungen allen guten Beystand von Ihrer Liebd. und Kays. Maj. wegen zu leisten. § 5. Darauf Wir Uns Gott dem Allmächtigen zu Lob und zu Ehren und Ihrer Liebd. und Kayserlicher Majestät zu freundlichem und brüderlichem Gefallen, auch des gnädigen, milden Willens und Vorhabens des Heil. Reichs Teutscher Nation, Unsers geliebten Vatterlands, Unser und des heiligen Reichs gemeiner Stände und Unterthanen Nutz, Wolfahrt, Gedeyen und Aufnehmen zu befürdern und die vorstehende sorgliche Zerrüttungen nach Möglichkeiten abzuwenden willfährig erzeiget, die Sachen aus gnädigem, getreuen, vätterlichem, wohlmeynendem Gemüth auf Uns genommen. [Termin des Reichstages] § 6. Wiewol Wir nun auf die letzt Ihrer Liebd. und Kayserlichen Majestät Prorogation auf Martini nechsthin angesetzt Vorhabens gewesen, allhie persönlich einzukommen und im Namen Ihrer Liebd. und Kayserlichen Majestät solchem Reichs-Tag ein glücklichen Eingang zu geben: So sind Wir doch etlicher hoher Unser, Unserer Königreich und Land Obliegen und Nothdurfften halben daran verhindert und gedrungen worden, vor und ehe Wir Uns von denselbigen Unsern Königreichen und Landen, so ein ferren, weiten Weg hierauf begeben, allerhand Geschäft und Sachen zu verrichten und nothwendige Verordnung zu thun, damit angeregt Unser Königreich und Land desto besser versehen und für Ein- und Überfall der benachbarten gewaltigen Feinde, so viel möglich, verhütet werden möchten. Gleichwol haben Wir dannoch, unangesehen aller Unser Ungelegenheit, Uns so viel gefördert, daß Wir auf den neun und zwantzigsten Decembris nechst verschienen vermittelst Göttlicher Gnaden glücklich allhie ankommen in Meynung und Willen, des H. Reichs Sachen und Obliegen, so auf diesem Reichs-Tag fürgenommen und tractirt werden müssen, mit Churfürsten, Fürsten und Ständen des Heiligen Reichs und der Abwesenden Räthen und Bottschafften zum besten und getreusten Handeln, schliessen und ins Werck richten und bringen zu helffen, wie solche obliegenden Puncten und Articul des Kayserlichen Ausschreibens und erfolgte Prorogation zu diesem Reichs-Tag weiter nach der Länge inhalten und vermögen. [Bekenntnisfrage] § 7. Und als der Churfürsten geordnete Räthe, etliche Fürsten und Stände des Heiligen Reichs eigener Person und etliche durch ihre Bottschafften mit vollkommenen Gewalt bey Uns gehorsamlich erschienen, und Wir Uns mit ihnen, an welchen Puncten am meisten gelegen und welcher Gestalt die Berathschlagung furzunehmen zuförderst erinnert, hat sich gleich alsbald, wie auch auf etlichen vor gehaltenen Reichs-Tagen erfunden, daß der Articul der spaltigen Religion, daraus nunmehr ein gute Zeit allerhand Unrath, Unfall und Widerwertigkeit im Reich Teutscher Nation erfolgt, unter andern des Heiligen Reichs beschwerlichen Obliegen nochmals der fürnemst, trefflichst und hochwichtigst, an dem allen Ständen und Unterthanen zu dem höchsten gelegen, unerledigt fürstünde. § 8. Daraus dann der Churfürsten Räthe, die erscheinende Fürsten, Stände, Bottschafften und Gesandten auf Unser Proposition dieses Reichs-Tags ihnen gnädiglich fürgehalten, zuförderst diesen hochwichtigen Articul fürzunehmen und zu handeln wohl bedacht gewesen. [Errichtung eines dauerhaften Friedens] § 9. Als sich aber gleich alsbald in der Berathschlagung eräugt, daß nach Grösse und Weitläufftigkeit dieser Tractation über die Hauptarticul und Sachen Unsers Heiligen Christlichen Glaubens, Ceremonien und Kirchen-Gebräuchen die endliche Vergleichung dieses trefflichen Articuls in weniger Zeit nicht wol zu finden, und dann alle Gelegenheiten sich dermassen ansehen lassen, daß noch wol allerhand Unruhe und Kriegs-Empörungen, dadurch gemeine Sicherheit gestöhrt werden, im H. Reich Teutscher Nation entstehen, dadurch auch, wo nicht zuvor ein beständiger Fried, Execution und Handhabung desselben im H. Reich aufgericht, die Stände und Bottschafften von solcher fürgenommener heilsamer Tractation und Berathschlagung wol abgehalten oder verhindert werden mögen. [Aufschub der Beschlußfassung über die Bekenntnisfrage] § 10. So ist durch die Stände, Bottschafften und Gesandten aus jetzterzehlten Bedencken und erheischender Noth für rathsam, fürträglich und nothwendig angesehen, auch Uns in Unterthänigkeit vermeldet, daß die Tractation dieses Articuls der Religion auf andere gelegene Zeit einzustellen. [Beschränkung auf die Errichtung des Friedens] § 11. Und haben demnach den Articul des Friedens, wie gemeine Ruhe und Sicherheit in Teutscher Nation zu erlangen, zu erbauen und zu erhalten, wie auch Churfürsten, Fürsten und Stände in ein guts Vertrauen gegen einander zu setzen, dadurch ferrer Nachtheil, Schaden und Verderben abgewendet werden, auch die Kayserl. Majest., Unser lieber Bruder und Herr Wir und sie, die Stände des Reichs in geliebtem Frieden andere mehrfältige Obliegen des Reichs Teutscher Nation, so viel desto stattlicher, sicherer und fruchtbarlicher bey noch währendem Reichs-Tag oder zu anderer Zeit tractiren und handeln möchten, in Berathschlagung gezogen. [Einhaltung des Landfriedens] § 12. Wiewol nun auf vorigen Reichs-Tägen der Land-Fried fürgenommen, erwogen, gebessert und in gemein aufgericht, dardurch im H. Reich verhoffentlich ein friedlich Wesen zu erhalten, so hat doch die Erfahrniß nach der Hand mit sich bracht, daß derselbige aufgericht Land-Fried und die darin verordnete Handhabung, Unruhe und Empörungen zu verhüten nit gnugsam, und sich auch des Zuziehens halben, wie die Anstossenden und Genachbarten den Beleidigten zu Hülff kommen solten, sonderliche Beschwerungen und Verhinderungen zugetragen; derwegen Wir sie, die Stände und Bottschafften, ersucht und vermahnt, etliche Mängel des Land-Friedens aus begegneten und noch vor Augen stehenden Dingen stattlich zu erwegen und auf Mittel zu gedencken, dardurch zu gewisser und standhafftiger Handhabung und Erhaltung des gemeinen Friedens zu kommen, und ob solche Besserung der hievor darüber aufgerichteten Constitution in angezogenen Mängeln oder in andere erschießliche Wege versehen werden möcht, damit also die Unruhigen Abscheu hätten, den gemeinen Frieden zu betrüben, und die Gehorsame einen Trost wüsten, wann sie vergewältigt werden wollten, daß ihnen gewisse Hülff und Rettung beschehen würd. [Ausdehnung des Landfriedens auf Religionsstreitigkeiten] § 13. In solcher fürgezogener Berathschlagung des Friedens haben sich gleich alsbald aus der Erfahrnuß und demjenigen, so hievor fürgangen, der Churfürsten Räthe, erscheinende Fürsten, Ständ, Bottschafften und Gesandten erinnert: dieweil auf allen von dreyssig oder mehr Jahren gehaltenen Reichs-Tägen und etlichen mehr Particular-Versammlungen von einem gemeinen, beharrlichen und beständigen Frieden zwischen des Heiligen Reichs Ständen der strittigen Religion halben aufzurichten, vielfältig gehandelt, gerathschlagt und etlichemal Fried-Stände aufgericht worden, welche aber zu Erhaltung des Friedens niemals gnugsam gewesen, sonder deren unangesehen die Stände des Reichs für und für in Widerwillen und Mißvertrauen gegen einander stehen blieben, daraus nicht geringer Unrath sein Ursprung erlangt. Woferr dann in währender Spaltung der Religion ein ergäntzte Tractation und Handlung des Friedens in beeden, der Religion, prophan und weltlichen Sachen, nicht fürgenommen wird, und in alle Wege dieser Articul dahin gearbeitet und verglichen, damit beyderseits Religionen, hernach zu vermelden, wissen möchten, weß einer sich zu dem andern endlich zu versehen, daß die Stände und Unterthanen sich beständiger, gewisser Sicherheit nit zu getrösten, sonder für und für ein jeder in unträglicher Gefahr zweiffentlich stehen müst. Solche nachdenckliche Unsicherheit aufzuheben, der Ständ und Unterthanen Gemüther wiederum in Ruhe und Vertrauen gegen einander zu stellen, die Teutsche Nation, Unser geliebt Vatterland, vor endlicher Zertrennung und Untergang zu verhüten, haben Wir Uns mit der Churfürsten Räthen und Geordneten, den erscheinenden Fürsten und Ständen, der Abwesenden Bottschafften und Gesandten und sie hinwieder sich mit Uns vereinigt und verglichen. [Allgemeines Friedensgebot] § 14. Setzen demnach, ordnen, wöllen und gebieten, daß hinfüro niemands, was Würden, Stands oder Wesen der sey, um keinerley Ursachen willen, wie die Namen haben möchten, auch in was gesuchtem Schein das geschehe, den andern bevehden, bekriegen, berauben, fahen, überziehen, belägern, auch darzu für sich selbs oder jemands andern von seinetwegen nit dienen, noch einig Schloß, Städt, Marckt, Befestigung, Dörffer, Höffe und Weyler absteigen oder ohn des andern Willen mit gewaltiger That freventlich einnehmen oder gefährlich mit Brand oder in andere Wege beschädigen, noch jemands solchen Thätern Rath, Hülff und in kein andere Weiß Beystand oder Fürschub thun, auch sie wissentlich und gefährlich nicht herbergen, behausen, etzen, träncken, enthalten oder gedulden, sondern ein jeder den andern mit rechter Freundschafft und Christlicher Lieb meynen, auch kein Stand noch Glied des H. Reichs dem andern, so an gebührenden Orten Recht leyden mag, den freyen Zugang der Proviant, Nahrung, Gewerb, Renth, Gült und Einkommen abstricken noch aufhalten, sonder in alle Wege die Kayserl. Majestät und Wir alle Stände und hinwiederum die Stände die Kayserl. Maj., Uns, auch ein Stand den andern bey diesen nachfolgenden Religions-, auch gemeiner Constitution des aufgerichten Land-Friedens alles Innhalts bleiben lassen sollen. [Einbeziehung der Angehörigen des Augsburger Bekenntnisses] § 15. Und damit solcher Fried auch der spaltigen Religion halben, wie aus hievor vermelten und angezogenen Ursachen die hohe Nothdurfft des H. Reichs Teutscher Nation erfordert, desto beständiger zwischen der Röm. Rayserl. Maj., Uns, auch Churfürsten, Fürsten und Ständen des H. Reichs Teutscher Nation angestellt, aufgericht und erhalten werden möchte, so sollen die Kayserl. Maj., Wir, auch Churfürsten, Fürsten und Stände des H. Reichs keinen Stand des Reichs von wegen der Augspurgischen Confession und derselbigen Lehr, Religion und Glaubens halb mit der That gewaltiger Weiß überziehen, beschädigen, vergewaltigen oder in andere Wege wider sein Conscientz, Gewissen und Willen von dieser Augspurgischen Confessions-Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, so sie aufgericht oder nochmals aufrichten möchten, in ihren Fürstenthumen, Landen und Herrschafften tringen oder durch Mandat oder in einiger anderer Gestalt beschweren oder verachten, sondern bey solcher Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, auch ihren Haab, Gütern, liegend und fahrend, Land,. Leuthen, Herrschafften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten ruhiglich und friedlich bleiben lassen, und soll die streitige Religion nicht anders dann durch Christliche, freundliche, friedliche Mittel und Wege zu einhelligem, Christlichem Verstand und Vergleichung gebracht werden, alles bey Kayserl. und Königl. Würden, Fürstl. Ehren, wahren Worten und Pön des Land-Friedens. [Schutz der Angehörigen des katholischen Glaubens] § 16. Dargegen sollen die Stände, so der Augspurgischen Confession verwandt, die Röm. Kays. Mai., Uns und Churfürsten, Fürsten und andere des H. Reichs Stände der alten Religion anhängig, geistlich und weltlich, samt und mit ihren Capituln und andern geistlichs Stands, auch ungeacht, ob und wohin sie ihre Residentzen verruckt oder gewendet hätten (doch daß es mit Bestellung der Ministerien gehalten werde, wie hie unten darvon ein sonderlicher Articul gesetzt,) gleicher Gestalt bey ihrer Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, auch ihren Haab, Gütern, liegend und fahrend, Landen, Leuthen, Herrschafften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten, Renthen, Zinsen, Zehenden unbeschwert bleiben und sie derselbigen friedlich und ruhiglich gebrauchen, geniessen, unweigerlich folgen lassen und getreulichen darzu verholffen seyn, auch mit der That oder sonst in ungutem gegen denselbigen nichts fürnehmen, sondern in alle Wege nach Laut und Ausweisung des H. Reichs Rechten, Ordnungen, Abschieden und aufgerichten Landfrieden jeder sich gegen dem andern an gebührenden, ordentlichen Rechten begnügen lassen, alles bey Fürstl. Ehren, wahren Worten und Vermeidung der Pön, in dem uffgerichten Land-Frieden begriffen. [Ausschluß anderer Bekenntnisse] § 17. Doch sollen alle andere, so obgemelten beeden Religionen nicht anhängig, in diesem Frieden nicht gemeynt, sondern gäntzlich ausgeschlossen seyn. [Geistlicher Vorbehalt] § 18. Und nachdem bey Vergleichung dieses Friedens Stritt fürgefallen, wo der Geistlichen einer oder mehr von der alten Religion abtretten würden, wie es der von ihnen biß daselbst hin besessenen und eingehabten Ertzbistumb, Bistumb, Prälaturn und Beneficien halben gehalten werden soll, welches sich aber beeder Religions-Stände nit haben vergleichen können, demnach haben Wir in Krafft hochgedachter Röm. Kays. Majest. Uns gegebenen Vollmacht und Heimstellung erklärt und gesetzt, thun auch solches hiemit wissentlich also: wo ein Ertzbischoff, Bischoff, Prälat oder ein anderer Geistliches Stands von Unser alten Religion abtretten würde, daß derselbig sein Ertzbistumb, Bistumbe, Prälatur und andere Beneficia, auch damit alle Frucht und Einkommen, so er davon gehabt, alsbald ohn einige Verwiderung und Verzug, jedoch seinen Ehren ohnnachtheilig, verlassen, auch den Capituln, und denen es von gemeinen Rechten oder der Kirchen und Stifft Gewohnheiten zugehört, ein Person, der alten Religion verwandt, zu wehlen und zu ordnen zugelassen seyn, welche auch samt der geistlichen Capituln und andern Kirchen bey der Kirchen und Stifft Fundationen, Electionen, Präsentationen, Confirmatiohen, altem Herkommen, Gerechtigkeiten und Gütern, liegend und fahrend, unverhindert und friedlich gelassen werden sollen, jedoch künfftiger Christlicher, freundlicher und endlicher Vergleichung der Religion unvergreifflich. [Aufgehobene geistliche Einrichtungen] § 19. Dieweil aber etliche Stände und derselben Vorfahren etliche Stiffter, Klöster und andere geistliche Güter eingezogen und dieselbigen zu Kirchen, Schulen, Milten und andern Sachen angewendt, so sollen auch solche eingezogene Güter, welche denjenigen, so dem Reich ohn Mittel unterworffen und Reichsstände sind, nicht zugehörig und dero Possession die Geistlichen zu Zeit des Passauischen Vertrags oder seithero nicht gehabt, in diesem Friedstand mit begriffen und eingezogen seyn und bey der Verordnung, wie es ein jeder Stand mit obberührten eingezognen und allbereit verwendten Gütern gemacht, gelassen werden und dieselbe Stände derenthalb weder inn- noch ausserhalb Rechtens zu Erhaltung eines beständigen, ewigen Friedens nicht besprochen noch angefochten werden. Derhalben befehlen und gebieten Wir hiemit und in Krafft dieses Abschieds der Kays. Mai. Cammerrichter und Beysitzern, daß sie dieser eingezogener und verwendter Güter halben kein Citation, Mandat und Proceß erkennen und decerniren sollen. [Suspendierung der bisherigen geistlichen Gerichtsbarkeit] § 20. Damit auch obberührte beederseits Religions-Verwandte so viel mehr in beständigem Frieden und guter Sicherheit gegen und bey einander sitzen und bleiben mögen, so soll die geistliche Jurisdiction (doch den geistlichen Churfürsten, Fürsten und Ständen, Collegien, Klöstern und Ordensleuten an ihren Renthen, Gült, Zins und Zehenden, weltlichen Lehenschafften, auch andern Rechten und Gerechtigkeiten, wie obstehet, unvergriffen) wider der Augspurgischen Confessions-Verwanten Religion, Glauben, Bestellung der Ministerien, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, so sie uffgericht oder uffrichten möchten, biß zu endlicher Vergleichung der Religion nicht exercirt, gebraucht oder geübt werden, sondern derselbigen Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen, Ceremonien und Bestellung der Ministerien, wie hievon nachfolgends ein besonderer Articul gesetzt, ihren Gang lassen, und kein Hindernus oder Eintrag dardurch beschehen, und also hierauf, wie obgemeldt, biß zu endlicher Christlicher Vergleichung der Religion die geistliche Jurisdiction ruhen, eingestellt und suspendirt seyn und bleiben; aber inandern Sachen und Fällen der Augspurgischen Confession, Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen, Ceremonien und Bestellung der Ministerien nicht anlangend, soll und mag die geistliche Jurisdiction durch die Ertzbischoff, Bischoff und andere Prälaten, wie deren Exercitium an einem jeden Ort hergebracht und sie in deren Übung, Gebrauch und Possession sind, hinfür wie bißher unverhindert exercirt, geübt und gebraucht werden. [Bisherige kirchliche Abgaben] § 21. Als auch den Ständen, der alten Religion verwandt, alle ihre zuständige Renth, Zinß, Gült und Zehenden, wie oblaut, folgen sollen, so soll doch einem jeden Stand, unter dem die Renth, Zinß, Gülte, Zehenden oder Güter gelegen, an denselbigen Gütern seine weltliche Obrigkeit, Recht und Gerechtigkeit, so er vor Anfang dieses Stritts in der Religion daran gehabt und in Brauch gewesen, vorbehalten und dardurch denselbigen nichts benommen seyn; und sollen dannoch von solchen obgenandten Gütern die nothdürfftige Ministeria der Kirchen, Pfarren und Schulen, auch die Allmosen und Hospitalia, die sie vormals bestellt und zu bestellen schuldig, von solchen obgemeldten Gütern, wie solche Ministeria der Kirchen und Schulen vormals bestellt auch nachmals bestellt und versehen werden, ungeacht was Religion die seyen. [Streitigkeiten über die bisherigen kirchlichen Abgaben] § 22. Und ob solcher Bestellung halben Zwispalt und Mißverstand fürfielen, so sollen sich die Partheyen etlicher schiedlicher Personen (deren jeder Theil eine oder zwo zu benennen und, da sich dieselbige nicht vergleichen könten, einen unpartheyischen Obmann zu erwehlen, der nochmals mit ihnen, den Zusetzen, die Sachen zu entscheiden) vergleichen, die nach summarischer Verhörung beeder Teil in sechs Monaten erkennen, was und wie viel zu Unterhaltung obgemeldter Ministerien und Stück gegeben werden soll; doch daß diejenigen, so der Unterhaltung halben der Ministerien angefochten werden, ehe und dann dieser gütliche Austrag oder Bescheid der Schiedspersonen, und auf den Fall Obmanns, erfolgt, des Ihren, so sie in Posseß sind, nicht entsetzt oder auch arrestirt noch aufgehalten werden. Desto weniger aber nicht so sollen doch mittler Weil, diejenigen, so wie obgemeldt, denen die Renth, Gülte, Zinß, Zehenden und Güter, davon von Alters hero die Ministeria der Kirchen versehen worden, und die solch Onus auf ihnen gehabt, zustehen biß zu Austrag der Sachen, was sie von Alters hero zu solchen Ministerien gegeben haben, auch fürter entrichten. [Verbot der Zwangsbekehrung] § 23. Es soll auch kein Stand den andern noch desselben Unterthanen zu seiner Religion dringen, abpracticiren oder wider ihre Oberkeit in Schutz und Schirm nehmen noch vertheydingen in keinen Weg. Und soll hiemit denjenigen, so hiebevor von Alters Schutz- und Schirmherrn anzunehmen gehabt, hiedurch nichts benommen und dieselbige nicht gemeynet seyn. [Abzugsrecht bei Bekenntniswechsel] § 24. Wo aber Unsere, auch der Churfürsten, Fürsten und Stände Unterthanen der alten Religion oder Augspurgischen Confession anhängig, von solcher ihrer Religion wegen aus Unsern, auch der Churfürsten, Fürsten und Ständen des H. Reichs Landen, Fürstenthumen, Städten oder Flecken mit ihren Weib und Kindern an andere Orte ziehen und sich nieder thun wolten, denen soll solcher Ab- und Zuzug, auch Verkauffung ihrer Haab und Güter gegen zimlichen, billigen Abtrag der Leibeigenschafft und Nachsteuer, wie es jedes Orts von Alters anhero üblichen, herbracht und gehalten worden ist, unverhindert männiglichs zugelassen und bewilligt, auch an ihren Ehren und Pflichten allerding unentgolten seyn. Doch soll den Oberkeiten an ihren Gerechtigkeiten und Herkommen der Leibeigenen halben, dieselbigen ledig zu zehlen oder nicht, hiedurch nichts abgebrochen oder benommen seyn. [Religionsausgleich] § 25. Und nachdem ein Vergleichung der Religion und Glaubenssachen durch zimliche und gebührliche Wege gesucht werden soll und aber ohne beständigen Frieden zu Christlicher, freundlicher Vergleichung der Religion nicht wol zu kommen, so haben Wir, auch der Churfürsten Räth an Statt der Churfürsten, erscheinende Fürsten, Stände und der Abwesenden Bottschafften und Gesandten, geistliche und weltliche, diesen Fried-Stand, von geliebts Friedens wegen das hochschädlich Mißvertrauen im Reich aufzuheben, diese löbliche Nation vor endlichem, vorstehendem Untergang zu verhüten, und damit man desto ehe zu Christlicher, freundlicher und endlicher Vergleichung der spaltigen Religion kommen möge bewilligt, solchen Frieden in allen obgeschriebenen Articuln biß zu Christlicher, freundlicher und endlicher Vergleichung der Religion und Glaubens-Sachen stät, fest und unverbrüchlich zu halten und demselben treulich nachzukommen. Wo dann solche Vergleichung durch die Wege des General-Conciliums, National-Versammlung, Colloquien oder Reichs-Handlungen nicht erfolgen würde, soll alsdann nicht destoweniger dieser Friedstand in allen oberzehlten Puncten und Articuln bey Kräfften biß zu endlicher Vergleichung der Religion und GlaubensSachen bestehen und bleiben und soll also hiemit obberührter Gestalt und sonst in alle andere Wege ein beständiger, beharrlicher, unbedingter, für und für ewig währender Fried aufgericht und beschlossen seyn und bleiben. [Einbeziehung der Reichsritterschaft] § 26. Und in solchem Frieden sollen die freyen Ritterschaft, welche ohne Mittel der Kayserl. Majest. und Uns unterworffen, auch begriffen seyn, also und dergestalt, daß sie obbemeldter beeder Religion halben auch von niemand vergewaltigt, beträngt noch beschwert sollen werden. [Regelung für die Reichsstädte] § 27. Nachdem aber in vielen Frey- und Reichs-Städten die beede Religionen, nemlich Unsere alte Religion und der Augspurg. Confession-Verwandten Religion ein zeithero im Gang und Gebrauch gewesen, so sollen dieselbigen hinführo auch also bleiben und in denselben Städten gehalten werden und derselben Frey- und Reichs-Städt Bürger und andere Einwohner, geistlichs und weltlichs Stands, friedlich und ruhig bey- und neben einander wohnen und kein Teil des andern Religion, Kirchengebräuch oder Ceremonien abzuthun oder ihn darvon zu dringen unterstehen, sonder jeder Theil den andern laut dieses Friedens bey solcher seiner Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, auch seinen Haab und Gütern und allem andern, wie hie oben beeder Religion Reichs-Ständ halben verordnet und gesetzt worden, ruhiglich und friedlich bleiben lassen. [Bestätigung der bisherigen Friedensregelungen] § 28. Und soll alles, das in hievorigen Reichs-Abschieden, Ordnungen oder sonst begriffen und versehen, so diesem Fried-Stand in allem seinem Begriff, Articuln und Puncten zuwider seyn oder verstanden werden möchte, demselbigen nichts benehmen, derogieren noch abbrechen, auch dagegen keine Declaration oder etwas anders, so denselbigen verhindern oder verändern möchte, nicht gegeben, erlangt noch angenommen, oder ob es schon gegeben, erlangt oder angenommen würde, dannoch von Unwürden und Unkräfften seyn und darauf weder in noch ausser Rechtens nicht gehandelt oder gesprochen werden. [Kaiserliches und königliches Versprechen] § 29. Solches alles und jedes, so obgeschrieben und in einem jeden Articul namhafftig gemacht und die Kayserl. Maj. und Uns anrühret, sollen und wollen Ihr Liebd. und Kayserl. Majest. und Wir bey Ihren Kayserl. und Unsern Königlichen Würden und Worten für Uns und Unsere Nachkommen stät, unverbrüchlich und aufrichtig halten und vollziehen, dem strack und unweigerlich nachkommen und geleben und darüber jetzt oder künfftiglich weder aus Vollkommenheit oder unter einigem andern Schein, wie der Namen haben möcht, nicht Fürnehmen, handlen oder ausgehen lassen, noch jemand anderen von Ihrer Liebd. und Kays. Maj. und Unsertwegen zu thun gestatten. [Versprechen der Reichsstände] § 30. Und Wir, die verordnete der Churfürsten Räthe anstatt Ihrer Churfürstl. Gnaden, auch für ihre Nachkommen und Erben, Wir, die erscheinende Fürsten, Prälaten, Grafen und Herrn, auch der abwesenden Fürsten, Prälaten, Grafen und Herrn und des Heiligen Reichs Frey- und Reichs-Städt Gesandte, Bottschafften und Gewalthaber anstatt und von wegen Unserer Herrschafften und Obern, auch für ihre Nachkommen und Erben, willigen und versprechen bey fürstlichen Ehren und Würden in rechten, guten Treuen und im Wort der Warheit, auch bey Treu und Glauben, so viel ein jeden betrifft oder betreffen mag, wie allenthalben obsteht, stät, fest, aufrichtig und unverbrüchlich zu halten und dem getreulich und unweigerlich nachzukommen und zu geleben. [Datum] Geben in Unser König Ferdinandi und des Heiligen Reichs Stadt Augspurg, auf den fünff und zwantzigsten Tag des Monats Septembris nach Christi Unsers lieben Herrn Geburt, im fünffzehen hundert und fünff und fünfftzigsten Jahr, Unserer Reich des Römischen im fünff und zwantzigsten, und der andern im neun und zwantzigsten. [Quelle: Augsburg-Wiki]