Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
Service d’enquête suisse sur les accidents SESA
Servizio d’inchiesta svizzero sugli infortuni SISI
Swiss Accident Investigation Board SAIB
Bereich Bahnen und Schiffe
Schlussbericht
der Schweizerischen
Unfalluntersuchungsstelle SUST
über
die Kollision von Zug 523 der
Matterhorn-Gotthard-Bahn mit
einem Lieferwagen auf einem
unbewachten Bahnübergang
vom
Montag, 25. November 2013
in
Mörel (VS)
Reg.-Nr.:
2013112501
Monbijoustrasse 51A, 3003 Bern
Tel.: + 41 58 462 54 30, Fax +41 58 463 00 76
[email protected]
www.sust.admin.ch
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
Allgemeine Hinweise zu diesem Bericht
Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Gemäss Artikel 15 des Eisenbahngesetzes (EGB, SR 721.101) sind Schuld und Haftung nicht Gegenstand der Untersuchung.
Es ist daher auch nicht Zweck dieses Berichts, Schuld- und Haftungsfragen zu klären.
0
Zusammenfassung
0.1
Kurzdarstellung
Am Montag, 25. November 2013, gegen 10:22 Uhr, kollidierte Zug 523 der Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Mörel in Richtung
Brig mit einem Lieferwagen auf einem unbewachten, mit Andreaskreuzen gekennzeichneten Bahnübergang. Dadurch sind drei Wagen des Zuges 523 entgleist und
zwei seitlich umgekippt.
Von den 40 auf dem Zug mitreisenden Fahrgästen wurden 14 Personen verletzt.
0.2
Untersuchung
Der Unfall ereignete sich am 25. November 2013, um 10:22 Uhr. Die Meldung traf
um 11:00 Uhr ein. Die Untersuchung wurde am gleichen Tag durch die Unfalluntersuchungsstelle SUST in Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Wallis eröffnet.
Am Mittwoch, 27. November 2013 untersuchte die SUST die verunfallten und wieder auf den Rädern stehenden Wagen in der Werkstätte der MGB in Brig.
0.3
Ursachen
Unzeitiges Befahren des Bahnübergangs durch den Automobilisten.
Zum Unfall beigetragen hat:
• Die für den Automobilisten eingeschränkte Sicht vom Vorplatz des Elektrizitätswerks auf den von Mörel herkommenden Zug.
0.4
Sicherheitsempfehlungen
Keine.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
2/13
Schlussbericht
1
Festgestellte Tatsachen
1.1
Vorgeschichte
Reg.-Nr.: 2013112501
Am Montag, 25. November 2013 verkehrte Zug 523 der MGB, bestehend aus einer Lokomotive, zwei Zwischenwagen und einem Steuerwagen von Andermatt
nach Brig. An der Spitze des Zuges befand sich der Steuerwagen.
Kurz nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Mörel kreuzt ein asphaltiertes Strässchen, das talwärts der Hauptstrasse liegt, die Bahnlinie der MGB. Der Privatübergang ist unbewacht und mit Andreaskreuzen (gemäss Signalisationsverordnung
SR 741.121) gekennzeichnet. Er dient der Zu- und Wegfahrt zum Elektrizitätswerk
Aletsch. Ein Lieferwagen der Firma DPD benützte diesen Privatweg für eine Lieferung an das Elektrizitätswerk Aletsch.
1.2
Ablauf des Ereignisses
Am Montag, 25. November 2013, ungefähr um 10:20 Uhr, wendete der Chauffeur
seinen Lieferwagen auf dem Platz des Elektrizitätswerks, nachdem er dort ein
Paket abgeliefert hatte, und fuhr mit seinem Lieferwagen Richtung Mörel weg.
Nach wenigen Metern musste er über den Bahnübergang der MGB fahren
(Abbildung 2).
Auf der Höhe des Bahnüberganges, bevor er diesen überquerte, schaute der
Chauffeur, gemäss seinen Angaben, auf seine rechte Seite und dann auf seine
linke sowie in den auf der andern Seite des Übergangs liegenden Spiegel, der, wie
er sagt, leicht beschlagen oder vereist war, um zu prüfen, ob der Übergang frei sei,
und fuhr weiter.
Der Lokführer, der dabei war den Bahnhof Mörel Richtung Brig zu verlassen, gab
bei der „Pfeiftafel“ (Beilage 1, Abbildung 6), die sich ungefähr 200 m vor dem
Übergang befindet, ein Achtungssignal ab. Dann hat er, aufgrund dessen, dass
das Gleis in einem starken Gefälle liegt, die elektrische und die Vakuumbremse
aktiviert. Kurz vor dem Übergang bemerkte er, dass sich ein weisser Lieferwagen
von links dem Übergang näherte. Sofort gab er ein Warnsignal ab und löste eine
Schnellbremsung aus.
In dem Moment, als der Chauffeur den Übergang überqueren wollte, hörte er den
Achtungspfiff des Zuges. Sofort versuchte er das Fahrzeug zu beschleunigen und
das Gleis frei zu legen. Dann hörte er einen Lärm.
Die vordere, rechte Seite des Steuerwagens kollidierte mit dem hinteren, rechten
Teil des Lieferwagens. Dadurch wurde der Lieferwagen zwischen Zug und einer
Stützmauer eingeklemmt und der sich immer noch in Bewegung befindende Zug
drehte den Lieferwagen um die eigene Achse. Deswegen wurde der hintere Teil
des Steuerwagens sowie die Seite des zweiten Wagens durch den Motorblock des
Lieferwagens beschädigt.
Der zweite Wagen des Zuges 523 wurde dann durch den zwischen Mauer und
Zug eingeklemmten Lieferwagen gegen die linke Seite umgestossen, was zur Folge hatte, dass auch das hintere Drehgestell des Steuerwagens sowie alle Achsen
des dritten Wagens entgleisten. Der
dritte Wagen blieb in einem Neigungswinkel von ca. 45° nach links
in Schräglage stehen. Die sich am
Schluss des Zuges befindende Lokomotive entgleiste nicht und blieb
unbeschädigt.
Abbildung 1: Zweiter Wagen flachliegend (rechts), dritter in Schräglage und
Unfallfahrzeug (Quelle: KAPO VS)
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
3/13
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
Zwei Reisende im zweiten Wagen, die auf der rechten Seite des Wagens sassen,
wurden durch das Kippen auf die linke Seite geschleudert und fielen durch das
geborstene Fenster aus dem Wagen. Der Chauffeur des Lieferwagens befreite
sich selbstständig aus dem total demolierten Lieferwagen.
Die Schäden am Rollmaterial des Zuges waren erheblich. 14 der 40 sich im Zug
befindenden Reisenden wurden zum Teil schwer verletzt.




Abbildung 2: Luftbilder Unfallort (Quelle: SUST)
Legende:
Fahrtrichtung Zug 523
Fahrtrichtung Lieferwagen
Endlage Lieferwagen
Kantonsstrasse Brig – Goms

Privatstrasse zum Elektrizitätswerk

Elektrizitätswerk

Sicht verdeckende Tannen

1.3
1.4
Personenschäden
Bahnpersonal
Reisende
Dritte
Leichtverletzt
-
10
-
Schwerverletzt
-
4
-
Tödlich verletzt
-
-
-
Sachschaden an der Infrastruktur
Der Masten mit dem Andreaskreuz, bergseitig des Gleises, wurde weggerissen.
Ein Schild an der Stützmauer wurde abgetrennt.
1.5
Sachschäden am Rollmaterial
Das Rollmaterial erlitt sehr grossen Schaden. Das Fahrzeug B 4213 wurde am
stärksten beschädigt. Die Schadenssumme dürfte eine Million Franken betragen.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
4/13
Schlussbericht
1.6
Reg.-Nr.: 2013112501
Sachschäden Dritter
Der Lieferwagen der Firma DPD, ein Mercedes 315 CDI, erlitt Totalschaden.
Abbildung 3: Foto Endlage Lieferwagen (Quelle: Kapo VS).
1.7
Beteiligte Personen
1.7.1
Lokführer MGB, Jhg. 1970
BAV-Ausweis: Kategorie B
1.7.2
Reisende
Die Personalien der verletzten Personen wurden von der Polizei aufgenommen.
1.7.3
Drittpersonen
Chauffeur DPD, Jhg. 1970
1.8
Medizinische Feststellungen
1.8.1
Lokführer
Es gibt keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen beim Bahnpersonal, die das Unfallgeschehen hätten beeinflussen können.
Der Alkoholtest beim Lokführer war negativ (0.00 ‰).
1.8.2
Chauffeur
Der Alkoholtest beim Chauffeur war negativ (0,00‰).
1.9
Schienenfahrzeuge
Komposition Zug 523
Eigentümer :
ABt 4182
B 4213 1
B 4279
Lok Deh 4/4 52
Bremsverhältnis:
1
Matterhorn Gotthard Bahn, Brig
Steuerwagen, hinteres Drehgestell entgleist.
Entgleist und umgekippt.
In einem Neigungswinkel von 45° umgekippt und entgleist.
Schlussfahrzeug, nicht entgleist.
78 %
B 4213 war erst in Betriebserprobung; Besitzer: Fa. Stadler Rail, 9565 Bussnang
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
5/13
Schlussbericht
1.10
Reg.-Nr.: 2013112501
Feststellung an den Schienenfahrzeugen
Die unter Punkt 1.9 aufgeführten Fahrzeuge wurden auf dem Unfallplatz durch die
SUST kontrolliert. Ausser den unfallbedingten Schäden waren die Fahrzeuge in
Ordnung. Alle Sicherheitssysteme waren eingeschaltet und alle Bremsausrüstungen in Betrieb. Nach dem Unfall waren alle Fahrzeuge immer noch mit der automatischen Mittelkupplung verbunden. Der umgekippte Wagen B 4213 war neu und
erst seit ungefähr drei Wochen in Betrieb.
1.11
Strassenfahrzeuge
Lieferwagen, Typ Mercedes 315 CDI; zugelassen im Wallis.
Die Inspektion des Strassenfahrzeugs wurde durch die Kantonspolizei Wallis vorgenommen. Es war mit einem Flottenmanagementsystem des Typs „Tracker“ ausgerüstet. Dieses System erlaubt es, weitere, vorgängige Positionierungen des
Fahrzeugs, Wegaufzeichnungen, die gefahrenen Geschwindigkeiten sowie die
Aufenthaltszeiten festzustellen.
Die Daten wurden durch die Kantonspolizei sichergestellt. Deren Analyse ergeben
folgende Elemente:
Nach einem Halt von 1 Minute und 55 Sekunden auf dem Platz des Elektrizitätswerkes hat sich das Fahrzeug wieder Richtung Mörel in Bewegung gesetzt. Auf
dem Weg zwischen Abfahrtsort und Bahnübergang wurden drei Aufzeichnungen
festgestellt, wobei bei der letzten, kurz vor dem Übergang, eine Geschwindigkeit
von 14 km/h aufgezeichnet war. Zwischen dem In-Bewegung-Setzen des Fahrzeugs und der letzten Aufzeichnung waren 10 Sekunden vergangen.
1.12
Wetter, Schienenzustand
Gute Sicht, Schnee am Boden, Schienen nass.
Temperatur: ca. 4 °C.
1.13
Bahnanlagen
Der Bahnübergang (BAV-Nr. 1120), der auf das Gelände des Elektrizitätswerkes
Aletsch führt, liegt bei Bahn-km 6.705, nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Mörel
Richtung Brig. Der Übergang ist auf beiden Seiten gemäss den Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) mit Andreaskreuzen gekennzeichnet (Beilage 1).
Aufgrund der schlechten Sicht für Strassenfahrzeuge auf das Bahngleis wurden
auf beiden Seiten des Übergangs Spiegel angebracht. Die Strasse kreuzt das
Gleis in einem Winkel von ungefähr 45°. Talwärts vom Bahngleis hat die Strasse
ein Gefälle von 10 und 14 %; auf dem Übergang selber ein solches von ca. 7 %.
Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Mörel beträgt das Gefälle des Bahngleises
30‰.
Auf der Seite Mörel, ca. 200 m vor dem Übergang, befindet sich eine „Pfeiftafel“
gemäss den AB-EBV 37c.3.3.1 (Beilage 1) sowie den Fahrdienstvorschriften FDV,
R 300.2, Ziffer 2.2.4.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
6/13
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
Abbildung 4: Sicht auf den Unfallort (Quelle: SUST).
Abbildung 5: Sichtwinkel des Chauffeurs (Quelle: KAPO VS).
1.14
Sicherungssysteme
1.14.1
Strasse
Der Bahnübergang ist mit Andreaskreuzen (Signalisationsverordnung SR 741.121)
gekennzeichnet und verfügt über keine weiteren Sicherungseinrichtungen.
1.14.2
Sicherungssysteme Fahrzeuge
Sie waren für den Unfall nicht relevant.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
7/13
Schlussbericht
1.15
Reg.-Nr.: 2013112501
Fahrdatenschreiber
Der Steuerwagen ABt Nr. 4182 ist mit einem Geschwindigkeitsmesser „Hasler‚
Modell RT 12“ mit einem Registrierstreifen ausgerüstet.
Die Lokomotive Deh 52 ist mit einem Geschwindigkeitsmesser „Hasler‚ Modell RT
12“ mit Registrierfarbscheibe und einem Registrierstreifen ausgerüstet. Sowohl der
Registrierstreifen des Steuerwagens wie auch die Farbscheibe (Restwegschreiber)
der Lokomotive wurden von der SUST ausgewertet.
Die Auswertung der Fahrdaten ergibt, dass der Lokführer zum Zeitpunkt der Auslösung der Schnellbremsung, ca. 26 m vor dem Übergang, mit einer Geschwindigkeit von 47 km/h gefahren ist (Beilage 2, Abbildung 7). Er hat somit die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h auf diesem Streckenabschnitt
nicht überschritten. Zum Zeitpunkt der Kollision fuhr der Zug noch mit 45 km/h. Der
Steuerwagen kam ca. 55 m nach dem Übergang zum Stillstand. Aufgrund des
vereinfachten Berechnungsformulars der Eisenbahnen beträgt die Bremsdistanz
für einen Zug dieser Zusammensetzung bei V-max. 47 km/h und bei Berücksichtigung des Gefälles ca. 160 m.
1.16
Videoüberwachung
Der Zwischenwagen B 4213 ist mit einer Videoüberwachung ausgerüstet. Auf Verlangen der SUST wurden die registrierten Daten von der MGB ausgelesen und der
SUST zur Analyse übergeben. Daraus sind folgende Elemente erkennbar:
• Bei der Kollision mit dem Lieferwagen barst die vordere, rechte Glasscheibe (in
Fahrrichtung) und die Glassplitter wurden in Richtung der dort sitzenden Passagiere geschleudert.
• Als der Wagen nach links kippte, wurden zwei Personen, die sich im vierten
Abteil auf der rechten Seite befanden, auf der Gegenseite (links) zum Fenster
hinausgeschleudert.
1.17
Besondere Untersuchungen
Bei der Kontrolle des Zwischenwagens B 4213 im Depot der MGB, um festzustellen ob sich allenfalls beim Umkippen des Wagens allfällige Teile des Wagens unfallbedingt gelöst hätten, konnte Folgendes festgestellt werden:
• Es hatten sich keine Elemente, weder vom Gepäckträger noch von der Beleuchtung oder der Decke, gelöst.
• Alle Einrichtungselemente im WC waren noch an ihrem Platz.
2
Analyse
2.1
Technische Aspekte
• Die Bahnfahrzeuge waren in Ordnung.
• Beim umgekippten Wagen B 4213 sind keine abgebrochenen Teile von der Innenausstattung festgestellt worden. Dies bedeutet, dass die verursachten Verletzungen der Passagiere in diesem Wagen nicht durch herumfliegende, abgebrochene Teile beim Umkippen des Wagens entstanden sind.
• Der Bahnübergang war ordnungsgemäss mit Andreaskreuzen gekennzeichnet.
• Das „Pfeifsignal“ war in reglementarischer Distanz angebracht.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
8/13
Schlussbericht
2.2
Reg.-Nr.: 2013112501
Betriebliche Aspekte
Der Zug fuhr bei Auslösung der Schnellbremsung mit einer Geschwindigkeit von
47 km/h. Erlaubt sind auf diesem Streckenabschnitt 60 km/h.
Um den Zug bei den herrschenden Bedingungen und der Geschwindigkeit von 47
km/h rechtzeitig vor dem Übergang zum Stehen zu bringen, hätte der Zug einen
Bremsweg von ungefähr 160 m benötigt. Da die Schnellbremsung erst ca. 26 m
vor dem Übergang ausgelöst wurde, war eine Kollision unvermeidbar.
2.3
Aspekte der Strasse, des Pfeifsignals und der Sichtbarkeit
2.3.1
Pfeifsignal
Auf der Höhe des Pfeifsignals, das ca. 200 m vor dem Bahnübergang angebracht
ist, hatte der Lokführer ein Warnsignal abgegeben. Bei einer Geschwindigkeit von
ca. 45 km/h hat der Zug ungefähr 16 Sekunden vor dem Übergang gepfiffen.
Gemäss den im Strassenfahrzeug aufgezeichneten Daten vergingen zwischen
dem Fahrbeginn auf dem Platz vor dem Elektrizitätswerks und dem letzten aufgezeichneten Ereignis ca. 10 Sekunden. Dies bedeutet, dass das Strassenfahrzeug
immer noch in Halteposition vor dem Werk war, als der Zug das Warnsignal abgegeben hatte.
Der Platz vor dem Elektrizitätswerk liegt unterhalb des Bahnübergangs. Zwischen
der Pfeiftafel und dem Standort des Fahrzeugs liegt das Gebäude des Elektrizitätswerks und der Boden war mit Schnee bedeckt, was geräuschdämpfend wirkte.
Der Chauffeur des Strassenfahrzeugs konnte daher das von Zug 523 bei der Pfeiftafel abgegebene Warnsignal eventuell nicht hören.
2.3.2
2.3.2.1
Sichtbarkeit
Sicht aus der Optik des Strassenfahrzeugs auf die Bahn
Einerseits besteht ein Niveauunterschied zwischen dem Strassenverlauf und dem
Bahntrassee und andererseits kreuzen sich die beiden Wege nicht im rechten
Winkel. Die Sicht des Fahrers, vom Elektrizitätswerk herkommend, ist sehr stark
eingeschränkt auf einen Zug, der von Mörel her Richtung Brig fährt. Einzig ein auf
der Gegenseite des Übergangs angebrachter Spiegel erlaubt eine Sichtfelderweiterung auf das Bahntrassee, sofern er nicht mit Dunst oder Raureif beschlagen ist.
2.3.2.2
Sicht aus der Optik der Bahn gegenüber dem Automobilisten
Einerseits kreuzt die Strasse das Bahngleis nicht im rechten Winkel und liegt zudem im Gefälle und andererseits ist die Sicht auf den Vorplatz durch das Gebäude
des Elektrizitätswerks und die drei daneben stehen Tannen (Abbildung 2) für den
Lokführer erst spät gewährleistet. Dies erklärt, weshalb der Lokführer die Schnellbremsung nicht früher einleiten konnte.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
9/13
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
3
Schlussfolgerungen
3.1
Befunde
•
•
•
•
•
•
•
3.2
Die Bahnfahrzeuge waren in Ordnung.
Bei Auslösung der Schnellbremsung fuhr der Zug 523 unterhalb der bewilligten
Fahrgeschwindigkeit.
Der Lokführer hat korrekt reagiert. Als er den Automobilisten bemerkt hatte,
gab er sofort ein Achtungssignal ab und löste die Schnellbremsung aus.
Die Kollision mit dem Strassenfahrzeug war nicht vermeidbar.
Der Strassenübergang war korrekt nach der Strassenverkehrsordnung (SR
741.121) mit Andreaskreuzen signalisiert.
Die Pfeiftafel, die den Lokführer auffordert in jedem Fall ein Achtungssignal abzugeben, war in reglementarischer Distanz von ca. 200 m aufgestellt.
Die Sichtweite vom Vorplatz des Elektrizitätswerks auf den von Mörel herkommenden Zug war für den Automobilisten sehr eingeschränkt.
Ursache
Unzeitiges Befahren des Bahnübergangs durch den Automobilisten.
Zum Unfall beigetragen hat:
• Die für den Automobilisten eingeschränkte Sicht vom Vorplatz des Elektrizitätswerks auf den von Mörel herkommenden Zug.
4
Sicherheitsempfehlungen
4.1
Sicherheitsdefizite
Keine; Sicherheitsmassnahmen sind in der Umsetzung.
4.2
Getroffene Massnahmen
Die Sanierung des Bahnübergangs am Bahn-km 6.705 mittels Barriere, ist in der
Plangenehmigung vom 27. März 2013 enthalten.
Die Tiefbauarbeiten (Fundamente und Schächte) zur Sanierung des Übergangs
wurden schon vor dem Unfall abgeschlossen. Die Inbetriebsetzung der Anlage ist
für Oktober 2014, zusammen mit weiteren Sicherungsmassnahmen, geplant.
4.3
Sicherheitsempfehlungen
Keine.
4.4
Bemerkungen
Da die nötigen Schritte zur Sicherung des Übergangs schon in der Umsetzung
sind, verzichtet die SUST auf Sicherheitsempfehlungen.
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
10/13
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
Bereich Bahnen und Schiffe
Bern, 27. August 2014
Dieser Schlussbericht wurde von der Geschäftsleitung der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST genehmigt (Art. 3 Abs. 4g der Verordnung über die Organisation
der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle vom 23. März 2011).
Bern, 9. Oktober 2014
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
11/13
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
Beilage 1
Auszug aus den Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung
Signalisation Bahnübergängen
Abbildung 6 : Pfeiftafel ca. 200 m vor dem Übergang; links das Elektrizitätswerk (Quelle: SUST).
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
12/13
Schlussbericht
Reg.-Nr.: 2013112501
Beilage 2
Fahrdaten Zug 523
Abbildung 7: Farbscheibe Lok Deh 52 (Quelle Zug 523).
Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST
13/13
Scarica

PDF 641 kb - SUST