4 | Zuwanderung HANDELSZEITUNG | Nr. 3 | 16. Januar 2014 Die grössten ausländischen Stellenschaffer in der Schweiz 2238 213 Vier von zehn neuen Firmen werden von Ausländern gegründet. Warum? Michele Blasucci: Im Vergleich zu den Schweizern sind die Ausländer in der Regel risikofreudiger und ambitionierter. Oft ist das schon in der Familiengeschichte angelegt. Die Eltern verliessen ihre Heimat, um den Kindern eine bessere Zukunft zu bieten. Die zweite Generation will die gebotene Chance nutzen – und gründet oftmals ein eigenes Unternehmen. Immobilien Waadt 354 IT-Firmen Wallis 110 234 Aargau 173 I Bau Top-Kantone 2013 Anzahl neue Firmen Tessin 1073 Zürich 250 Waadt 152 66 Zug 42 55 27 Top-Kantone 2013 Anzahl neue Firmen Genf 550 Zug Zürich ne ue St ell en 35 38 ne ue Ste lle n F Top-Kantone 2013 Anzahl neue Firmen Zürich 518 Top-Kantone 2013 Anzahl neue Firmen St.Gallen 68 Architektur-/Ingenieurbüro 15 15 17 17 Sind denn auch die neu Zugewanderten risikofreudiger? Blasucci: Ja, das sehen wir in unserer Arbeit fast täglich. Und das nicht nur bei Hochqualifizierten. Ein Beispiel: Der Albaner, der in der Reinigung arbeitet, will früher oder später sein eigener Herr sein. Und gründet mit Bruder und Schwester ein eigenes Putzinstitut. Das bringt die Leute finanziell weiter. Auch in der Gastroszene ist der Trend ausgeprägt. 822 ellen e St neu Branchensymbole A 9 109 11 neu e 109 D 18 Fir me n 117 26 310 137 Top -Br anc hen 201 3 36 Fir me n 36 54 56 58 67 69 70 87 114 INTERVIEW: MARCEL SPEISER 145 137 8 neu eF irm en Top -Br anc hen 201 3 140 Fir m 130 en 279 5708 Grosshandel Michele Blasucci Der Gründer und Chef von Startups.ch über die Lust der Neuzuzüger, ihr eigener Herr zu sein. Top-Branchen 2013 neue Stellen Unternehmensberatung «Das liberale Arbeitsrecht ist für Neugründer wichtig» neue Firmen Vier von zehn Firmen werden von Ausländern gegründet. Die Italiener und Deutschen haben die Nase vorn. Erstere zieht es in Gastronomie und Bau im Tessin. Bei den Deutschen sind Beratung, Grosshandel und Zürich top. 46 23 Firmen ue ne To 13 20 c ran B p- n he Und wie ist die Situation bei den Hochqualifizierten? Blasucci: Auch da gibt es einen Gründungsboom. Der deutsche SAP-Berater, der sich in der Schweiz selbstständig macht. Der Modedesigner aus Italien, der im Tessin ein eigenes Unternehmen gründet. Oder der französische Architekt, der mit seinem Studio nach Genf zieht. 323 221 217 161 Detailhandel 142 Gesundheitswesen 94 Finanz-/Versicherungsdienstleistungen 87 Gastronomie Handel mit Motorfahrzeugen Erziehung und Unterricht Hochbau freiberufliche Tätigkeiten HZ-GRAFIK/DATENQUELLE: ORELL FÜSSLI WIRTSCHAFTSINFORMATIONEN AG persönliche Dienstleistungen Beschaffungskosten optimiert, erfüllte von Köln aus für Schweizer Handels- und Konsumgüterfirmen bereits mehrere Aufträge. Jetzt will man auch direkt vor Ort präsent sein. «In grenznahen oder steuerlich sehr attraktiven Kantonen gibt es besonders viele Neugründungen», weiss Beat Schillig vom Institut für Jungunternehmen in St. Gallen. «Meist handelt es sich dabei aber um Schweizer Niederlassungen bestehender ausländischer Firmen.» Für Startups hingegen seien andere Kriterien ebenso wichtig, sagt Schillig. Das bestätigt Can Arikan vom Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich: «Jungunternehmer gründen ihre Firma nicht aus fiskalischen Gründen im Kanton Zürich.» Wichtiger seien die Nähe zu den Bildungsinstitutionen und der hohe Ausbildungsstandard der Bevölkerung sowie der nach wie vor gute Ruf Zürichs als Wirtschaftsmotor der Schweiz. Er verweist zudem auf die hohe Lebensqualität im Kanton. In der jährlich erscheinenden Studie der Beratungsfirma Mercer werden jeweils die lebenswertesten Städte der Welt gekürt. «In den letzten Jahren haben Vancouver, Wien und Zürich die Podestplätze jeweils unter sich ausgemacht.» Wichtig seien schliesslich Cluster. «Im Kanton Zürich sind wir zum Beispiel bestrebt, die verschiedenen Branchencluster zu vernetzen. Dadurch erhöht sich auch das Innovationspotenzial des Standorts», ergänzt Arikan. Startups brauchen die ETH Das zeigt sich gerade in Schlieren. Lichtenbergs InSphero profitiert von den anderen Startups im LifeScience-Park in Schlieren. Glycart etwa hat für den Pharmariesen Roche ein potenzielles Milliarden-Medikament gegen Blutkrebs entwickelt. Dem Arzneimittel wird zugetraut, beim Basler Konzern den Verkaufsschlager Mabthera zu ersetzen. Ein Erfolg, der auf Glycart-Gründer Pablo Umaña zurückgeht, der aus dem lateinamerikanischen Costa Rica stammt. Umaña kam wie so viele ausländische Forscher zuerst an die ETH, bevor er sein Startup gründete. Die renommierte Hochschule hat in der Gründerszene eine Drehscheibenfunktion: «Sie zieht internationale Spitzenkräfte an, die dann wieder Spin-offs gründen», sagt Experte Schillig. Die Spitzenforschung ist für ihn allerdings heute sowieso ein «globales Geschäft». Auch der Stellenmarkt sei international. InSphero-Gründer Lichtenberg hat soeben eine kanadische Spitzenkraft gewinnen können. Normalerweise wird er aber in der Schweiz fündig. «Nicht nur aus den guten Hochschulen, auch aus der forschungsstarken Pharmaindustrie kommen immer wieder Top-Leute», sagt der Jungunternehmer. Für den Basler Arbeitsmarktökonomen George Sheldon ist klar: «Die Attraktivität eines Firmenstandorts ABSTIMMUNG Angst vor ausländischer Konkurrenz Migration Einst lösten Gastarbeiter aus Südeuropa Überfremdungsängste aus. Heute fürchtet sich der Schweizer Mittelstand vor hoch qualifizierten Arbeitskräften aus Nord- und Westeuropa. Aktuell leben rund 1,9 Millionen Ausländer in der Schweiz. Auf fast 30 Prozent der hiesigen Arbeitsplätze sitzt heute ein Erwerbstätiger ohne Schweizer Pass. Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte stieg gemäss dem Bundesamt für Statistik zuletzt stärker als jene der einheimischen Berufstätigen. Initiative Die Schweiz verdankt der Zuwanderung wirtschaftliche Prosperität. Die Freizügigkeit mit der EU sichert den Zugang zu den wichtigsten Märkten und gilt als Wachstumsmotor. Dennoch dominiert die Migrationsdebatte seit Jahren die politische Agenda. In den nächsten Monaten stehen gleich mehrere Abstimmungen über die Personenfreizügigkeit an. Den Auftakt macht am 9. Februar die SVP-Masseneinwanderungsinitiative. Sie verlangt, dass die Schweiz die Zahl der Aufenthaltsbewilligungen für Ausländer durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt. Schweizer sollen auf dem Arbeitsmarkt Vorrang haben. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX S chlieren ist für die meisten Menschen kein Ort zum Bleiben. Ohne aus dem Fenster zu schauen, fahren die Zürcher im Schnellzug nach Bern an den schmucklosen Industriearealen und jüngst hochgezogenen Wohnsilos vorbei. Für den deutschen Mikrotechnologie-Ingenieur Jan Lichtenberg ist Schlieren hingegen der perfekte Standort. Sein Biotech-Startup InSphero hat sich im lokalen Life-Science-Park niedergelassen und entwickelt dort dreidimensionale Zellmodelle für die internationalen Pharmaunternehmen. «Hier finde ich nicht nur top-qualifizierte Wissenschafter», sagt der 41-jährige Unternehmer. «Wir profitieren auch von einer existierenden Infrastruktur.» Fällt bei ihm zum Beispiel ein Kühlgerät für die 3D-Gewebeproben aus, helfen andere Jungunternehmen auf dem Campus gerne aus. Lichtenbergs InSphero ist ein Sinnbild für die lebhafte Schweizer Startup-Szene. Ob Novartis, Roche oder Pfizer – die gesamte internationale Pharmaindustrie interessiert sich für InSpheros Technologie, mit der sich automatisiert Krebstumore, Mikrolebern und andere Organe nachahmen lassen. Fast 30 Spitzenkräfte arbeiten inzwischen für die vor fünf Jahren gegründete Firma. «Im Budget 2014 sind weitere sieben Stellen vorgesehen», sagt Lichtenberg. Dieses Jahr will er mit seinem Unternehmen erstmals über die Gewinnschwelle kommen. InSphero steht jedoch nicht nur für Innovation made in Switzerland. Das Unternehmen ist auch ein Beispiel für die Schaffenskraft von Unternehmern, die aus dem Ausland zugewandert sind. Damit trägt die Firma zum Wachstum der Schweizer Wirtschaft bei – wie viele Betriebe von Unternehmern mit Wurzeln jenseits der Grenze. Vier von zehn neuen Firmen in der Schweiz werden von Ausländern gegründet – ihr Anteil an der Wohnbevölkerung liegt gemäss den jüngsten Daten schen Stellenschaffer. Auf dem zweiten Platz folgen die Italiener, die 2013 über 2300 Unternehmen mit rund 5500 Arbeitsplätzen schufen. Die Franzosen belegen etwas abgeschlagen den dritten Platz (siehe Grafik oben). Während sich die Deutschen mit Vorliebe als Unternehmensberater, im Grosshandel oder im IT-BeDeutsche haben Nase vorn reich betätigen, eröffneten die Italiener gerne PizzeDas ist eine Entwicklung, die in der Debatte vor der rias oder andere Gastrobetriebe – oder sie gründeten Abstimmung vom 9. Februar über die sogenannte Baufirmen. Bei den Franzosen und Österreichern Masseneinwanderungsinitiative der SVP (siehe Kas- wiederum sind die Branchen Grosshandel und Unterten) bislang nicht beachtet wurde. Sie zeigt, dass die nehmensberatung top. Weiter zeigen die Daten von Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union OFWI, dass die Herkunft der Unternehmer über den nicht nur Arbeitskräfte anlockt, die sich in der Schweiz Gründungsort ihrer Firmen entscheidet. So lassen anstellen lassen. Sondern eben auch Unternehmer sich die Deutschen am liebsten in den Kantonen Zümit grossem Tatendrang. Sie marich oder Zug nieder. Das Tessin chen den einheimischen Erwerbssteht bei den Italienern an der Spit«Die ETH zieht tätigen keine Jobs streitig. Im Gegenze. Die Franzosen bevorzugen die Spitzenkräfte an, teil: Sie schaffen Jobs. Und das nicht Romandie und die Österreicher zu knapp. zieht es ins grenznahe St. Gallen. die dann Spin-offs Exklusiv für die «HandelszeiAuch dass der deutsche Biotechgründen.» tung» haben die Experten von Orell Unternehmer Lichtenberg schliessBeat Schillig Füssli Wirtschaftsinformationen lich in Schlieren fündig wurde, ist Institut für Jungunternehmen (OFWI) die Gründungsaktivitäten kein Zufall. Nach einem Auslandjahr von Zugewanderten analysiert. Das an der ETH Lausanne und der DokFazit ist klar: «Die Zahl der von Austorarbeit am Neuenburgersee knüpfländern gegründeten Unternehmen ist in den letzten te er an der ETH Zürich die entscheidenden Kontakte. Jahren kontinuierlich gestiegen», sagt Firmenspre- Zu den Mitbegründern von InSphero gehören die cherin Adrienne Fichter. «Mit den Firmen entstehen ETH-Forscher Jens Kelm – ebenfalls ein Deutscher – Jahr für Jahr Tausende von Stellen.» und der Schweizer Wolfgang Moritz. Die aktivsten Zugewanderten sind die Deutschen. Kiran Mazumdar von der Kölner Firma Inverto hat Sie liessen hierzulande in den letzten Jahren Hun- sich im letzten Herbst hingegen für den Kanton Zug derttausende von neuen Jobs entstehen. Allein im entschieden. «Uns wurde berichtet, dass man dort beSpitzenjahr 2009 schufen sie insgesamt 60 000 Stellen. sonders unbürokratisch und zügig eine Firma grünInzwischen haben Frankenstärke und Wirtschafts- den kann», erzählt der deutsche Unternehmer, der unsicherheiten die germanische Schaffenseuphorie nun einen Geschäftsführer für die Schweiz und sämtetwas gedämpft. 2013 gründeten die Deutschen laut liche Mitarbeiter sucht. Mit den hiesigen MarktOFWI jedoch noch immer über 2200 Firmen mit mehr verhältnissen ist Inverto schon länger vertraut. Das als 5700 Jobs. Damit bleiben sie die grössten ausländi- Beratungsunternehmen, das für seine Kunden die des Bundesamtes für Statistik aber nur bei gut 23 Prozent. Ausländer sind also viel gründungsfreudiger als die Schweizer. Laut dem Wirtschaftsinformationsdienst Bisnode D&B hat sich der Anteil ausländischer Gründer seit 2000 nahezu verdoppelt – von 22 auf 40 Prozent im letzten Jahr. KEYSTONE Patrons ohne roten Pass Warum gründen diese Leute in der Schweiz eine Firma und nicht in der Heimat? Blasucci: Es gibt mehrere Gründe. Die Steuern in der Schweiz sind niedriger. Das Arbeitsrecht ist liberaler. Das ist für Neugründer besonders wichtig. Das Risiko, eigenes Personal anzustellen, ist in der Schweiz leichter zu tragen. In Italien kann man eigentlich niemandem kündigen. Und in Frankreich sind Gewerkschaften so mächtig, sie können alles lahmlegen. Welche Faktoren sprechen sonst noch für die Schweiz? Blasucci: Die Verfügbarkeit von qualifizierten Angestellten ist besser. Zudem sind in der Schweiz die bürokratischen Hürden tiefer als etwa in Italien oder Frankreich. Gerade in Italien sagen sich viele, die es zu etwas bringen wollen: «Rette sich, wer kann.» Und in Frankreich verjagt die Steuerpolitik von François Hollande die Unternehmer förmlich in die Schweiz oder in die Benelux-Staaten. Zuwanderung Unternehmensgründer mit ausländischen Wurzeln sind ein Motor für den Schweizer Arbeitsmarkt. Allein vergangenes Jahr haben sie 30 000 Jobs geschaffen. JUDITH WITTWER UND MARCEL SPEISER |5 Die SVP-Initiative spaltet die Schweiz: Abstimmungsplakat der Gegner. Bei einem Ja zur Initiative muss das Personenfreizügigkeitsabkommen neu verhandelt werden. Ausblick Jüngsten Umfragen zufolge lehnt die Mehrheit der Stimmbürger die SVP-Initiative ab. Trotzdem gibt sich die Partei zuversichtlich, die Abstimmung zu gewinnen. Mit der Initiative der Organisation Ecopop, welche die Zuwanderung mengenmässig begrenzen will, und der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf das neue EULand Kroatien stehen weitere Vorlagen an. (jw) hängt davon ab, ob man leicht zu geeignetem Personal kommt.» Das ist eine Einschätzung, die Michele Blasucci teilt. Der Chef des Beratungsunternehmens Startups.ch sagt: «In der Schweiz ist die Verfügbarkeit von qualifizierten Angestellten höher als im benachbarten Ausland.» Allerdings kämpften diverse Jungfirmen ausländischer Gründer mit den gleichen Problemen wie Schweizer Startups (siehe Interview). «Die ausländischen Gründer merken schnell, dass gutes Personal auch in der Schweiz knapp ist», sagt Blasucci. Insbesondere für Internet-Firmen sei das ein Thema. Zuverlässigkeit als Trumpf Das erleben der Deutsche Ossian Vogel und der Holländer Frank de Vries im Alltag. Sie haben ihr Internet-Startup ezebee.com – eine kostenlose E-Commerce-Plattform für jedermann – 2012 in der Schweiz gegründet und beschäftigen heute 24 Personen. Allerdings nicht alle in der Schweiz. «Unsere Programmierer arbeiten in Rumänien», sagt de Vries. «In der Schweiz sind gute Leute so begehrt, die bekommt man als kleines Startup fast nicht oder kann sie nicht bezahlen.» Zudem lieferten die Rumänen für wenig Geld sehr gute Qualität. Trotzdem kam für die Ezebee-Gründer nie ein anderer Standort als die Schweiz in Frage. «Natürlich hätten wir nach Dubai gehen können und dort von 50 Jahren Steuerfreiheit profitieren können», sagt de Vries. Ezebee hatte den Sitz aber zunächst im thurgauischen Kreuzlingen und ist jetzt im zugerischen Hünenberg ansässig. «Als Internet-Unternehmen brauchen wir grosse Verlässlichkeit beim ServerHosting. Dafür ist die Schweiz bekannt.» Den guten Ruf verdankt die Schweiz allerdings nicht zuletzt dem Engagement von Ausländern. Und das nicht erst seit der Personenfreizügigkeit. Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé und die Uhrengruppe Swatch etwa haben sich als Schweizer Michele Blasucci Gründer und Chef von Startups.ch Die meisten Neugründer sind aber Deutsche. Flüchten die auch vor den schlechten Bedingungen im Land? Blasucci: Nein, Deutschland ist ein anderer Fall. Aber strenge Bürokraten und ein kompliziertes Steuersystem sind auch dort Faktoren. Was wir viel sehen, sind zum Beispiel deutsche Ärzte oder Doktoranden, die wegen der guten Löhne in die Schweiz kommen. In der Freizeit arbeiten sie an anderen Projekten und melden dann ein Patent an. Daraus ergeben sich immer wieder spannende Firmengründungen. Die Firma wird oft im Nebenerwerb geführt, bis der richtige Zeitpunkt kommt, um voll einzusteigen. Welche Kantone profitieren besonders von der Unternehmer-Zuwanderung? Blasucci: Letztes Jahr war es das Tessin. Die Zahl der letztes Jahr neu eingetragenen Firmen stieg um fast 15 Prozent auf über 3200! Auch Genf, Zürich und die Waadt sind sehr beliebt. Welche Probleme haben denn ausländische Gründer in der Schweiz? Blasucci: Grundsätzlich sind es die gleichen Probleme wie bei Schweizer Gründern. Es ist insbesondere am Genfersee fast unmöglich, zahlbare Geschäftsräume zu finden. Und gutes Personal ist ebenfalls vor allem in der Romandie knapp. Also ist die sogenannte Masseneinwanderungsinitiative auch unter ausländischen Gründern ein Thema? Blasucci: Und wie! Weil die Gründer eben schnell merken, dass gutes Personal knapp ist. Viele Firmen – auch Startups.ch – sind gezwungen, IT-Entwicklungsaufträge ins Ausland zu vergeben, weil wir in der Schweiz niemanden finden. Insbesondere für Internet-Startups ist das ein grosses Thema. Eine Annahme der Initiative wäre deshalb vor allem für diese katastrophal. Weltmarken etabliert, obwohl Henri Nestlé aus Deutschland und Nicolas G. Hayek aus dem Libanon stammt. Ohne den Industriellen Walter Boveri aus dem bayrischen Städtchen Bamberg gäbe es auch keine ABB. Ausländer kommen von jeher nicht nur hierher, um zu arbeiten. Sie gründen auch mutig Firmen und schaffen Jobs. ANZEIGE