EINFÜHRUNG IN DAS
ALTITALIENISCHE
(ALTTOSKANISCH)
1
30. November 2009
DER AUSBAU DES
FLORENTINISCHEN
2
Im soziokulturellen Kontext
DIE (TOSKANISCHEN)
KAUFLEUTE ALS FÖRDERER DES
VOLGARE
3
12. und 13. Jahrhundert
DER LANGE WEG VON DER LATEINISCHEN
SCHRIFTLICHKEIT ZUR VOLKSSPRACHLICHEN – DIE
SPRACHE DER KAUFLEUTE

Die Bücher der
Kaufleute
 In der Toskana
nahmen die
Kaufleute
frühzeitig die
Kontoführung in
die eigenen Hände,
zuvor wurde sie von
Notaren ausgeübt
 Libri





di conti
Libro del dare
Libro del avere
Libro memoriale
Libro di compere e
vendite
[…]
4
DER LANGE WEG VON DER LATEINISCHEN
SCHRIFTLICHKEIT ZUR VOLKSSPRACHLICHEN – DIE
SPRACHE DER KAUFLEUTE

Das älteste
überlieferte
Schriftstück aus
Florenz

= Frammenti di un
libro di conti di
banchieri fiorentini
(1211)
5
FRAMMENTO … (1211)
Buonagiu(n)la‘ da-sSomaia‘ die dare lib. Xxiii‘ (e) s.-xviii per
livre ve(n)titré + (e) -+ ke-i-p(re)sta(m)mo‘ i die a(n)zi kl.
Luglio‘: po(nemmo) ke-die aire; (e) dene pagare‘ i(n) k.
agossto‘, se-più-sta(n)do‘, a iiii d.‘ lib. il mese‘ qua(n)to-fosse‘
nostra‘ volo(n)tade‘, € s‘-ei‘ no-pagasse‘, sì-no-p(ro)mise‘ di
pagare Buonone‘ f. Farolfi da Duomo‘ p(ro)de‘ (e) kapitale‘
qua(n)t‘-elli-sstessero‘. Tt.‘ […]

Abkürzungen: typisch für die Kaufmannssprache
 d. = denari; f. = figliuolo; k., kl., kal. = calende, calendi =
1. Tag des Monats; l., lib. = libbre, libbra, livre, livra
(Pfund); s. = soldi; tt. = testimoni
6
SCHULE IM MITTELALTER

Latein und Volgare
Latein in den Notarsschulen
über das Volgare
 Die Kaufmannsschulen
verzichteten weitgehend auf
das Lateinische und griffen
auf das Volgare zurück
 Von den Bürgern oder den
Gemeinden finanzierte
Privatschulen

7
DER LITERARISCHE AUSBAU
8
Vom Dolce stil nuovo zu den Tre Corone
DER DOLCE STIL NUOVO
Die
Literatursprach
e der Toskana
9
DER DOLCE STIL NUOVO


« "...Ma dì s'i' veggio qui colui che fore
trasse le nove rime, cominciando
Donne ch'avete intelletto d'amore."
E io a lui: "I'mi son un che, quando
Amor mi spira, noto, e a quel modo
ch'è ditta dentro vo significando."
"O frate, issa vegg'io", diss'elli, "il nodo
che 'l Notaro e Guittone e me ritenne
di qua dal dolce stil novo ch'i' odo!..." »
 (Purg. XXIV, vv. 49-57)
10
DER DOLCE STIL NUOVO



Der dolce stil nuovo (auch: dolce stil novo) ist
eine literarische Bewegung im Italien des 13.
und frühen 14. Jahrhunderts.
Kennzeichnend für diese Stilrichtung, die im
nördlichen Italien (vor allem in Florenz zwischen
1280 und 1310) unter Einfluss der
Sizilianischen Dichterschule (scuola
siciliana) und der frz. Troubadourdichtung
entstand, war die Liebesthematik.
Die Liebe wird entsprechend der platonischen
Ideenlehre und höfisch-literarischer
Anschauungen überhöht und als göttliche Kraft
gesehen und mit einem ausgefeilten System von
Metaphern und Symbolen beschrieben.
11
DER DOLCE STIL NUOVO


Neu ist die Introspektion des Dichters,
der die Wirkung weiblicher Schönheit
auf seine Seele detailliert beschreibt,
dabei aber vor allem Wert auf
sprachliche Raffinesse und weniger
auf authentische Darstellung des
Erlebnisses legt.
Für die Beschreibung der Schönheit der
angebeteten Frau finden die Dichter des
dolce stil nuovo eine Vielzahl von
Bildern; die Geliebte erscheint als
paradiesisches Wesen, Engel, göttliche
Braut und wird so in die Sphäre des
Überirdischen gerückt.
12
DER DOLCE STIL NUOVO

Als erster bedeutender Vertreter dieses Stils gilt
Guido Guinizelli mit dem Gedicht Al cor
gentil rempaira sempre amore.
13
DER DOLCE STIL NUOVO

Guido Guinizelli
Al cor gentil rempaira sempre amore
come l’ausello in selva a la verdura;
né fe’ amor anti che gentil core,
né gentil core anti ch’amor, natura:
 ch’adesso con’ fu ’l sole,
sì tosto lo splendore fu lucente,
né fu davanti ’l sole;
e prende amore in gentilezza loco
così propïamente
come calore in clarità di foco. […]

14
DER DOLCE STIL NUOVO
Daneben gehören ihm an Cino da Pistoia, Lapo
Gianni, Gianni Alfani und Dino Frescobaldi.
 Seine höchste Blüte erreicht der Stil dann bei
Dante Alighieri, der etwa in seiner Vita Nova
der Liebe zu seiner Beatrice Ausdruck verleiht.
 Von Dante stammt auch der Begriff des dolce
stil nuovo (vgl. Purg. XXIV, vv. 49-57).

15
DIE SPRACHE DER
WISSENSCHAFT
16
Latein vs. Volkssprache
DIE SPRACHE DER WISSENSCHAFT

Restoro d‘Arezzo, La composizione
del mondo con le sue cascioni (1282)
(im toskanischen Dialekt von Arezzo
verfasst)
 von Dante rezipiert in seinem
lateinischen Traktat Quaestio de
Aqua et Terra (ca. 1320)
17
DIE SPRACHE DER WISSENSCHAFT

Die Verwendung der Volkssprache in der
Wissenschaft oder in der Sachprosa, in Spanien
längst eine Selbstverständlichkeit, führt in
Italien die Autoren immer wieder zum
Rechtfertigungszwang, z.B. bei Dante…
18
DIE RECHTFERTIGUNG DES GEBRAUCHS DER
VOLKSSPRACHE…

Die Liebesdichtung soll den Frauen
verständlich sein…
 “E lo primo che cominciò a dire sì come poeta
volgare, si mosse però che volle fare intendere
le sue parole a donna, a la quale era
malagevole d'intendere li versi latini. E questo
è contra coloro che rimano sopra altra matera
che amorosa, con ciò sia cosa che cotale modo
di parlare fosse dal principio trovato per dire
d'amore. “

(Vita nuova, XXV, 6)
19
ALTFLORENTINISCH /
ALTTOSKNISCH – SPRACHE IM
WANDEL
20
Ca. 1200-1450
ALT UND NEUITALIENISCH IM VERGLEICH

M. Dardano (Manualetto di linguistica, 1996) nennt
insgesamt 10 Kriterien
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
(9)
(10)
Wortbildung (abitanza, continuanza, fidanza…)
Verbalmorphologie (Polymorphismus: vedo, veggo,
veggio…)
Tobler-Mussafia-Gesetz
Wortstellung (lo mi dici vs. me lo dici)
Aspekte der Konkordanz (cortesia e onestade è tutt‘uno)
Weglassungen (z.B. des Artikels: desideri mio nome)
Gebrauch der Tempora und Modi (disse che verrebbe)
Parahypotaxe
Aspekte der Subordinierung (von Sätzen)
Aspekte der Textualität
21
ALTFLORENTINISCH – 13./14. JH.



Zu den charakteristischen Zügen des archaischen
Florentinischen, die es von späteren Phasen
abgrenzen, gehört z.B. das Vorherrschen des
männlichen Artikels lo gegenüber il.
Die Endungen der ersten Person Plural -emo und
-imo waren trotz des ersten Auftretens von -iamo
noch sehr vital, während -amo frühzeitig durch
-emo ersetzt worden war.
Auch syntaktische Konstruktionen wie
mógliama, casasa etc., die in späteren
Jahrhunderten nur südlich der Toskana
überlebten, waren noch möglich.
22
ALTFLORENTINISCH 13./14. JH.
Die syntaktische Autonomie von il gegenüber lo
ist zwar seit 1277 belegt, aber noch bei Dante
überwiegt lo.
 Die Konjugationsendung -iamo ist zwar bereits in
den frühesten literarischen Texten anzutreffen,
konnte sich aber noch nicht völlig durchsetzen.
 So verwendet Dante neben -iamo auch häufig
noch die Endung -emo (avemo, conoscemo,
vivemo, vedemo etc.). Die Passato-remotoEndungen der dritten Person Plural lauteten
noch meistens -aro, -ero, -iro gegenüber später
normalem -arono, -erono und -irono.

23
ALTFLORENTINISCH 14. JH./15. JH.

Der männliche Artikel il hatte sich endgültig
gegenüber lo durchgesetzt, dessen Gebrauch
nunmehr auf bestimmte Konstellationen
beschränkt war (vor Vokal mit Apostrophierung,
vor s + Konsonant sowie nach per).
24
ALTFLORENTINISCH 14. JH./15. JH.
Die Endung -emo ist von -iamo weitgehend
verdrängt worden, aber noch nicht völlig außer
Gebrauch (z.B. avemo bei Boccaccio).
 Die Pronomina lei und lui wurden bereits im
Nominativ verwendet, stellten aber noch nicht
den Normalfall dar.
 Die Endung der ersten Person Singular Indikativ
Imperfekt lautete noch -a (io aveva, era, amava
etc.).
 Die Passato-remoto-Endungen -aro, -ero, -iro
wurden durch -arono, -erono und -irono ersetzt.

25
ALTFLORENTINISCH 15. JH.
Zu den markantesten Merkmalen gehören die
Ausdehnung von el auf Kosten von il (ohne dieses
jedoch völlig zu verdrängen),
 die Verwendung invariabler Possessivpronomina
(Sg. mie, tuo, sua; Pl. mia, tua, sua),
 die Ersetzung von -ano durch -ono (lavono), die
durch Analogie mit dem Präsens entstandene
erste Person Singular Imperfekt auf -o (io lavavo
statt io lavava),

26
ALTFLORENTINISCH 15. JH.
die Ersetzung der Passato-remoto-Endung -arono
durch -orono und -orno, die Ersetzung von -iamo
durch -iano in der ersten Person Plural (laviano
statt laviamo),
 die Ersetzung von -ero durch -eno im Passato
remoto, Konditional und Konjunktiv Imperfekt
(disseno, lavasseno, laverebbeno statt dissero,
lavassero, lavarebbero) etc.
 Diese innovativen Formen alternierten je nach
Autor mit den älteren.

27
ALTTOSKANISCH
28
Graphie
Phonetik/Phonologie
Morphosyntax
ALTTOSKANISCH - GRAPHIE



Alternanz zwischen <k> und <ch> zur
Wiedergabe von [k]: ke (= it. che); chuore (= it.
cuore), chose (= it. cose), chome (= it. come).
Sporadische Verwendung von <k> und <q> zur
Wiedergabe von [g]: Kerardi (= it. Gherardi);
quadannio (= it. guadagno) [Pistoia 1259].
Die Verbindungen <th> (insbes. in Pisa, Lucca,
Pistoia) und <tz> (z.B. in Florenz) dienen zur
Wiedergabe von [ts]: vethosa (= it. vezzosa); in
Pisa und Lucca repräsentiert <z> häufig
stimmhaftes -s- [z]: bizogno (= it. bisogno), uzare
(= it. usare).
29
ALTTOSKANISCH – PHONO-GRAPHEMATIK
Im Florentinischen haben sich lat. [ĕ] und [ŏ]
auch nach [r] zu [jɛ] und [wɔ] entwickelt: priego
(= it. prego), pruova (= it. prova), truova (= it.
trova) etc.;
 im Westtoskanischen (z.B. im Bestiario toscano
[ca. 1300]) gilt diese Regel nicht: prego, pregano,
trova, trovano;
 im Florentinischen fehlt der Diphthong in der
Regel vor Palatallauten: figliolo;
 im Westtoskanischen hingegen tritt hier
meistens die Diphthongierung ein: filliuoli
(Bestiario).

30
ALTTOSKANISCH – PHONO-GRAPHEMATIK



Der Wandel von vortonischem [ar] zu [er] ist im
Florentinischen belegt: loderò; in Siena hingegen
entwickelt sich nachtonisches [er] zu [ar]: lat.
VIVERE > vìvare (vs. it. vivere).
Seit ca. 1250 ist die Synkopierung von averò,
doverò, poterò etc. zu avrò, dovrò, potrò etc. zu
beobachten.
Der Diphthong <ia> wandelt sich zu <ie>: sia >
sie, siano > sieno etc.
31
ALTTOSKANISCH – PHONO-GRAPHEMATIK
Zahlreiche Wörter zeigen eine Sonorisierung der
intervokalischen Verschlusslaute: imperadore (=
it. imperatore), armadura (= it. armatura), savere
(= it. sapere) etc.
 Vor [s] + Konsonant wird prosthetisches [i]
gesetzt.
 Bei den Pluralformen der Wörter auf -co und -go
treten in der Graphie Schwankungen auf: cuoci
(= it. cuochi), cronice (= it. cronache).

32
ALTTOSKANISCH - MORPHOLOGIE

Der Plural auf -ora, der in Süditalien wesentlich
vitaler ist, findet auch im Toskanischen noch
Verwendung: arcora (= it. archi); campora (= it.
campi), pratora (= it. prati), luogora (= it. luoghi)
etc.; zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert wird
diese Pluralbildungsmöglichkeit außer Gebrauch
kommen.
33
ALTTOSKANISCH - MORPHOSYNTAX


Der männliche Artikel lo ist noch dominant, doch
auch die Variante il, die zuvor nur bei
vorangehendem Vokal möglich war
(Gröbersches Gesetz), verselbständigt sich
allmählich; im Plural alternieren li, i und gli; in
den Dialekten der Westtoskana wird im Singular
el und im Pl. e’ verwendet; sporadisch kommen
diese Formen auch in Florenz zum Einsatz.
Die dritte Person Plural Indikativ der eKonjugation -eno (< lat. -ENT) ist noch vital:
cadeno (= it. cadono), conosceno (= it. conoscono),
dormeno (= it. dormono), cresceno (= it. crescono)
etc.
34
ALTTOSKANISCH - MORPHOSYNTAX
Die enklitischen Possessivpronomina -mo, -ma, sa etc. sind noch vital: mógliama (= it. mia
moglie), càsasa (= it. la sua casa) [Florenz];
fratelma (= it. mio fratello), cognàtoma (= mio
cognato) [Siena].
 Die Grenzen zwischen Bei- (Parataxe) und
Unterordnung (Hypotaxe) sind noch nicht klar
ausgeprägt.

35
ALTTOSKANISCH - SYNTAX
Wenn dem Hauptsatz der Nebensatz vorangeht,
kann dieser durch e oder sì (= così eingeleitet
werden.
 Zur Bezeichnung dieses Phänomens hat sich der
Ausdruck Parahypotaxe eingebürgert:

E quando ei pensato alquanto di lei, ed
io ritornai a la mia debilitata vita
[Dante];
 S’io dissi falso, e tu falsasti il conio
[Dante]

36
PARAHYPOTAXE (TRECCANI ON-LINE)

paraipotassi s. f. [comp. di para(tassi) e
ipotassi]. – Procedimento sintattico, largamente
diffuso nell’italiano dei primi secoli, in cui
l’ipotassi (subordinazione) è modificata da un
elemento proprio della paratassi (coordinazione),
così che il periodo si costruisce premettendo una
prop. secondaria (temporale, condizionale,
comparativa, o anche causale), di forma esplicita
o di forma implicita, al gerundio o al part. pass., e
riprendendo la prop. principale con e (o anche sì,
nel senso di così), o altra parola pleonastica (per
es., con e: in Dante, Inf. XXX, 115: s’io dissi falso,
e tu falsasti il conio; o in Boccaccio, Decameron
VIII, 9: E finita la canzone, e ’l maestro disse ...).
37
ALTTOSKANISCH - SYNTAX

Die klitischen Pronomina können nicht am Satzoder Versanfang stehen, ebensowenig nach den
Konjunktionen e und ma (Tobler-MussafiaGesetz):


e dissegli (= it. e gli disse)
Im Florentinischen des 13. Jahrhunderts geht
das Akkusativobjekt noch häuig dem Dativobjekt
voran:

lo mi (= it. me lo)
38
AVERE - MORPHOLOGIE

(1) Die Form abbo (mit der Variante abo) stammt
aus dem Dialekt von Siena. Sie ist normal bei
Cecco Angiolieri (z.B. „tant abbo di Becchina
novellato“), während Dante sie zur
Aufrechterhaltung des Reims einsetzt: gabbo abbo - babbo. Im Sienesischen diente abbo in der
ersten Person Singular auch zur Bildung des
Futurs: dirabbo (it. dirò), farabbo (it. farò),
metterabbo (it. metterò) etc. (vgl. Rohlfs II, § 587).
Die Variante aggio (< lat. HABEO) ist auch in
süditalienischen Mundarten anzutreffen.
39
AVERE - MORPHOLOGIE



(3) Die Konditionalform avrebbeno geht aus einer
Kontamination von avrebbero mit und der
Präsensendung -eno der Verben der eKonjugation hervor, die in einigen toskanischen
Dialekten existierte, z.B. in Lucca (vgl. Rohlfs II,
§ 532). Sie konkurrierte mit avriano.
(4) Die Imperfektform avavate ist offensichtlich
unter dem Einfluss der a-Konjugation
entstanden (amavate, cantavate etc.).
(5) Die Passato-remoto-Form ebbeno stellt
wiederum eine Kreuzung aus ebbero (< lat.
HABUERUNT) und der regional verbreiteten
Präsensendung -eno der e-Konjugation dar.
40
AVERE - MORPHOLOGIE

(2) Die erste Person Plural HABEMUS hat sich
zunächst regulär zu avemo weiterentwickelt und
wurde dann durch die Konjunktivform abbiamo
(< HABEAMUS) verdrängt (vgl. Rohlfs II, § 541 und
Manni 1994, 327-331).
41
AVERE - MORPHOLOGIE

abbo = ho (Dante, Div. Comm., Inf. XXXII, 5)







io premerei di mio concetto il suco
piú pienamente; ma perch’io non l’abbo,
non sanza tema a dicer mi conduco;
ché non è impresa da pigliare a gabbo
discriver fondo a tutto l’universo,
né da lingua che chiami mamma o babbo
42
AVERE - MORPHOLOGIE

aggio = ho (Petrarca, Canz. XCVI)

Io son de l’aspettar omai sì vinto

e de la lunga guerra de‘ sospiri,

ch‘ i‘ aggio in odio la speme e i desiri

ed ogni laccio ond’è ‘l mio core avinto.

43
AVERE - MORPHOLOGIE

avemo = abbiamo (Dante, Div. Comm., Purg. IV,
86; Par. III, 72)




Ma se a te piace, volontier saprei
quanto avemo ad andar; ché ‘l poggio sale
più che salir non posson li occhi miei.




Frate, la nostra volontà quieta
virtù di carità, che fa volerne
sol quel ch’avemo, e d’altro non ci asseta.
44
AVERE - MORPHOLOGIE

avrebbeno = avrebbero (Boccaccio, Dec., Giorn.
VII, Nov. 7, 46)


... per la qual cosa, come che poi piú volte con
Anichino e egli e la donna ridesser di questo
fatto, Anichino e la ebbero assai agio di quello per
avventura avuto non avrebbeno a far di quello
che loro era diletto e piacere ...
45
AVERE - MORPHOLOGIE

avrian(o) = avrebbero (Petrarca, Canz.
CCCXLVIII)

... da le man, da le braccia che conquiso
 senza moversi avrian quai più rebelli
 fur d’Amor mai, da‘ più bei piedi snelli,
 da la persona fatta in paradiso ...

46
AVERE - MORPHOLOGIE

èbben(o) = ebbero (Petrarca, Canz. CXX)





Quelle pietose rime in ch’io m’accorsi
di vostro ingegno e del cortese affetto,
èbben tanto vigor nel mio conspetto
che ratto a questa penna la man porsi,...
47
ESSERE - MORPHOLOGIE
(1) Die alttoskanische Variante enno ‘sie sind‘
stellt eine Analogiebildung nach dem Vorbild der
dritten Person Plural von dare, fare, sapere
(danno, fanno, sanno) etc. dar und ist von der
dritten Person Singular è abgeleitet.
 Diese Form hat sich bis in die jüngste Zeit in
toskanischen Dialekten erhalten: ènno iti (= it.
sono andati), ènno tornati (= it. sono tornati) (vgl.
Rohlfs II, § 540).

48
ESSERE - MORPHOLOGIE
(2) Aus dem Infinitiv essere hat sich das
regelmäßige Partizip essuto mit der
aphäretischen Variante suto nach dem Vorbild
der it. e-Konjugation entwickelt (Rohlfs II, § 622).
 (3) Die Paragoge èe statt è wurde in der Regel
durch das Reimschema erzwungen.

49
ESSERE - MORPHOLOGIE


(4) Das Futur von essere besaß einige zusätzliche
Formen, die aus dem Sprachgebrauch
verschwunden sind: fia, fie (it. sarà), fiano, fieno
(it. saranno).
Es handelt sich um Reliktformen des Indikativ
und Konjunktiv von lat. FIERI ‘werden’, ‘gemacht
werden’, ‘geschehen’ (vgl. Kap. 4.6.5.n, Tab. 87),
der Passivform von FACERE ‘machen’ (vgl. auch
Rohlfs II, § 592).
50
ESSERE - MORPHOLOGIE
(5) Im Konditional verwendete das
Altflorentinische in der ersten und dritten Person
Singular die Formen fora und saria (it. sarei; it.
sarebbe).
 Die Variante fora (vgl. Rohlfs II, § 602) geht auf
das lat. Plusquamperfekt zurück.
 Das Konditional auf -ia (saria, averia, voria etc.)
ist seit dem Beginn der toskanischen Literatur
belegt, aber seltener gegenüber den Formen auf ei, -esti, -ebbe etc. (vgl. Rohlfs II, § 594).

51
ESSERE - MORPHOLOGIE

enno = sono (Dante, Div. Comm., Inf. V, 38)
Intesi ch’a così fatto tormento
 enno dannati i peccator carnali,
 che la ragion sommettono al talento

52
ESSERE - MORPHOLOGIE


suto, -a = stato, -a (Boccaccio, Dec., Giorn. II, Nov.
6, 55)
Quello che tu offeri di voler fare sempre il
disiderai, e se io avessi creduto che conceduto mi
dovesse esser suto ...
53
ESSERE - MORPHOLOGIE


suto, -a = stato, -a (Boccaccio, Dec., Giorn. II, Nov.
6, 55)
Quello che tu offeri di voler fare sempre il
disiderai, e se io avessi creduto che conceduto mi
dovesse esser suto ...
54
ESSERE - MORPHOLOGIE










èe = è (Dante, Div. Comm., Inf. XXIV, 90;
Purg. XXXII, 10)
né tante pestilenzie né sí ree
mostrò già mai con tutta l’Etiopia
né con ciò che di sopra al Mar Rosso èe.
quando per forza mi fu volto il viso
ver la sinistra mia da quelle dee,
perch’io udi‘ da loro un „Troppo fiso!“;
e la disposizion ch’a veder èe
ne li occhi pur testé dal sol percossi,
sanza la vista alquanto esser mi fée.
55
ESSERE - MORPHOLOGIE

fia = sarà (Dante, Div. Comm., Inf. I, 122; V, 135)

A le qua ‘ poi se tu vorrai salire,
 anima fia a ciò piú di me degna:
 con lei ti lascerò nel mio partire;
 Quando leggemmo il disiato riso
 esser baciato da cotanto amante,
 questi, che mai da me non fia diviso,
 la bocca mi baciò tutto tremante.

56
ESSERE - MORPHOLOGIE










fieno = saranno (Dante, Div. Comm., Purg. XIII,
133)
„Li occhi“ diss’io „mi fieno ancor qui tolti,
ma picciol tempo, ché poca è l’offesa
fatta per esser con invidia volti. [...]“
Troppo sarebbe larga la bigoncia
che ricevesse il sangue ferrarese,
e stanco chi ‘l pesasse a oncia a oncia,
che donerà questo prete cortese
per mostrarsi di parte; e cotai doni
conformi fieno al viver del paese.
57
ESSERE - MORPHOLOGIE

fora = sarebbe (Petrarca, Canz. CCCLXVI)
... e per saperlo pur quel che n’avenne
 fora avenuto, ch’ogni altra sua voglia
 era a me morte, ed a lei fama rea.

58
ESSERE - MORPHOLOGIE

saria = sarebbe (Boccaccio, Dec., Giorn. X, Nov.7,
21)


Forse che non gli saria spiacenza se el sapesse
quanta pena i‘ sento, s’a me dato ardimento
avesse in fargli mio stato sapere.
59
POTERE - MORPHOLOGIE


(1) Die dritte Person Singular Präsens puote
leitet sich von lat. POTEST ‘er kann’ her.
Sie alternierte in mittelalterlichen Texten mit
der heute üblichen apokopierten Form può.
60
POTERE - MORPHOLOGIE
(2) Die Form ponno der dritten Person Plural
Präsens stellt eine Analogiebildung zum Singular
sowie zu Flexionsformen anderer Verben dar, wie
z.B. danno, fanno oder stanno.
 Sie alternierte im Mittelalter mit der
diphthongierten Variante puonno.
 Sie stellt eine Ableitung von der apokopierten
Singularform può + -nno dar.
 Durch Monophthongierung von puonno ist die
Form ponno entstanden (vgl. hierzu auch Rohlfs
II, § 547).

61
POTERE - MORPHOLOGIE
(3) Die Konditionalform poria in der ersten
Person Singular stellt eine Variante von potria
dar.
 (4) Formal identisch mit der ersten Person ist die
dritte Person.
 (5) Die Imperfektform potieno stellt eine Variante
von potevano dar. Im vorliegenden Fall haben wir
die Nachstellung des unbetonten Pronomens mi
aufgrund des Tobler-Mussafia-Gesetzes.

62
POTERE - MORPHOLOGIE

puote = può (Petrarca, Canz. LXV)
Non prego già, né puote aver più loco
 che mesuratamente il mio cor arda;
 ma che sua parte abbi costei del foco.

63
POTERE - MORPHOLOGIE

ponno = possono (Petrarca, Canz. CCCLX)
Poi che suo fui, non ebbi ora tranquilla,
 né spero aver, e le mie notti il sonno
 sbandirò, e più non ponno...

64
POTERE - MORPHOLOGIE

poria = potrei (Petrarca, Canz. LXXIII)
I‘ non poria già mai
 imaginar, non che narrar, gli effetti
 che nel mio cor gli occhi soavi fanno;
 tutti gli altri diletti...

65
POTERE - MORPHOLOGIE

poria = potrebbe (Petrarca, Canz. CXCIII)
ché quella voce infin al ciel gradita
 suona in parole sì leggiadre e care,
 che pensar no ‘l poria chi non l’à udita.

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Einführung in das Altitalienische VII (Alttoskanisch) - UK